• 30.09.2008 18:58

  • von Stefan Ziegler

Monteiro im Interview: "Es gab Hochs und Tiefs"

SEAT-Pilot Tiago Monteiro im exklusiven Interview über die Rennen in Imola, seine persönliche Zwischenbilanz und Formel-1-Hoffnungen

(Motorsport-Total.com) - Tiago Monteiro hat in dieser Saison schon zwei Rennen der Tourenwagen-Weltmeisterschaft für sich entscheiden können, doch im Großen und Ganzen verlief das WTCC-Jahr für den Portugiesen nicht nur nach Wunsch. Bei SEAT steht der ehemalige Formel-1-Pilot klar im Schatten der Frontrunner um Yvan Muller, Gabriele Tarquini und Rickard Rydell. In Imola sprach 'Motorsport-Total.com' mit Monteiro über seine Saison und seine weiteren Ziele, die den Tourenwagen-Fahrer wieder in die Formel 1 führen könnten...

Titel-Bild zur News: Tiago Monteiro

Nachdenklich geworden: Tiago Monteiro agierte 2008 nicht immer glücklich

Frage: "Tiago, deine Teamkollegen haben heute einen tollen Doppelsieg gefeiert. Wie war denn dein Rennen?"
Tiago Monteiro: "Bis zwei Runden vor Schluss war das eigentlich okay. Ich lag auf Rang neun und war ziemlich dicht hinter Jörg Müller. Es wäre sicherlich schwierig geworden, ihn noch zu überholen. P8 war natürlich das Ziel, doch das war für mich einfach nicht drin. Platz neun war möglich - zu diesem Zeitpunkt hatte ich diesen Rang auch inne - was mir die Möglichkeit verschafft hätte, wenigstens im zweiten Rennen in die Punkte zu fahren. Das Qualifying ist leider nicht besonders gut gelaufen, außerdem musste ich meinen Teamkollegen noch Windschatten spenden. Damit habe ich überhaupt kein Problem, denn schließlich kämpfen sie ja um die Weltmeisterschaft - daher helfe ich ihnen natürlich."#w1#

Im Vergleich zu den Teamkollegen langsamer unterwegs

"Kurz vor Schluss hat Zanardi (Alessandro Zanardi; Anm. d. Red.) schließlich die Kontrolle über sein Auto verloren und hat mich abgeräumt. Sein Heck war ausgebrochen und wir sind beide von der Strecke abgekommen. Auf P13 kam ich schließlich wieder zurück. Das war sehr frustrierend, denn von P9 aus darfst du auf Punkte hoffen. Von P13 ist allerdings nicht mehr viel zu machen - das ist eine vollkommen andere Geschichte."

Frage: "Im Vergleich zu deinen Teamkollegen Yvan Muller und Gabriele Tarquini bist du etwas leichter unterwegs. Warum liegst du trotzdem weiter hinten?"
Monteiro: "Ich habe natürlich sehr darauf gehofft, hier besser abzuschneiden - ganz klar! Aber aus verschiedenen Gründen komme ich hier nicht so sehr in Fahrt. Der Grip ist nicht toll, das Zusatzgewicht spürt man auch nicht so besonders. Das Auto hüpft sehr auf der Hinterachse und ich habe nur wenig Stabilität. Das Gewicht macht also nicht unbedingt den Unterschied aus. Wenn man sich die Computerdaten ansieht, dann kann man erkennen, dass unser Speed ähnlich ist."

"Natürlich sind sie manchmal schneller unterwegs als ich. Diese 20 Kilogramm, die sie mehr an Bord haben, bewirken quasi nichts. Zumindest trifft das auf diesen Kurs zu, auf anderen Rennstrecken mag das anders aussehen. Es gibt hier keine langgezogenen Kurven, wo man den Unterschied spüren könnte. Ich habe also ganz sicher erwartet, hier besser abschneiden zu können. Ich hätte in der Qualifikation sicherlich in die Top 5 oder Top 6 fahren können."

Monteiro schätzt die Schikanen in Imola

Frage: "Wie würdest du diesen Kurs einordnen? Hälst du Imola für einen klassischen Kurs?"
Monteiro: "Naja, eine Traditionsstrecke ist es in meinen Augen eher nicht. Vor allem durch die Schikanen unterscheidet sich Imola von anderen Kursen. Die Strecke ist klasse, es geht bergauf und bergab und wir haben reichlich Bremspunkte. Die Schikanen machen hier aber den Unterschied aus, denn die Schikanen sind sehr groß und da wird der Wagen schnell einmal instabil. Und genau da liegt der Hund für uns begraben, weil unser Auto auf den Kerbs derzeit unglaublich instabil ist. Schikanen mag ich eigentlich schon, doch in Imola scheint das leider nicht besonders gut zu funktionieren."

Frage: "Du bist in Imola auch schon mit der Formel 1 unterwegs gewesen. Wie würdest du die Unterschiede zwischen Formel 1 und WTCC beschreiben, was den Fahrstil anbelangt?"
Monteiro: "Das sind eigentlich zwei Paar Stiefel. Im Formel-1-Wagen war ich hier viel besser unterwegs als im Tourenwagen. Der Bolide hat die Kerbs einfach besser geschluckt und man konnte deutlich besser attackieren. Der Tourenwagen ist auf den Kerbs viel unruhiger. Die Lenkung passt und auch die Bremsen sind voll okay - nur die Stabilität fehlt einfach."

"Wenn man einmal den Geschwindigkeitsaspekt außen vor lässt, dann kannst du im Vergleich in der Formel 1 einfach härt rangehen. Du konntest die Kerbs voll mitnehmen. Das war aber nicht immer so, denn im vergangenen Jahr konnte man mit diesem Wagen Kerbs richtig gut nehmen. Mit unserem aktuellen Setup verhält sich das anders, ist aber trotzdem noch effizient."

Frage: "Wenn du die Wahl hättest: Würdest du in Imola lieber in einem Formel-1-Wagen fahren oder in einem WTCC-Auto?"
Monteiro: "Ganz klar: Formel 1. Da kannst du einfach richtig pushen. Bei meinem aktuellen Wagen musst du sehr vorsichtig zu Werke gehen, denn auf den Kerbs ist das Auto einfach instabil. Das macht nicht ganz so viel Spaß."

Durchwachsene Saisonbilanz

Frage: "Wie würdest du deine Saison bislang einschätzen?"
Monteiro: "Es gab Hochs und Tiefs, wobei ich mit meiner Performance eigentlich sehr zufrieden bin - vor allem natürlich mit meinen Siegen. Ich bin in der Qualifikation meistens in den Top 6 vertreten, das stimmt mich schon zufrieden. Viele dieser Jungs haben schon so viel Erfahrung mit diesem Wagen und sind offensichtlich auch sehr schnell damit. Die Balance stimmt jedenfalls, doch mit meiner Position in der Meisterschaft kann ich leider gar nicht zufrieden sein."

"Ich habe viele Rennen einfach nicht beenden können. Ich hatte Zwischenfälle oder Crashs, wobei ich nicht in erster Linie daran schuld war. In dieser Meisterschaft hat man einfach viel Lackaustausch. Leider habe ich oftmals den Preis dafür bezahlt. Dadurch konnte ich in einigen Rennen einfach keine Punkte machen. Für die Meisterschaft ist so etwas natürlich Gift."

Frage: "Wie kannst du deine Situation verbessern?"
Monteiro: "Das wird schwierig. Ich spiele jetzt quasi eine Helferrolle. Mein Ziel ist es, dem Team zum Gewinn der Meisterschaft zu verhelfen - bei den Fahrern und bei den Herstellern. Ich werde meine Teamkollegen also in erster Linie unterstützen und denke mehr über den Rennstall nach als über meine eigenen Chancen. Es wird also nicht unbedingt leicht für mich, in der Meisterschaftstabelle weiter nach oben zu kommen. Aber das ist auch überhaupt nicht nötig. Entweder du liegst vorne oder es ist im Prinzip egal - P5, P12 oder P20 spielt dann keine Rolle mehr."

Interesse an der Formel 1 besteht noch immer

Frage: "Was erwartest du dir vom Rennwochenende in Monza?"
Monteiro: "Das kann ich nur schwer einschätzen und ich bin mir da auch nicht so sicher. Die Strecke sollte eigentlich recht gut für uns sein. Wir werden sehen - jedenfalls können wir dort wieder einen guten Job machen. Dort sind die Kerbs aber sogar noch höher, sodass dort also ein Fragezeichen dahinter steht."

Frage: "Verfolgst du die Formel 1 noch im Fernsehen?"
Monteiro: "Ja klar. Ich schaue mir die Rennen an und kommentiere sie auch für das Fernsehen. Ich bin also noch immer ziemlich nahe am Geschehen dran. Ich stehe noch immer mit einigen Leuten in Kontakt."

Frage: "Hast du vor, irgendwann in der Zukunft wieder in die Formel 1 zurückzukehren?"
Monteiro: "Naja, es gibt auf alle Fälle Gespräche. Das wird keine leichte Aufgabe, denn momentan ist das alles ziemlich weit weg. Es gibt aber durchaus Möglichkeiten für mich. Als ich in die Formel 1 gekommen bin, waren die Chancen auch nur sehr gering. Dennoch ist es passiert. Man weiß einfach nie."

"An einem Tag sind die Möglichkeiten begrenzt, am nächsten Morgen kann alles schon wieder ganz anders aussehen. Ich habe ein paar Leute, die sich darum kümmern, bin aber auf alle Fälle bei SEAT bis einschließlich 2009 vertraglich gebunden. Die Kontakte bestehen aber dennoch. Die Leute haben mich noch nicht vergessen."

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