Abt: "Ich konnte nicht Nein sagen"
Christian Abt im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' zum Wechsel von der DTM in den Porsche-Carrera-Cup
(Motorsport-Total.com) - Als die DTM-Saison 2007 mit dem Saisonfinale in Hockenheim und dem Titelgewinn von Audi-Pilot Mathias Ekström zu Ende ging, gab es in der Abt-Mannschaft viel zu feiern. Während das Team den Meister in den eigenen Reihen hochleben ließ, machte sich ein prägender Teil des Rennstalls aus dem DTM-Staub. Christian Abt hatte soeben sein letztes Tourenwagen-Rennen beendet und nach acht Jahren der DTM Adieu gesagt.

© Audi
Christian Abt geht im Porsche-Carrera-Cup für tolimit an den Start
In der kommenden Saison wird der 40-Jährige im Porsche-Carrera-Cup an den Start gehen. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärte der Kemptener im Rahmen einer Saisonauftakt-Feier bei seinem in der Vergangenheit sehr erfolgreichen Porsche-Team tolimit, wie der Wechsel zustande kam und wie seine Ziele für die erste Saison im Porsche GT3 Cup aussehen.#w1#
Kontaktaufnahme im Kölner Karneval
Frage: "Christian, du wechselst in der neuen Saison vom DTM-Audi in den Porsche-Carrera-Cup zum tolimit-Team. Wie ist dieser Wechsel zustande gekommen?"
Christian Abt: "Ich kenne das tolimit-Team schon lange. Die sind ja in den vergangenen Jahren im Rahmen der DTM immer gefahren. Sie waren immer auffallend wegen ihrer gelben Wagenfarbe, wegen des Sponsors und weil sie immer weit vorne gefahren sind. Sie haben ja schon so viele Erfolge eingefahren. Ich kenne den Hans-Bernd Kamps schon länger persönlich und wir haben uns dann mal in Köln beim Karneval getroffen und dann haben wir über das Thema gesprochen. Er hat mir dann ein Angebot gemacht, wo ich nicht mehr Nein sagen konnte. Es ist einfach ein gutes Team mit einer tollen Atmosphäre und ich habe noch Lust Rennen zu fahren."
Frage: "War das Gespräch in Köln von Anfang an ernst, oder zu Beginn eher eine Karnevalslaune?"
Abt: "Nein, nein, nein. Als wir darüber gesprochen haben, musste ich nur kurz nachdenken. Aber eigentlich waren wir uns nach zehn Minuten einig, wo ich dann erstmal spontan Ja gesagt habe, weil man kennt die ganzen Voraussetzungen. Ich habe ja immer gesagt, ich will nicht mit dem Motorsport aufhören, sondern ich will nur mit der DTM aufhören. Eigentlich wollte ich erst einmal ein Übergangsjahr machen, aber wenn man dann so ein Angebot hat, wo man Motorsport noch auf ganz hohem Level machen kann, dann muss man das machen."
GT-Serien und Dakar-Rallye noch kein Thema
Frage: "Es gab bei dir ja auch Gedanken in Richtung GT-Serien und du hast auch die Rallye-Fahrzeuge von VW getestet. Warum hat sich da nichts ergeben?"
Abt: "Man weiß ja, dass der Name Abt-Sportsline und auch Christian Abt immer mit Audi und der Volkswagen-Familie verbunden war und ich wollte mich da nicht wegbewegen. Ein Rallye-Dakar-Programm ist sehr aufwändig und man müsste das mindestens als Zweijahres-Programm machen, um da richtig herein zu kommen. Das hat sich aber nicht so richtig ergeben, dass ich das machen konnte oder auch zu 100 Prozent wollte."
"Und im GT-Sport gibt es halt aus dem Volkswagen-Konzern kein vernünftiges Fahrzeug, mit dem man jetzt gewinnen könnte. Da muss man noch ein bisschen warten, bis der Lambo konkurrenzfähiger wird oder vielleicht kommt auch mal etwas anderes dazu. In dem Moment hatte sich kein Auto ergeben und Porsche ist mittlerweile auch sehr eng mit VW ergeben und deswegen konnte ich das machen. Und dann habe ich gesagt: okay, machen wir das."
Le Mans als Abschussrampe

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Hockenheim 2007: DTM-Abschiedsrennen von Christian Abt Zoom
Frage: "Wäre Le Mans, wo Audi groß engagiert ist, auch eine Option gewesen?"
Abt: "Ich bin in Le Mans gewesen. Ich habe mit Audi zehn tolle Jahre als Werksfahrer gehabt. Ich wollte einfach mal wieder auf der privaten Schiene etwas machen. Ich habe ja so ziemlich alles erreicht, was man im Motorsport erreichen kann. Ich will das jetzt aus Spaß machen und nicht mehr als Werksfahrer."
"Le Mans ist natürlich immer eine interessante Geschichte, ich bin auch beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring dabei. Aber Le Mans mit einem offenen Auto kommt für mich nicht in Frage. Ich habe immer so ein kleines Problem gehabt, mit einem offenen Auto in Le Mans zu fahren, weil mir der Sicherheitsstandard dort zu niedrig ist."
Frage: "Als wie gefährlich empfindest du das?"
Abt: "Es ist nicht völlig kriminell, aber wenn man irgendwo Problem hat... Sagen wir mal so: die in Le Mans tun sicher viel an der Rennstrecke, damit die Sicherheit gegeben ist, aber bei der Bauart dieser Fahrzeuge ist es einfach so, dass man weit über 300 fährt und wenn man dann einen Dreher oder einen Reifenschaden hätte, dann ist da immer das Problem, dass diese Autos gleich abheben und fliegen. Auf solche Abenteuer habe ich keine Lust mehr."
470 Audi-PS gegen 420 Porsche-PS
Frage: "Du hast deinen zukünftigen Porsche ja schon oft im Rahmen der DTM-Wochenenden fahren sehen. Wie fühlt es sich nun im Vergleich zu deinem DTM-Audi an, solch einen Porsche zu fahren?"
Abt: "Du kannst den DTM nicht mit dem Porsche vergleichen. Die DTM ist einfach die Topliga des Tourenwagensports. Ich glaube, es gibt auf der ganzen Welt nichts besseres als die DTM, von den Fahrzeugen her gesehen. Was aber schon ein bisschen überrascht hat ist, dass der Porsche, der ja eigentlich ein Straßenauto ist, dem man Slicks draufgezogen und ein paar andere Dämpfer reingebaut hat, so toll zu fahren ist."
"Das hat mir schon imponiert, weil man kann mit dem Auto sehr schnelle Rundenzeiten fahren und man hat sehr viel Spaß in dem Fahrzeug. Man hat die gleichen Topgeschwindigkeiten wie in der DTM, die Kurvengeschwindigkeit ist wegen der fehlenden Downforce natürlich niedriger und man muss auch früher bremsen, aber trotzdem habe ich verdammt viel Spaß."
Frage: "Musst du dich im Porsche an ein komplett anderes Fahrverhalten gewöhnen. Ist der GT3 ein brutaler Untersteuerer?"
Abt: "Das kann man alles ganz gut einstellen. Was sich wirklich im Verhältnis zum DTM-Auto ganz anders anfühlt ist, dass der Porsche wegen der heftigen Achslast hinten eine brutale Traktion hat. Das hat mich schon ein bisschen fasziniert, weil die Traktion bei dem Auto verdammt gut ist."
Weiter in der DTM aktiv
Frage: "Du wirst bei den DTM-Wochenenden in der bald startenden Saison auf der anderen Seite stehen und kannst deinen ehemaligen Kollegen von außen zuschauen. Was wird das für ein Gefühl sein?"
Abt: "Ich bin ja in der ganzen Geschichte bei Audi noch mit drin. Ich werde auch in diesem Jahr für Audi noch im Rahmen der DTM ein paar Tätigkeiten machen, speziell was den Umgang mit Fahrern betreffen wird. Wie das Programm genau aussehen wird und wie intensiv das sein wird, entscheidet sich in den kommenden zwei Wochen. Man wird mich sicherlich noch das ein oder andere Mal im DTM-Bereich sehen."
Frage: "Wirst du die Abt-Geschäfte mit deinem Bruder gemeinsam ganz normal weiterführen?"
Abt: "Das Geschäft ist ja zu 50 Prozent meines, die andere Hälfte gehört meinem Bruder. Wir machen das ganze zusammen. Das einzige was er alleine macht, ist das DTM-Rennteam Abt-Sportsline als Teamchef. Im Hintergrund bin ich immer mit dabei. Das wird sich nie ändern, das wird immer so bleiben."
Frage: "Es hieß kürzlich, dass du nur ein Jahr im Porsche machen möchtest und dann doch zu den GT-Autos wechselst. Wie konkret ist das?"
Abt: "Ich glaube, man sollte jetzt erstmal abwarten und schauen, wie groß der Spaßfaktor in dieser Serie ist. Ich bin ein Mensch, der sich im Team pudelwohl fühlt. Ich bin gut aufgenommen worden und sie geben sich sehr viel Mühe, damit ich schnell den Anschluss zur Spitze finden kann. Also das ich auf dem Level von Huismann, Armindo oder Alzen fahren kann, dafür tut das Team sehr viel und das schätze ich sehr. Wenn ich Spaß habe, dann muss das nicht bei einem Jahr bleiben, dann kann das durchaus auch länger sein."
Farbe der Hoffnung: Gelb!

© tolimit
Mann und Maschine: Christian Abt und sein nagelneuer tolimit-Dienstwagen Zoom
Frage: "Was ist denn in dieser Saison dein Ziel?"
Abt: "Erstmal den Anschluss finden, das ist klar. Ähnlich wie beim Häkkinen, da muss ich nämlich immer so lachen. Wenn die Formel-1-Fahrer in die DTM kommen, dann müssen die eben diesen Lernprozess durchmachen. Ich komme jetzt von der DTM in den Porsche-Carrera-Cup und mache mit Sicherheit auch diesen Lernprozess durch. Ich muss erstmal alles erkundschaften. Ich glaube aber, dass wir schon nach zwei oder drei Rennen den richtigen Speed finden und mein Ziel ist es auf jeden Fall, in diesem Jahr noch Rennen zu gewinnen - klar."
Frage: "Mit Ambitionen auf die Meisterschaft bist du vorsichtig?"
Abt: "Das wäre ja utopisch, wenn man so etwas behauptet. Ich weiß zwar, dass alle Voraussetzungen da sind, weil ich ein Team habe, das schon viele Meisterschaften gewonnen hat und die Leute um mich herum sind verdammt gut. Machbar ist das sicher, aber von meiner Seite aus bezweifle ich noch ein bisschen, dass das geht. Man braucht einfach ein bisschen Zeit."
Frage: "Nun bist du hier in den tolimit-Räumen und direkt neben dir steht dein neuer Rennwagen. Was hast du gedacht, als du ihn eben zum ersten Mal gesehen hat?"
Abt: "Das lustige an dem Auto ist, dass es fast genauso aussieht wie der Wagen, mit dem ich 1999 in der STW gefahren bin. Das war halt auch gelb mit ein bisschen rot und damit habe ich eine gute Erfahrung gemacht (Gewinn des STW-Meistertitels; Anm. d. Red.). Wenn ich eine Meisterschaft gewonnen habe, dann war es in Gelb."

