McCormick: "Hatte extrem viel Glück"
Brett McCormick befindet sich auf dem Weg der Besserung und peilt sein Comeback im August an - Im Interview spricht der Kanadier über den Unfall und seine Genesung
(Motorsport-Total.com) - Seit über einem Monat fehlt Brett McCormick im Fahrerlager der Superbike-WM. Im zweiten Lauf in Assen war der Kanadier schwer gestürzt und hatte sich dabei mehrere Verletzungen zugezogen. Speziell ein gebrochener Halswirbel ließ das Schlimmste befürchten, doch der Bruch wurde stabilisiert und es bestand keine Lähmungsgefahr. Mittlerweile befindet sich der 20-Jährige auf dem Weg der Besserung und peilt sein Comeback im August an. An diesem Wochenende besucht McCormick sein Liberty-Team im Miller-Motorsport-Park. Im Interview spricht er darüber, wie es ihm geht und wie die Regeneration verläuft.

© Liberty
Noch wartet der Kanadier Brett McCormick auf seine ersten WM-Punkte
Frage: "Brett, wie geht es dir?"
Brett McCormick: "Soweit erhole ich mich ganz gut. Ich habe versucht, meine Stimmung hoch zu halten und es positiv zu sehen. Die meiste Zeit des Tages habe ich ein Lächeln im Gesicht, also kann ich mich nicht zu sehr beklagen."
Frage: "Welches Rehabilitationsprogramm machst du?"
McCormick: "Meine Rehabilitation war bisher recht relaxt. Ich trage noch die Halskrause, weshalb ich in diesem Bereich noch nichts machen kann. Der gebrochene Daumen ist bereits verheilt und ich arbeite schon mit ihm, damit er wieder zu 100 Prozent in Ordnung ist. Seit einigen Wochen kann ich mich schon einfach bewegen und im Nacken verspüre ich kaum Schmerzen. Ich kann also alles normal tun, außer richtiges Training. Mein Doktor meinte auch, dass es meinem Nacken nicht schaden würde, wenn ich auf dem Fahrradtrainer arbeite. Also habe ich das getan, um aktiv zu bleiben."
Frage: "Wie verbringst du deine Tage in Kanada?"
McCormick: "Seit ich zurück in Kanada bin, habe ich hauptsächlich Freunde und die Familie besucht, während mein Körper heilt. In den vergangenen Tagen habe ich mehr Filme gesehen, als ich normalerweise innerhalb einiger Jahre schaue. Jeden Tag fühlt sich mein Nacken etwas besser an und ich kann immer mehr tun."
Frage: "Erinnerst du dich an den Unfall in Assen?"
McCormick: "Ich erinnere mich bis zum Sturz praktisch an alles. Ich erinnere mich, dass ich eingelenkt habe und kurz vor dem Scheitelpunkt ist innen ein rot-weißes Motorrad aufgetaucht. Ich habe Carlos nicht gehört, weil es eine schnelle Passage ist und sich unsere Motorräder gleich anhören. Ich hatte also nicht erwartet, dass mich dort jemand überholen würde. Ich dachte, wir würden uns berühren, wenn ich weiter einlenken würde, also passte ich meine Linie an. Da es aber eine schnelle Kurve ist, ist mir die Strecke ausgegangen. Dann wusste ich, dass ich in Problemen war. Ich dachte mir, dass ich es vielleicht schaffen könnte, wenn ich den Kunstrasen überquere, aber ich hatte nicht soviel Glück."

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In den ersten Rennen hat sich Brett McCormick (68) einige Kämpfe geliefert Zoom
Frage: "Was waren deine ersten Gedanken nach dem Sturz?
McCormick: "Ich war bewusstlos. Als ich zu mir kam, war alles etwas verschwommen. Ich war erleichtert, weil meine Verletzungen nicht lebensbedrohlich waren und ich meinen Körper bewegen und spüren konnte."
Frage: "Wie hast du reagiert, als dir die Ärzte sagten, dass deine Brüche sehr ernst waren?"
McCormick: "Als ich herausfand, dass mein Nacken gebrochen war, war ich ziemlich schockiert, aber ich realisierte, dass ich extrem viel Glück hatte. Als die Ärzte die Röntgenbilder gesehen hatten, war klar, dass der Bruch stabil war. Es bestand nicht das Risiko einer Lähmung. Das machte es für mich deutlich weniger stressig. Ich konnte nur die Umstände akzeptieren und den Heilprozess starten."
Frage: "Was denkst du darüber, dass Teambesitzer Mario Bertuccio entschieden hat, dass er keinen Ersatzfahrer nominiert?"
McCormick: "Als ich sein Statement gelesen und mit ihm gesprochen habe, habe ich gesehen, wie unglaublich die Leute im Team sind. Vom ersten Tag an habe ich gesagt, dass es mehr eine große Familie als ein Rennteam ist. Das ist ein perfektes Beispiel dafür."
Frage: "Was denkst du nach deinem Unfall über das gegenwärtige Sicherheitsniveau?"
McCormick: "Ich glaube, das Level unserer Ausrüstung ist unglaublich. Meine Alpinestar-Lederkombi und mein Shoei-Helm haben den Crash gut überstanden. Ohne unserer Ausrüstung würde ich nicht wissen, ob ich noch hier sitzen würde. Die Superbike-WM fährt auf den besten Strecken der Welt und die Sicherheit ist erster Güte, auch wenn es immer Raum für Verbesserungen gibt. Mein Sturz hätte vielleicht ohne dem Kunstrasen vermieden werden können. Die Serie kümmert sich um dieses Problem und wird für die Zukunft Änderungen vornehmen."
Frage: "Es ist dein erstes Jahr in der Superbike-WM. Wie war dein Gefühl bis zum Rennen in Holland?"
Frage: "Der Schritt in die Superbike-WM war für mich groß, aber es war bisher unglaublich. Die Liberty-Ducati ist eines der am besten vorbereiteten Motorräder in der Startaufstellung. Das liegt am Team dahinter. Ich bin von allem sehr beeindruckt - vom Management, den Mechanikern, der Hospitality. Nichts wird übersehen. Es ist sehr cool, dabei zu sein und diese Erfahrungen zu machen. Beim Motorrad musste ich viel lernen, aber meine Crew und ich machen konstant Fortschritte. Schade, dass die Verletzung alles unterbricht, aber ich bin hungrig, wieder hinauszufahren."
Frage: "Wann wirst du auf die Strecke zurückkehren? Was ist realistisch?"
McCormick: "Mit einem gebrochenen Nacken ist das schwierig abzuschätzen, weil der Heilprozess in jedem Fall anders ist. Ich werde in jeder Woche untersucht und die Heilung verläuft sehr gut. Ich hoffe, dass ich die Halskrause in einigen Wochen abnehmen kann. Hoffentlich kann ich in einem Monat wieder fahren. Ich könnte Ende Juli zurückkehren, wenn alles perfekt läuft. Aber ich glaube August ist realistischer. Ich möchte dort fortsetzen, wo ich aufhören musste und will mich der Spitze nähern. In Assen war ich nahe an den Top 10 dran. Hoffentlich kann ich daran anknüpfen."
Frage: "Warum fährt man nach so einem Unfall weiter? Woher nimmst du deine Stärke?"
McCormick: "Ich schätze, jeder, der Motorradrennen gefahren ist, kann verstehen, warum wir nach einer schweren Verletzung wieder auf das Motorrad steigen. Ich bin damit aufgewachsen und es liegt mir im Blut. Ich liebe es Motorrad zu fahren. Es gibt auf der Welt kein besseres Gefühl, als perfekte Runden zu fahren. Meine Stärke kommt daher, dass ich wieder in diesen Bereich will. Ich wünsche mir auf der Welt nichts mehr, als wieder diese Runden zu drehen."
Frage: "Wie sehen deine Zukunftspläne aus?"
McCormick: "Im nächsten Jahr will ich an der Spitze mitkämpfen."

