Priaulx: "Unbekanntes ist spannender als Bekanntes"
'Motorsport-Total.com'-Kolumnist Andy Priaulx über die bevorstehende WTCC-Saison, sein Auto, die Konkurrenz und viele weitere Themen
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Andy Priaulx: "Mit jedem Titel wird es schwieriger"
ich kann den Start der FIA WTCC Saison kaum erwarten. Wenn ich wieder am Steuer meines BMW 320si sitze, dann werde ich richtig glücklich sein. Der Auftakt jeder Saison ist aufregend und hält neue Herausforderungen bereit. In vielerlei Hinsicht ist das Unbekannte spannender als das Bekannte.
Ich weiß, dass ich dank Bart Mampaey und der RBM-Mannschaft, die das BMW Team UK Auto für mich betreut, ein großartiges Auto haben werde. Wir besuchen einige tolle Strecken, bevor ich im November auf einem meiner absoluten Lieblingskurse, dem Guia Circuit von Macau, zum großen Finale antrete. Ich bin überzeugt, dass die Unterstützung von meiner Familie, meinen Freunden und meinen Fans so stark sein wird wie in den vergangenen Saisons.#w1#
Nicht genau weiß ich allerdings, wie stark die Konkurrenz ist. Wir haben mit 3.500 Testkilometern im 2007er Auto über den Winter hart gearbeitet. Aber man ist nie sicher, was die Gegner gemacht haben. Wie gut sind ihre Tests verlaufen und wie stark werden sie in Curitiba sein? Außerdem haben wir neue Rennen in Zandvoort, Pau, Anderstorp und Porto im Kalender. Werden diese Strecken, von denen zwei zu meinen liebsten Straßenkursen gehören, für die BMW Vorteile haben oder passen sie besser zu SEAT und Alfa Romeo? Es existieren noch viele Fragezeichen - und ich freue mich darauf, bald die Antworten zu wissen.
Auf Fahrerseite ist in diesem Jahr zum ersten Mal Augusto Farfus für BMW unterwegs. Ich weiß ihn lieber im gleichen Auto wie mich als bei der Konkurrenz - denn ich habe erlebt, zu was er im Stande ist. Zudem ist es positiv, dass ein solch starker Pilot uns keine Punkte im Kampf um den Herstellertitel wegnehmen wird. Die Marken-WM zu verteidigen, hat für uns Fahrer höchste Priorität. In der Vergangenheit waren Dirk Müller und Jörg Müller fantastische Gegner im BMW Team Germany. Ich bin überzeugt, dass Augusto sich ebenfalls schnell zurechtfinden wird. Es tut mir leid, dass Dirk nicht mehr dabei ist, wünsche ihm aber für sein Rennsport-Jahr 2007 viel Erfolg.
Eine gravierende Änderung in dieser Saison ist die Reduzierung des maximalen Zusatzgewichts von 80 auf 60 Kilogramm. Das macht die Sache nicht einfacher. Die Konkurrenz dürfte uns näher kommen. In diesem Jahr erhält man schneller Zusatzgewicht, dafür behält man es auch länger. Dennoch glaube ich, dass es mit einem Auto, das 60 Kilo Ballast an Bord hat, einfacher wird zu gewinnen. Dafür muss alles perfekt passen: das Auto, der Fahrer, das gesamte Paket.
Mit 80 Kilogramm war es immer sehr schwierig - und ich muss es wissen, schließlich hatte ich 2006 oft so viel Zusatzgewicht an Bord. Aber so lange für uns alle dasselbe gilt, muss man sich anpassen, egal ob an 60 oder 80 Kilogramm. Zudem haben wir an jedem Wochenende im ersten Rennen einen fliegenden Start. Das begrüße ich sehr, da ich nicht glaube, dass ich von einem meiner Starts im vergangenen Jahr profitiert habe.
Wenn ich in Brasilien zum ersten Mal wieder ins Auto steige, wird mein letztes WTCC-Rennen drei Monate her sein. Ich fühle mich aber so, als wäre die Saison nie zu Ende gegangen, da ich über den Winter permanent beschäftigt gewesen bin. Ich beklage mich nicht: Als Meister hat man eine Verantwortung, die Meisterschaft und sein Team zu promoten. Glücklicherweise war das meine dritte Winterpause als Meister, meine dritte mit wenig Zeit für mich selbst. Das ist völlig okay, da ich es nicht anders haben möchte. Ich habe die verständnisvollste Familie, und obwohl wir nur eine Woche zwischen Weihnachten und Neujahr in Urlaub waren, ist ihre Unterstützung immer noch so stark und eine meiner wichtigsten Triebfedern.
Es ist cool, dass die Saison in Curitiba startet. Dieses Jahr finden die Rennen in Brasilien viel früher statt, in der vergangenen Saison sind wir zur Saisonmitte dort angetreten. Wir werden zweifelsohne andere Wetterbedingungen vorfinden. Ich freue mich sehr darauf, da ich noch gute Erinnerungen aus dem vergangenen Jahr habe. Ich hatte viel Ballast dabei, deshalb war der siebte Platz das Beste, was ich im Qualifying herausholen konnte. Vor mir waren fünf SEAT und auf der Pole-Position stand Augusto, damals noch im Alfa Romeo. Aber wir haben das Spiel perfekt gespielt: Halt Dich im ersten Rennen aus allem heraus und sichere Dir Platz acht und damit die Pole für Lauf zwei. Und die Taktik ging auf: Ich erreichte im zweiten Rennen das Traumresultat und gewann.
Hätte ich eine Strategie für 2007, dann wäre es wohl, alles genau so wie im vergangenen Jahr zu machen. Siege sind toll, aber Plätze, die regelmäßig Punkte einbringen, sind ebenso wichtig. Dank der umgekehrten Startreihenfolge kann sich ein unbedeutendes erstes Rennen schnell in einen fantastischen zweiten Lauf mit einem Start von der Pole-Position verwandeln.
Ich habe ein starkes Team um mich herum. Es macht Spaß, nicht locker zu lassen und viel Zeit mit meinem Ingenieur zu verbringen. Die Motivation, die von RBM ausgeht, ist einmalig. Wenn wir mit Problemen genau so wie in den vergangenen Jahren umgehen, könnte ein vierter Titel möglich sein. Allerdings weiß ich, dass es mit jedem Titel schwieriger wird. Mein Teamchef Bart blickt der Saison sehr zuversichtlich entgegen. Er ist der Auffassung, dass der Druck von der Konkurrenz und durch uns selbst sehr gesund ist. Hoffen wir, dass er Recht behält.
Drücken Sie mir in Curitiba die Daumen.


