• 09.11.2013 10:20

  • von Roman Wittemeier

Schanghai: Kristensen/McNish/Duval sind Weltmeister

Spannendes, dramatisches WEC-Rennen in China: Audi erkämpft sich den Rennsieg, Le-Mans-Sieger haben WM-Titel - Aston Martin siegt in GTE-Klasse

(Motorsport-Total.com) - Die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) soll den sogenannten "Le-Mans-Spirit" in die Welt tragen. Genau dies ist beim vorletzten Saisonlauf in Schanghai perfekt gelungen. Die Tribünen waren gut gefüllt, die Teams und Piloten boten auf der Formel-1-Rennstrecke eine gute Show - inklusive jener Dramen, wie man sie wohl nur auf der Langstrecke erlebt. Am Ende eines spannenden Rennens jubelten Lotterer/Fässler/Treluyer als Sieger, die Audi-Kollegen Kristensen/McNish/Duval feierten den vorzeitigen Gewinn des WM-Titels.

Titel-Bild zur News: Treluyer Fässler Lotterer

Benoit Treluyer, Andre Lotterer und Marcel Fässler siegten in China Zoom

Vor dem großen Jubel auf dem China-Podest erlebten die Fans einen regelrechten Showdown. Nachdem in der Frühphase beide Toyotas den Sechs-Stunden-Dauerlauf souverän angeführt hatten, entwickelte sich im letzten Renndrittel ein Drama für die Japaner und ein Finale, das es in sich hatte. Alexander Wurz (Toyota) und Benoit Treluyer (Audi) lieferten sich ein herrliches Duell in den letzten 30 Minuten des Rennens. Das bessere Ende hatte schließlich der Franzose für sich.

Im dichten Verkehr nutzte Treluyer im direkten Zweikampf seine Chance in Kurve sechs und zog konsequent am TS030 des Österreichers vorbei. Fortan konnte der Audi-Pilot einen sicheren Vorsprung herausfahren, weil der R18 bei sinkenden Temperaturen am späteren Schanghai-Nachmittag immer mehr Grip fand - außerdem war Treluyer am gesamten Wochenende extrem stark unterwegs. Wurz konnte im Schlusssprint mit abbauenden Pneus nichts mehr ausrichten.

Toyota zu Beginn dominant

Noch zur Halbzeit hatte es nach einem dominanten Doppelerfolg für die japanische Werksmannschaft ausgesehen. Lapierre/Wurz hatten sich früh an der Spitze abgesetzt, Sarrazin/Davidson/Buemi zuerst den zunächst zweitplatzierten Audi niedergerungen und anschließend die erfolgreiche Jagd auf die Markenkollegen gestartet. Nach drei Stunden hatte der TS030 mit der Startnummer 8 einen Vorsprung von über eine Minute auf den besten Audi.

toyota

Toyota hatte Pech: Nach anfänglicher Dominanz am Ende nur Rang zwei Zoom

Das Drama begann jedoch in Runde 136, als am Toyota mit der Startnummer 7 ein schleichender Plattfuß festgestellt wurde. Nur sechs Runden nach einem planmäßigen Stopp kam Nicolas Lapierre noch einmal zum Service - die Führung war futsch. Nicht nur das Schwesterauto konnte profitieren, sondern auch der Audi mit der Startnummer 1, der in der Frühphase des Rennens nach einem ähnlichen Reifenschaden weit zurückgefallen war.

Aufregung herrschte nach 4:30 Stunden: Der führende Anthony Davidson rumpelte plötzlich mit einem Schaden an der Fahrzeugfront zur Toyota-Box. "Die Aufhängung ist beim Anbremsen von Kurve sechs gebrochen. Zum Glück waren dort keine anderen Autos, die ich hätte treffen können. Es ist sehr schade", so der Brite. Die Werksmannschaft schaute sich die Beschädigungen an und nahm den Wagen aus dem Rennen - das Aus nach starkem Auftritt.

Showdown: Treluyer gegen Wurz

Nach dem Ende für den Toyota mit der Startnummer 8 zeichnete sich schnell ab, dass es zum Kopf-an-Kopf-Duell zwischen dem zweiten TS030 und dem Fahrzeug der letztjährigen Champions kommen würde. "Du musst den Rückstand auf unter 30 Sekunden drücken", funkte Renningenieurin Leena Gade ihrem Schützling Marcel Fässler ins Cockpit. Der Schweizer reagierte und robbte sich auf 28,5 Sekunden heran. Nach der fälligen Runde der letzten Stopps lag der Audi zwar rund 30 Sekunden hinter dem Toyota, aber Wurz brauchte noch einen zusätzlichen Schluck Treibstoff für den letzten Stint.

33 Minuten vor dem Ende kam der Österreicher zu einem schnellen "Splash-and-Dash"-Stopp, er konnte zunächst knapp vor Treluyer bleiben, aber wurde von diesem eben doch noch niedergerungen. "Ein toller Tag", freut sich Andre Lotterer nach dem harten Kampf in Schanghai. "Ben hat einen großartigen Job gemacht. Es ist ein super Tag für Audi. Wir haben das Rennen gewonnen und unsere Markenkollegen sind Weltmeister geworden."


Fotostrecke: Der Weg der WEC-Champions

Konstant, wenig auffällig und nicht allzu beeindruckend schnell fuhren die Le-Mans-Sieger Allan McNish, Tom Kristensen und Loic Duval auf Platz drei. Das Trio im Wagen mit der Startnummer 2 konnte das Tempo der Spitze während des gesamten Rennens nicht mitgehen, aber es reichte dennoch zum vorzeitigen Gewinn des Fahrertitels in der WEC. Das Trio ist vor dem Saisonfinale der Langstrecken-Weltmeisterschaft in Bahrain nicht mehr einholbar.

"Es ist fantastisch. Es gab ein tolles Duell gegen Toyota. Wir haben bei diesem Rennen natürlich den Titel im Visier gehabt. Das hat geklappt. Dass wir es nun schon ein Rennen vor Saisonende geschafft haben, ist ein toller Lohn", sagt Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen, der sich zum Weltmeister küren konnte. Gemeinsam mit Allan McNish und Loic Duval (in seiner ersten vollen WM-Saison) feiert der Däne ein traumhaftes Jahr: Le-Mans-Sieg und Titelgewinn.

Mücke feiert Sieg, Kaffer mit viel Pech

Rebellion holte wegen des Ausfalls des Toyota mit der Startnummer acht den vierten Gesamtrang vor dem besten LMP2-Fahrzeug. Martin/Conway/Rusinov (G-Drive) holten sich trotz eines zwischenzeitlichen Schadens am Heck den Klassensieg vor den beiden Morgan-Nissan von Oak. Großes Pech hatte Pierre Kaffer. Der Oreca-Nissan von Pecom blieb nach nur wenigen Runden mit einem Elektrikschaden an der Box stehen. Die Hoffnungen auf den Titel in der LMP2-Klasse sind für den erfahrenen Deutschen somit zerstört. Man verlor in Fuji die Führung in der Fahrerwertung und büßte in Schanghai zu viel Boden ein.

Der Lotus von Kraihamer/Holzer/Charouz erreichte in Schanghai Klassenrang sieben. Zwischenzeitlich musste der T128 des Trios mit einem Schaden am Heck an die Box. Das Schwesterauto erreichte das Ziel nicht. "Die Temperaturen gingen in die Höhe. Wir haben ein Leck im Kühlsystem. Das hätte der Motor auf die Dauer nicht ausgehalten", berichtet Vitantonio Liuzzi nach dem Aus des Fahrzeuges mit der Startnummer 31.


Fotos: WEC in Schanghai, Samstag


In der GTE-Pro-Klasse setzten sich die favorisierten Aston Martin durch. Stefan Mücke und Darren Turner fuhren einen hart umkämpften Sieg ein. "Es lief gut. Mein letzter Stint war nicht allzu gut, da war ich ganz schön unter Druck von Bruno Senna. Ich habe aber einen tollen Teamkollegen, der den Sieg super nach Hause gebracht hat", freut sich Turner. Senna kam im Schwesterauto nur eine Sekunde nach den Klassensiegern ins Ziel. Bergmeister/Pilet profitierten von Problemen der AF-Corse-Ferraris und sicherten sich Rang drei im Porsche.

Der zweite 911 RSR mit Marc Lieb und Richard Lietz kam nur auf Klassenrang sechs. "Wir hatten Probleme mit den Reifen, konnten nicht mal einen ganzen Stint absolvieren. Der Reifen baute nach zehn Runden extrem ab, wir mussten früh hereinkommen. Es wurde kühler und dadurch etwas besser, aber das Rennen war für uns gelaufen. Ich freue mich auf Bahrain, denn dort werden wir neue Entwicklungen am Auto haben", so Lietz. Den Sieg in der GTE-Am-Klasse holten Potolicchio/Rigon/Aguas im 8Star-Ferrari.

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