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  • 30.08.2012 14:53

  • von Roman Wittemeier

Zahltag in der WEC: Teurer als die Formel 1

Hinter vorgehaltener Hand klagen viele WEC-Teams über die hohen Gebühren von FIA und ACO: Am 31. August kassiert die WEC wieder 600.000 Euro

(Motorsport-Total.com) - Viele Fachleute aus der Motorsportszene sprechen der neuen Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) großes Potenzial für die Zukunft zu. Die Autos sind spektakulär, die Rennen mittlerweile spannende Sprints und das Reglement mit vielen Freiheiten ausgestattet, nach denen sich mancher Hersteller sehnt. Die Aussichten sind gut, dass man in den kommenden Jahren ähnlich erfolgreich werden kann wie es die Sportwagen-WM vor über 20 Jahren mal war.

Titel-Bild zur News:

Ziel der Macher: Der große WEC-Ballon soll in Zukunft in Formel-1-Höhen steigen Zoom

Wenn man im Fahrerlager der WEC fragt, was die Serie für eine rosige Zukunft noch braucht, bekommt man als offizielle Antwort immer eines zu hören: mehr Hersteller. Doch dies ist nicht der einzige Schlüssel für einen Aufschwung der WEC-Szene. Hinter vorgehaltener Hand sprechen einige hochrangige Teammitglieder zwei weitere Themen an, die angegangen werden sollten. Die Vermarktung der Serie ist bislang nicht gut genug, die Gebühren von FIA und ACO deutlich zu hoch.

Am morgigen 31. August ist wieder Zahltag in der WEC. Dann müssen alle eingeschriebenen Teams (rund 30) noch einmal 20.000 Euro pro Fahrzeug auf ein Konto der HSBC-Bank in Rennes überweisen. Kontoinhaber ist das Unternehmen Le-Mans-Endurcance-Management (LMEM), das unter dem Dach des ACO für die Durchführung der WEC-Events verantwortlich zeichnet. Die LMEM fordert das Geld unter anderem für Treibstoff und technische Dienstleistungen, beispielsweise Zeitmessungen.

Gebühren höher als in der Formel 1

Auf dem Konto der LMEM sollten spätestens morgen insgesamt 600.000 Euro von den Teams eingegangen sein. Wer zu spät überweist, muss noch einmal eine saftige Strafzahlung nachlegen. Dieser Betrag ist nur ein kleiner Teil dessen, was sich FIA und ACO im Verlauf des WEC-Jahres gutschreiben lassen. Die Nenn- und Servicegebühren liegen über dem Niveau der Formel 1 (gut 300.000 Euro für zwei Autos pro Jahr) - und die Leistungen sind im Vergleich deutlich geringer.

"Es ist ein Wahnsinn, was die WEC-Macher da veranstalten", sagte im Silverstone-Paddock ein hochrangiges Mitglied einer LMP-Mannschaft, das nicht namentlich genannt werden möchte. "Du zahlst hier fast so viel wie in der Formel 1, aber dort bekommst du für den Betrag wenigstens noch zehn Tonnen Freifracht und über 20 Tickets pro Event. Dort sind es 20 Rennen, hier bei uns im Grunde nur sieben, weil Le Mans noch einmal extra abgerechnet wird."

Ein Blick in die Regularien bestätigt diese Aussagen. Wer in der WEC ein Fahrzeug für das gesamte Jahr nennt, muss 84.000 Euro Nenngebühr (12.000 pro WEC-Rennen) auf ein FIA-Konto bei der Societe Generale in Zürich überweisen. Die LMEM lässt sich den Service (inkl. Treibstoff und Technik) in zwei Raten bezahlen: 16.000 Euro pro Auto am 1. März eines Jahres, spätestens bis zum 31. August noch einmal 20.000 Euro pro Fahrzeug.


Fotos: WEC in Silverstone


Hinzu kommen noch die Kosten für eine Teilnahme am Jahreshöhepunkt in Le Mans. Der 24-Stunden-Klassiker gehört zwar zum offiziellen Kalender der WEC, befindet sich aber nach wie vor unter alleiniger Herrschaft des mächtigen ACO. Und der Automobile Club de l'Ouest lässt sich die Startplätze gut bezahlen. Pro Fahrzeug werden 12.000 Euro für die Teilnahme am Testtag fällig, für die Teilnahme am Rennen kommen je Auto noch einmal 43.000 Euro hinzu - jeweils plus Steuern versteht sich.

Audi muss 760.000 Euro überweisen

Beispiele verdeutlichen, wie teuer sich FIA und WEC die Teilnahme an der neuen WM bezahlen lassen. Ein LMP2-Team mit einem einzelnen Auto, das an der WEC-Saison 2012 inklusive Le Mans teilnehmen möchte, muss insgesamt 175.000 Euro auf die Konten von FIA, LMEM und ACO überweisen. Im Vergleich zur Formel 1 ist dies ein mehr als stolzer Preis. Erst recht dann, wenn man bedenkt, dass in der Formel 1 jedes Team mit mindestens zehn Millionen Dollar an Vermarktungserlösen beteiligt wird.

Noch extremer wird es beim Blick auf Audi. Die Ingolstädter, die in der WEC mit zwei und in Le Mans sogar mit vier Autos starteten, müssen die stolze Summe von 760.000 Euro berappen, um überhaupt mitfahren zu dürfen. Neben den eben genannten Kosten für den Einsatz von Autos wird bei Audi noch eine Gebühr für die Teilnahme an der LMP1-Hersteller-WM fällig: Dies lässt sich die Organisation mit satten 300.000 Euro bezahlen, GTE-Pro-Hersteller müssen immerhin noch 100.000 Euro extra überweisen.

Alles fein und wundervoll vorbereitet: Im WEC-Zelt saß am Sonntag niemand Zoom

FIA, ACO und LMEM nehmen im gesamten Jahr 2012 weit über fünf Millionen Euro von den Teams ein. Darin enthalten sind die Organisation der Events, die Bereitstellung von Treibstoff und die Gewährleistung technischer Abläufe. Was wird noch von diesem Geld finanziert? Die Gehälter der Mitarbeiter der WEC-Organisation, das Marketing der Serie und unter anderem ein großzügiges WEC-Paddockzelt, im dem an wundervoll gedeckten Tischen zumindest in Silverstone selten jemand saß.