WSBK-Test Misano: Neue Teile, gewohnte Spitze, Sykes zurück auf BMW

Mehrere Teams beim Misano-Test mit neuen Teilen - Bestzeit für Ducati-Pilot Alvaro Bautista - Tom Sykes findet Gefühl bei Rückkehr ins BMW-Team wieder

(Motorsport-Total.com) - Wie in den Rennen, so auch bei Testfahrten: Ducati-Werkspilot Alvaro Bautista gibt in der Superbike-WM 2023 derzeit klar das Tempo vor. Am Donnerstag und Freitag dieser Woche ging auf dem Marco Simoncelli World Circuit in Misano (Italien) ein offizieller Zweitagestest über die Bühne. Der aber stand über weite Teile im Zeichen von schlechtem Wetter.

Titel-Bild zur News: Alvaro Bautista

Die Testbestzeit fuhr Alvaro Bautista mit neuem Qualifying-Reifen SCQ Zoom

Der Großteil des aktuellen Starterfeldes war vor Ort. Im BMW-Werksteam gab Tom Sykes ein Comeback, und zwar in Vertretung für den verletzten Michael van der Mark. Abgesehen von der veränderten Besetzung im BMW-Team (die auch eine veränderte Besetzung bei Puccetti-Kawasaki zur Folge hat) stand beim Misano-Test das Evaluieren diverser neuer Teile im Blickpunkt.

So rückte Honda gleich mit zwei neuen Versionen der Schwinge für die CBR1000RR-R aus. Im Yamaha-Lager wurde eine geringfügig modifizierte Schwinge für die R1 ausprobiert. Und auch bei BMW gab es eine neue Version der Schwinge, außerdem ein modifiziertes Chassis für die M1000RR.

Bautista fährt famose Rundenzeit mit SCQ-Reifen

Die Testbestzeit fuhr WM-Spitzenreiter Alvaro Bautista mit 1:33.035 Minuten bereits am Donnerstagvormittag. Dabei hatte er einen neuen Qualifying-Reifen von Pirelli, den SCQ, drauf. Mit diesem lag Bautista knapp 0,3 Sekunden unter dem von ihm selber gehaltenen WSBK-Streckenrekord. Der Rekord steht mit 1:33.328 Minuten aus der Superpole-Session vom Misano-Rennwochenende 2022.

Am Freitagvormittag kam Bautista zwar ebenfalls in den 1:33er-Bereich, aber nur noch gerade so, bevor es erneut anfing zu regnen. In den Nachmittagsstunden nämlich gab es an beiden Testtagen Regen, weshalb die schnellsten Runden im Verlauf des Tests alle direkt am Donnerstagvormittag gefahren wurden.

Bei Ducati gab es keine neuen Teile. Man konzentrierte sich in erster Linie darauf, die Motorelektronik der Panigale V4R an das neue, für dieses Motorrad gültige Drehzahllimit anzupassen.

"Am ersten Tag ließ das Wetter Runden bei Trockenheit zu. Wir haben zwar bezüglich der Abstimmung keine neuen Lösungen probiert, aber ich hatte direkt ein gutes Gefühl. Und da wir auch Runden bei Regen gedreht haben, sind wir für Misano bereit, egal wie die Bedingungen dann [am Rennwochenende] sein werden", so Bautista.

Razgatlioglu mit starker Rennpace - Lecuona frustriert

Zweitschnellster hinter Bautista war Yamaha-Werkspilot Toprak Razgatlioglu mit einem Rückstand von 0,510 Sekunden. In Kurve 3 hatte Razgatlioglu am Donnerstagvormittag einen Sturz. Abgesehen von ihm ging im Verlauf der zwei Testtage auch WSBK-Rookie Lorenzo Baldassarri (GMT94-Yamaha; 11.) zu Boden.

Vollkommen ungeachtet seines großen Rückstands auf einer schnellen Runde auf Bautista, was nicht zuletzt an den Reifen lag, zeigt sich Razgatlioglu von der Pace, die er am Donnerstag auf einer Rennsimulation hinlegte, sehr angetan. "Mein Gefühl ist gut. Ich habe in allen Kurven Vertrauen. Es sieht so aus als wären wir bereit, im Rennen hier um den Sieg kämpfen zu können", so der Yamaha-Pilot.

Die neuen Teile, allen voran die modifizierte Schwinge, probierte Razgatlioglu am Freitag an einem "Testbike", wie er es nennt. "An diesem Testbike ist alles neu und wir mussten erst mal eine Abstimmung finden. Leider war das Wetter nicht so toll, aber im Regen war ich recht flott", so der Türke.

Bei Honda resultierte das Testen von unter anderem der zwei neuen Schwingen für die Fireblade in den Positionen vier (Xavi Vierge) und neun (Iker Lecuona) in der kombinierten Zeitenliste beider Testtage. Lecuona zieht ein weitestgehend ernüchterndes Fazit.

Iker Lecuona

Honda-Pilot Iker Lecuona ist mit dem Misano-Test "nicht zufrieden" Zoom

"Insgesamt haben wir uns schwergetan. Wir haben [am Donnerstag] unterschiedliche Teile probiert, wobei eine Lösung besser funktioniert als die andere. Aufgrund des Wetters konnte ich dann [am Freitag] nichts mehr testen. Insgesamt kann ich nicht zufrieden sein. Ich hatte mir mehr versprochen", gibt Lecuona gegenüber 'WorldSBKcom' offen zu.

Tom Sykes findet Gefühl bei Rückkehr ins BMW-Team wieder

Für das BMW-Werksteam war neben Stammfahrer Scott Redding wie bereits eingangs erwähnt Tom Sykes im Einsatz. Er war in den Jahren 2019 bis 2021 Stammfahrer beim deutschen Hersteller gewesen. Die bisherigen Rennen der WSBK-Saison 2023 bestritt Sykes für Puccetti-Kawasaki. Von diesem Team hat er sich aber mittlerweile getrennt.

Bei seiner Rückkehr ins BMW-Team schloss Sykes in der kombinierten Zeitenliste der zwei Testtage auf der siebten Position ab. Sein Rückstand auf die Bestzeit von Ducati-Pilot Bautista betrug am Donnerstagvormittag rund 1,4 Sekunden. Weit mehr als auf die Rundenzeiten konzentrierte sich Sykes darauf, die Unterschiede der aktuellen BMW im Vergleich zu jener von 2021 kennenzulernen.

Scott Redding klassierte sich mit der anderen Werks-BMW auf P10. Er probierte unter anderem das modifizierte Chassis schon am Donnerstag. Im kurzen Trockenfenster am Freitagvormittag fuhr dann auch Sykes damit. "Beim Versuch, das Paket zu verstehen, kam ich Runde für Runde näher an mein altes Gefühl heran", sagt Sykes und stellt heraus: "Die Fortschritte, seitdem ich zuletzt auf einem solchen Motorrad saß, sind offensichtlich."

Tom Sykes

Tom Sykes greift erstmals seit 2021 wieder für BMW in den Lenker Zoom

Weil von den zwei Testtagen aber nur der erste Vormittag komplett trocken war, hat die Zeitenliste nur bedingt Aussagekraft. Das zeigt auch ein Blick auf die ungewöhnlich großen Zeitunterschiede. Schnellster Fahrer eines Satellitenteams war Garrett Gerloff (Bonovo-BMW) auf P5. Philipp Öttl (GoEleven-Ducati) und auch die beiden GRT-Yamaha-Piloten Dominique Aegerter und Remy Gardner schlossen außerhalb der Top 10 ab.

WSBK-Comeback für Tarran Mackenzie

Im Honda-Satellitenteam MIE Racing gab Tarran Mackenzie seinen Einstand. Der Brite kam beim Test zum Einsatz, weil gleich beide Stammfahrer - Eric Granado und Hafizh Syahrin - verletzt sind. Normalerweise fährt Mackenzie in diesem Jahr in der Supersport-WM für das MIE-Team. Ein WSBK-Rennwochenende hat er aber schon absolviert: In Donington 2022 fuhr er als damals amtierender Champion der Britischen Superbike-Meisterschaft (BSB) für das Yamaha-Satellitenteam McAMS.

Im Kawasaki-Werksteam sind die beiden Stammfahrer - Jonathan Rea und Alex Lowes - zwar fit, blieben dem Misano-Test aber trotzdem planmäßig fern. So war Kawasaki nur mit Testfahrer Florian Marino und mit Lucas Mahias (Puccetti-Kawasaki) vor Ort. Mahias ist ins Team von Manuel Puccetti zurückgekehrt, um die Ninja ZX-10RR zu übernehmen, die durch Tom Sykes' Rückkehr ins BMW-Team freigeworden ist. Laut BMW wird Sykes den verletzten Michael van der Mark "bis auf Weiteres" vertreten.

Das nächste Rennwochenende im WSBK-Kalender 2023 findet vom 2. bis 4. Juni eben in Misano statt, wo der Großteil des Feldes nun bei alles andere als optimalen Bedingungen den letzten offiziellen Test während der Saison abgeschlossen hat.

Ergebnis WSBK-Test in Misano (Top 10):
01. Alvaro Bautista (Ducati) - 1:33.035 Minuten
02. Toprak Razgatlioglu (Yamaha) - 1:33.545
03. Michael Ruben Rinaldi (Ducati) - 1:33.708
04. Xavi Vierge (Honda) - 1:34.043
05. Garrett Gerloff (Bonovo-BMW) - 1:34.345
06. Axel Bassani (Motocorsa-Ducati) - 1:34.385
07. Tom Sykes (BMW) - 1:34.416
08. Andrea Locatelli (Yamaha) - 1:34.460
09. Iker Lecuona (Honda) - 1:34.602
10. Scott Redding (BMW) - 1:34.607