• 11.04.2016 11:22

  • von Roman Wittemeier

Saisonstart der WEC 2016: Alle jagen Porsche

Mit 33 Fahrzeugen startet die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) in Silverstone in die Saison 2016: Setzen Audi und Toyota die Champions von Porsche unter Druck?

(Motorsport-Total.com) - Die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) startet am kommenden Wochenende mit dem 6-Stunden-Rennen von Silverstone in ihre Saison 2016. Die Augen sind dabei nicht nur auf die LMP1-Hersteller Porsche, Audi und Toyota gerichtet, die im Kampf um Gesamtsiege erneut unter sich sein werden, sondern auch in den drei anderen Klassen darf viel Spektakel erwartet werden. In der LMP2-Kategorie ist die Leistungsdichte so hoch wie nie, in der GTE-Pro-Klasse kommt Ford in den Wettbewerb.

Titel-Bild zur News: Romain Dumas, Neel Jani, Marc Lieb

Weltmeister: Porsche fährt in diesem Jahr mit den Startnummern 1 und 2 Zoom

Die von den meisten WEC-Fans gestellte Frage lautet vor dem Start ins neue Rennjahr jedoch: Können Audi und Toyota mit ihren komplett neu entwickelten Fahrzeugen das Niveau von Weltmeister Porsche erreichen? Die Konkurrenz der Werksmannschaft aus Weissach hat hohen Aufwand betrieben, um in der Saison 2016 wieder ganz vor mitmischen zu können. Audi bringt einen brandneuen R18, Toyota geht mit dem ebenso neuen TS050 Hybrid auf die Jagd (hier die komplette Nennliste!).

"Ich gehe davon aus, dass es enger werden wird", meint Porsche-Star Mark Webber, der sich den 919 mit der Startnummer 1 mit Timo Bernhard und Brendon Hartley teilen wird. Die Crew des Schwesterautos (Neel Jani, Marc Lieb und Romain Dumas in der Nummer 2) hofft, das Pech des Vorjahres endlich hinter sich lassen zu können. Bei den offiziellen WEC-Testfahrten in Le Castellet war Porsche wieder vorn, aber dort legte keines der Werksteams alle Karten auf den Tisch.

LMP1-Werksautos machen weiteren Schritt

Die einzig wirkliche Erkenntnis vom Paul-Ricard-Test: Die LMP1-Hybridautos werden trotz einer Energiereduzierung um 10MJ kaum langsamer sein als im Vorjahr. "Da stellt sich jetzt die Frage, ob es auf jeder Strecke so sein wird. Man hat das ja schon im vergangenen Jahr gesehen: Auf einer Strecke waren wir sehr viel schneller unterwegs als 2014, auf anderen hingegen wenig", schildert Brendon Hartley seine Eindrücke nach den Probefahrten.

"Alle Hersteller haben bei der Entwicklung der Autos richtig Gas gegeben, vor allem bei den Hybridsystemen", erklärt Toyota-Pilot Anthony Davidson. Die Japaner hinterließen mit ihrem TS050 beim Le-Castellet-Test einen starken Eindruck - vor allem mit dem Le-Mans-Aeropaket, das allerdings in Silverstone nicht zum Einsatz kommen wird. "Es geht ins dritte Jahr unter einem stabilen Regelwerk. Es wird spannend zu sehen sein, ob die drei Hersteller die Spitze dieser Entwicklungspyramide gleichzeitig erreichen", so Davidson.

Marcel Fässler, Andre Lotterer, Benoit Treluyer

Audi hat intensiv an einer effizienten Aerodynamik für den R18 gearbeitet Zoom

"Wenn das Reglement stabil ist, dann bleibt immer weniger Raum für Entwicklungen. Dann rückt die Konkurrenz dicht zusammen - das ist zumindest meine Theorie. Und darauf hoffe ich sehr", meint der Brite vor seinem Heimspiel in Silverstone. "Das wäre nicht nur für uns, sondern für die gesamte WEC sehr gut. Die zweite Saisonhälfte 2015 war etwas zu vorhersehbar. Das ist für den Rennsport nie besonders toll. Aber jetzt wird es bestimmt viel besser."

Private LMP1-Teams neuerdings auf Dunlop

Auch Audi möchte an der Spitze mitmischen. Die Ingolstädter sind beim Dieselmotor geblieben, haben jedoch dank neuer Systeme den Sprung in die 6MJ-Hybridklasse realisiert. "Man spürt den zusätzlichen Schub schon sehr deutlich", sagt Marcel Fässler. Der neue Audi R18 lebt jedoch nicht allein von mehr Power (Systemleistung über 1.000 PS), sondern vor allem von seiner aggressiven und konsequenten Aerodynamik. "So radikal war im LMP-Bereich noch keiner", meint Andre Lotterer.

Weil die Hersteller in der LMP1-Szene erneut gewaltige Fortschritte gemacht haben, werden die beiden Privatteams Rebellion und ByKolles wohl auch in der WEC-Saison 2016 kaum die erhofften "Abstauber" landen können. Immerhin zeigten sich der R-One und der P1/01, die beide vom AER-V6-Turbo angeschoben werden näher an die Topteams herangerückt. Endlich haben die beiden privaten LMP1-Mannschaften einen gesunden Abstand zu den LMP2-Fahrzeugen.

Anthony Davidson, Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima

Toyotas neuer TS050: Neuer Turbomotor, neue Batterien als Speicher Zoom

Bei Rebellion wird Ex-Formel-1-Pilot Nelson Piquet den bisherigen Stammpiloten Mathias Beche ersetzen, im Lager von ByKolles begrüßt man Oliver Webb als Neuzugang. In Silverstone wird sich der Brite das Auto mit Simon Trummer und James Rossiter teilen. Rossiter wurde als Ersatzmann für Pierre Kaffer verpflichtet, der in der Frühphase der Saison mehrere Terminüberschneidungen mit seinen Einsätzen im Audi-GT-Sport hat. Rebellion und ByKolles fahren neuerdings auf Dunlop-Reifen, die bislang einen starken Eindruck hinterließen - zumindest bei trockenen Verhältnissen.

LMP2-Klasse: So viele Siegkandidaten im Feld

In der LMP2-Klasse werden ab dem kommenden Wochenende insgesamt elf Fahrzeuge um Punkte und Siege kämpfen. Die Leistungsdichte in der Szene ist enorm, ein Favorit kaum auszumachen. Vor allem fahrerisch ist die Szene extrem stark besetzt. Manor kommt mit den Ex-Formel-1-Piloten Will Stevens und Roberto Merhi, SMP schickt Witali Petrow in die Schlacht und Audi-Werkspilot Rene Rast verstärkt die G-Drive-Mannschaft um Roman Russinow, deren Einsätze mit dem Oreca-Nissan von Jota übernommen werden.

Bei den Testfahrten in Le Castellet präsentierte sich ein neues Team besonders eindrucksvoll. Die RGR-Mannschaft von Ricardo Gonzalez wird voraussichtlich schon ab Silverstone ganz vorn mitfahren können. Der Mexikaner, der gleichzeitig als Promoter des neuen WEC-Rennens in seiner Heimat auftritt, hat in Filipe Albuquerque und Bruno Senna prominente Kollegen an Bord des Ligier-Nissan. Alpine greift in diesem Jahr gleich mit zwei A460 (Oreca 05) an.


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In der GTE-Pro-Klasse sucht man ein Werksfahrzeug von Porsche in diesem Jahr vergebens. Die Zuffenhausener bereiten ihren neuen 911er für das kommende Jahr vor und geben Richard Lietz in einem RSR unter dem Banner von Dempsey-Proton die Chance zur Titelverteidigung. Der Österreicher teilt sich den Wagen erneut mit dem Dänen Michael Christensen. Die Konkurrenz für das Duo ist stark und umfangreich: zwei neue Ferrari 488 GTE, zwei Ford GT sowie zwei überarbeitete Aston Martin Vantage.

GTE-Szene: Was kann Neuling Ford erreichen?

"Kaum zu sagen, wo wir im Vergleich zu Ferrari und Ford stehen", meint Aston-Martin-Werkspilot Darren Turner, der sich seinen Vantage mit Nicki Thiim und Marco Sörensen teilen wird. Die langjährige Partnerschaft mit dem Deutschen Stefan Mücke fand ein Ende, weil der Berliner ins Lager der WEC-Neulinge von Ford wechselte. "In den USA fahren wir schon seit Januar, aber jetzt geht es endlich auf die weltweite Bühne", freut sich Ford-Sportchef Dave Pericak.

"Wir haben in Silverstone noch nie getestet, müssen dort also noch viel am Setup arbeiten", erklärt Oliver Pla, der sich den Ford #66 mit Mücke und US-Pilot Billy Johnson teilen wird. "Wir haben alle den gleichen Fahrstil und fordern ähnliche Dinge vom Auto. Somit wird es uns nicht allzu schwer fallen, uns in die richtige Richtung zu bewegen. Wenn sich in Silverstone eine Chance bietet, dann wollen wir sie nutzen", sagt der Franzose, der Silverstone "neben Macau und Sebring" zu seinen Lieblingsstrecken zählt.

Chip Ganassi

Das Duell der alten Tage: Ford trifft in der WEC wieder auf die Konkurrenz von Ferrari Zoom

In der GTE-Am-Kategorie fahren zwar nur sechs Autos, aber diese kommen immerhin von vier verschiedenen Marken. Larbre setzt weiterhin auf die Corvette C7, AF Corse bringt einen bewährten Ferrari 458 Italia in den Wettbewerb und Aston martin setzt für Paul Dalla Lana, Mathias Lauda und Pedro Lamy weiterhin einen Vantage ein. Als Konkurrenz kommen drei Porsche 911 RSR von Gulf, Abu-Dhabi-Proton und KCMG, die nach einem starken Jahr in der LMP2-Klasse nun kürzer treten.