• 01.04.2012 17:49

  • von Stefan Ziegler

Menu gewinnt den Öl-Thriller

Eine rutschige Fahrbahn, viel Action und ein weiterer Chevrolet-Sieg: Alain Menu gewann Lauf zwei in Valencia vor Tom Coronel und Stefano D'Aste

(Motorsport-Total.com) - Wehe, wenn sie losgelassen, denn dann ist reichlich Action vorprogrammiert. So auch beim zweiten WTCC-Rennen in Valencia, das mit vielen aufregenden Duellen und irren Zwischenfällen begeisterte. Zum Schluss hatte aber erneut ein Chevrolet-Fahrer die Nase vorne: Alain Menu sicherte sich seinen ersten Saisonsieg und setzte der Siegesserie des Titelverteidigers Yvan Muller erst einmal ein Ende.

Titel-Bild zur News: Alain Menu

Alain Menu fuhr zum ersten Mal seit Japan 2011 wieder zum Sieg in der WTCC

Für Menu war es allerdings mehr als ein hartes Stück Arbeit. Nach dem Start lag er nämlich nur an dritter Stelle und musste sich an die Spitze durchkämpfen. Und selbst als er vorne lag, war der Sieg noch nicht in trockenen Tüchern. Tom Coronel (ROAL) und Stefano D'Aste (Wiechers) boten Menu nämlich einen richtig heißen Tanz, den Menu trotz einer leichten Kollision für sich entscheiden konnte.

Als Sieger fühlen dürfen sich aber auch Coronel und D'Aste. Coronel, weil er in beiden Valencia-Läufen auf dem Treppchen stand, D'Aste, weil er Wiechers das erste Saisonpodest und erneut den Klassensieg bei den Privatfahrern vor Norbert Michelisz (Zengö) und Franz Engstler (Engstler) bescherte. Und Muller? Der aktuelle Weltmeister wurde nach einem turbulenten Rennen "nur" Achter.

D'Aste und Engstler gewinnen den Start

Doch der Reihe nach: Beim stehenden Start setzte sich D'Aste im BMW 320 TC erwartungsgemäß gegen seine Verfolger durch und ging sofort deutlich in Führung, während Engstler als Zweiter aus der ersten Runde zurückkehrte. Menu, Coronel und Michelisz folgten sicher auf den Plätzen, doch im breiten Mittelfeld ging es richtig zur Sache - und Tom Boardman (Special Tuning) fiel fast umgehend aus.

Auch Rob Huff (Chevrolet) und sein Markenkollege Muller machten ordentlich Dampf, waren sie aufgrund der umgedrehten Startaufstellung doch mit einem Handicap ins Rennen gegangen. Das Duo preschte nach vorne, als auch Menu den Vorwärtsgang fand. Der Schweizer schnappte sich Engstler noch in der Startrunde und begab sich dann an die Verfolgung von D'Aste, der souverän führte.

Runde um Runde knabberte Chevrolet-Fahrer Menu am Vorsprung von BMW-Pilot D'Aste, der geschickt die Flucht nach vorne angetreten hatte. In Umlauf sechs war Menu schließlich dran - und hebelte D'Aste prompt von der Linie. Menu fuhr daraufhin kurzzeitig an D'Aste vorbei, ließ seinen Gegner dann aber doch wieder ziehen. Wohl aus Angst vor einer Bestrafung durch die Rennleitung.


Die WTCC-Rennen in Valencia

Menu schnappt sich D'Aste

Diese Szene schob das Unvermeidliche aber nur auf, denn beim zweiten Anlauf in Runde sieben rutschte D'Aste in der ersten Kurve etwas zu weit auf den Randstein hinaus, was Menu sofort zu einem Überholversuch nutzte. Dieses Mal ging alles glatt und die Führung wechselte und die Entscheidung schien gefallen zu sein. Kaum zwei Runden später ging es aber drunter und drüber.

Ein havariertes Auto hatte wohl etwas Öl auf der Ideallinie deponiert, was die Spitzengruppe erst merkte, als ihre Fahrzeuge von der Strecke und in das Kiesbett hineinsegelten. Menu fing sich am besten und blieb vorne, doch dahinter stellte sich die Reihenfolge auf den Kopf: Coronel tauchte vor D'Aste, Michelisz und Engstler wieder aus dem Staub auf und zögerte nicht eine Sekunde lang.

Der "fliegende Holländer" machte seinem Spitznamen alle Ehre, indem er über Menu herfiel, der sich trotz Lichthupe geschickt zur Wehr setzte und die Führung verteidigte. In der letzten Runde kam es dann aber auf der Gegengeraden zu einer kleinen Kollision, die Menu kurz durch die Wiese schickte, doch erneut rettete der Schweizer seinen Chevrolet Cruze 1,6T gekonnt zurück auf den Rennkurs.


Fotos: WTCC in Valencia


Die Favoriten straucheln in Lauf zwei

Und damit war die Entscheidung nun endgültig gefallen, denn Menu fegte wenig später als Sieger über die Ziellinie. Coronel kam seinem Rivalen noch einmal bis auf 0,861 Sekunden nahe, wurde aber Zweiter vor dem starken D'Aste - im wahrscheinlich ulkigsten Rennanzug überhaupt - und dessen BMW-Markenkollegen Michelisz und Engstler. Die großen Favoriten, Huff und Muller, fuhren unscheinbar.

Huff wurde als Sechster abgewinkt, während Muller noch hinter Pepe Oriola (Tuenti) auf Rang acht gewertet wurde. Muller hatte sich in der turbulenten neunten Runde, in der die Spitze Bekanntschaft mit dem Öl gemacht hatte, ebenfalls ins Kiesbett verabschiedet, was ihn einige Plätze kostete. Am Ende hielt er Gabriele Tarquini (Lukoil) und Mehdi Bennani (Proteam) aber noch sicher auf Distanz.

Knapp vorbei an den Punkteplätzen segelten indes Isaac Tutumlu (Proteam) und Aleksei Dudukalo (Lukoil). Dabei hätten die beiden BMW- und SEAT-Piloten für ihren Einsatz durchaus einige Zähler verdient gehabt: Im Mittelfeld waren Tutumlu und Dudukalo eigentlich immer mit von der Partie, wenn es irgendwo stehende Räder gab oder wenn es richtig schepperte. Es war also einiges geboten!

Muller ist der klare WM-Spitzenreiter

Eine schöne Szene dann im Parc Fermé: Dort trafen sich die vermeintlichen Streithähne Menu und Coronel, schoben aufgrund der Kollision aber keinen Groll aufeinander. Stattdessen gab es nur lachende Gesichter und eine herzliche Umarmung. Fröhliche Mienen fanden sich kurz darauf auch auf dem Treppchen, wo Menu, Coronel und D'Aste ausgelassen ihre Erfolge bejubelten und begossen.

Da konnte selbst Muller wieder lachen. Der Franzose scheint seine kleine Niederlage gut verdaut zu haben. Kein Wunder: Nach zwei Wochenenden führt der Weltmeister überaus souverän in der WM-Gesamtwertung. Mit nun schon 88 Zählern rangiert Muller klar vor Menu (61), Coronel (58), Huff (57) und Tarquini (44). Engstler, der einzige Deutsche im Feld, folgt mit 22 Punkten im vorderen Mittelfeld.

Bei den Privatfahrern wird Engstler nun mit 25 Zählern auf Rang vier notiert. Dieser enge Wettbewerb wird nach Valencia von Oriola (31) angeführt. D'Aste (28) und Michelisz (27) liegen aber dicht hinter dem jungen Spanier. Für reichlich Spannung dürfte also gesorgt sein, wenn die WTCC in zwei Wochen nach Marrakesch reist. Dort befährt die Meisterschaft erstmals 2012 einen Stadtkurs.