• 11.04.2012 15:54

  • von Stefan Ziegler

Trackwalk: Circuit Moulay el Hassan

Die höchste Geschwindigkeit, der passende Gang, die heftigste Bremszone, die langsamste Kurve: Der Circuit Moulay el Hassan in Marokko unter der Lupe

(Motorsport-Total.com) - Wo wartet denn der härteste Bremspunkt auf die Fahrer und wo erreichen die Piloten die höchsten Geschwindigkeiten? Diese und weitere Fragen beantwortet 'Motorsport-Total.com' ab sofort in einer neuen Artikelserie - im "Trackwalk". Das sind Daten und Fakten zu den einzelnen Rennstrecken in Kombination mit den Aussagen der unmittelbar Beteiligten. Heute: der Circuit Moulay el Hassan.

Titel-Bild zur News: Circuit Moulay el Hassan

Der Circuit Moulay el Hassan: In Kurve 15 nutzen die Fahrer sogar den ersten Gang

Der Stadtkurs im Herzen der marokkanischen Millionenstadt Marrakesch fungiert 2012 bereits zum dritten Mal nach 2009 und 2010 als Austragungsort für die WTCC - und stellt die Piloten einmal mehr vor eine große Herausforderung: "So seltsam sich das vielleicht anhört, aber man kann Marrakesch mit Monza vergleichen, obwohl die Strecken nicht unterschiedlicher sein könnten", sagt Ron Hartvelt.

Was der Projektmanager des Chevrolet-Teams damit meint: In Marrakesch erzielen die Fahrer auf der Bahn ähnlich hohe Geschwindigkeiten wie auf den langen Geraden von Monza, doch statt Kiesbetten und Auslaufzonen warten nur blanke Mauern. Willkommen auf dem Circuit International Automobile Moulay el Hassan, einem der jüngsten und zugleich einem der schnellsten Stadtkurse überhaupt.

Fünf Geradeauspassagen werden auf dem 4,5 Kilometer langen Asphaltband lediglich durch vier knackige Schikanen, eine Erste-Gang-Haarnadelkurve und eine schnelle Linkskurve voneinander getrennt - bei Geschwindigkeiten von bis zu 230 km/h und Verzögerungen von rund 140 km/h. Schon ein kleiner Fehler auf der Bremse reicht aus, um vorzeitig Feierabend zu haben. Die Mauern verzeihen nichts.

Wenig Grip, viel Verschleiß: Das ist Marrakesch

Chevrolet-Fahrer Yvan Muller bestätigt diesen Eindruck, in dem er sagt: "Marrakesch ist kein einfacher Kurs. Am entscheidendsten sind hier die Bremsen, denn pro Runde gibt es vier heftige Bremszonen. Das heißt, es lässt sich kaum vermeiden, dass die Bremsen nach drei oder vier Runden überhitzen. Dieses Phänomen wird durch die Wände und die Enge der Strecke noch verstärkt."

"Es lässt sich kaum vermeiden, dass die Bremsen nach drei oder vier Runden überhitzen." Yvan Muller

Zwischen den Mauern des nach dem marokkanischen Thronfolger benannten Kurses findet nämlich "quasi keine Luftzirkulation" statt, wie Muller erläutert. Immerhin: Aufgrund des Renntermins im April dürften Temperaturen jenseits von 30 Grad Celsius ausbleiben. Marrakesch wird trotzdem eine harte Nummer für die Piloten: "Die Strecke wird nur einmal im Jahr befahren und bietet daher wenig Grip."


Fotos: WTCC in Marrakesch


Laut Muller ist die Fahrbahn zumindest in den ersten Sessions auch recht staubig. Das kann mitunter gefährlich werden, wenn die Piloten schon im Freien Training ans Limit gehen und dabei versuchen, die knackigen Schikanen möglichst gut zu nehmen. Und wer am Kurvenausgang rutscht, hat ohnehin schon verloren. "Ein guter Kurvenausgang ist das A und O", meint Mullers Teamkollege Alain Menu.

Auf die schnelle Runde im Qualifying kommt es an

"Du musst schließlich auf den folgenden Geraden auf eine gute Geschwindigkeit kommen", erklärt der Schweizer. Allzu intensiv darf die Brechstange in Marrakesch aber nicht angewendet werden: "Die Aufhängung leidet sehr, weil man in den Schikanen über die Randsteine räubern muss", sagt Muller. Dies gilt speziell für das abschließende Zeittraining, bei dem die Piloten auf jedes Zehntel aus sind.

"Es wirkt nicht wie ein 'klassischer' Stadtkurs." Alain Menu

Dies liegt natürlich an der Natur der Rennstrecke, erläutert Menu. "Wie bei allen Stadtkursen kommt es darauf an, ein gutes Qualifying zu haben. Es gibt allerdings ein paar Überholmöglichkeiten", sagt der Chevrolet-Pilot. Na klar: Theoretisch bietet jede Bremszone vor einer Schikane eine Chance, sich neben den Gegner zu setzen und vor ihm einzulenken. In Marrakesch ist das keine einfache Übung.


Marrakesch: Wie ein WTCC-Stadtkurs entsteht

Überhaupt lasse das einfach wirkende Layout mit vielen Geraden und wenigen Kurven einige falsche Schlüsse zu, meint Menu. "Marrakesch sieht auf dem Papier nicht allzu interessant aus, doch vor Ort erkennst du rasch, wie technisch und wie fordernd dieser Kurs eigentlich ist. Es handelt sich um eine schnelle Rennstrecke, die von Mauern umgeben ist. Es wirkt nicht wie ein 'klassischer' Stadtkurs."

Circuit Moulay el Hassan

Voller Name: Circuit International Automobile Moulay el Hassan
Einweihungsjahr: 2009
WTCC-Debüt: 2009

Streckenlänge: 4,545 Kilometer
Fahrtrichtung: gegen den Uhrzeigersinn

Kurvenanzahl: 15
Linkskurven: 8
Rechtskurven: 7

Höchste Geschwindigkeit: 230 km/h vor Kurve 4
Höchste Kurvengeschwindigkeit: 145 km/h in Kurve 6
Geringste Geschwindigkeit: 49 km/h in Kurve 15

Größte Verzögerung: 1,4 g vor den Kurven 4 und 15
Größte Querbeschleunigung: 1,5 g zwischen den Kurven 7 und 8