• 23.11.2019 13:21

  • von Roland Hildebrandt

VW Golf GTI W12-650 (2007): Der irre Golf mit Zwölfzylinder

Vergessene Studien: Vor zwölf Jahren schockte VW die Konkurrenz mit dem wahnsinnigen Golf GTI W12-650. Die GTI-Fans am Wörthersee waren begeistert

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Man kannte bereits Fünf- und Sechszylinder-Motoren im VW Golf. Aber ein Zwölfzylinder in einem Kompaktwagen? Das gibt's ja nicht. Wie will man so ein Monstrum im einem Kompaktwagen unterbringen?

Name: VW Golf GTI W12-650 (2007)
Premiere: GTI-Treffen am Wörthersee (Österreich), Mai 2007
Technische Daten: 6,0-Liter-Biturbo-W12, 650 PS, 750 Newtonmeter maximales Drehmoment, 3,7 Sekunden auf 100 km/h, 325 km/h Höchstgeschwindigkeit

Hintergrund:

Doch im Mai 2007 wurde ein solches Auto auf Basis des Golf VI beim alljährlichen GTI-Treffen am Wörthersee vorgestellt. Der VW Golf GTI W12-650 war als reines Showcar für die Veranstaltung konzipiert. Nie war ein Golf stärker, nie breiter, nie schneller.

Der Name W12-650 ist Programm: W12 steht für einen Zwölfzylinder in W-Form, also ein Aggregat aus zwei ineinander geschobenen V6-Motoren. Die Zahl danach bringt die Motorleistung von 650 PS zum Ausdruck.

Ganz leicht war es wohl nicht, den 6,0-Liter-Biturbo im rund 4,20 Meter langen Golf unterzubringen. Jedenfalls wurde der Motor längs direkt hinter Fahrer und Beifahrer eingebaut. Der GTI wandelte sich so zum klassischen Mittelmotorsportwagen.

Ein Sechsgang-Automatikgetriebe leitete die Kraft von maximal 750 Newtonmetern nicht wie beim Golf üblich an die Vorderachse oder an alle Räder, sondern an die Hinterachse. Dieser Antrieb katapultierte den GTI in 3,7 Sekunden auf 100 km/h. Theoretisch möglich war eine Spitzengeschwindigkeit von 325 km/h.

Auch an der Karosserie änderte sich einiges gegenüber dem normalen GTI. So war die W12-Version mit 1,88 Metern deutlich breiter als die Serie. Die Höhe nahm auf 1,42 Meter ab. Vorne hatte man 235er-Reifen im 19-Zoll-Format aufgezogen, hinten sogar 295er-Pneus.

VW Golf GTI W12 650 (2007)

VW Golf GTI W12 650 (2007) Zoom

Sie wurden auf Leichtmetallräder im Design der glanzgedrehten GTI-Felge ,Detroit" eingesetzt - hier allerdings aufgrund der gigantischen Reifendimensionen in Richtung Radnabe ,geschüsselt" und eigens angefertigt. So lag der Lochkranz mit den Radmuttern weitaus tiefer als der Felgenkranz.

Die Achsen wurden sieben Zentimeter weiter in die Karosserie geschoben; die Ausschnitte der Radhäuser und die gigantischen Radläufe gerieten so wie bei einem Coupé zu Bestandteilen der Schulterpartie. VW-Chefdesigner Klaus Bischoff sagte damals: ,Hinten ist das Showcar auf jeder Seite um 80 Millimeter breiter.

Die Karosserie des GTI steckt das aber locker weg. Wir haben hier ja schon beim Serienmodell eine starke Schulterpartie. Die konnten wir wie bei einem Sportwagen noch stärker nach außen ziehen."

Mit Blick auf die Fans am Wörthersee war wichtig, dass das Monster-Auto immer noch ein GTI bleibt. Aus diesem Grund wurden ansonsten möglichst viele Teile aus der Serie übernommen. Dazu gehörten die Scheinwerfer, die aufgrund der breiten Seitenschweller neu aufgehängten Türen, die Fronthaube und die Rückleuchten.

"Unsere größte Herausforderung war es", so Bischoff damals, "den Sechsliter-Mittelmotor mit ausreichend Luft zu versorgen, ohne dabei die Silhouette des GTI zu verwässern. Das stärkste Golf-Design-Element sind die C-Säulen.

Genau an dieser Stelle brauchten wir aber Strömungskanäle für die Motor-Kühlluft. Deshalb wurden die C-Säulen kurzerhand so umfunktioniert, dass sie die Luft zum Motor leiten. Wir haben dabei einfach die hinteren Seitenscheiben nach innen laufen lassen.

So entstanden zwischen den Scheiben und den C-Säulen links und rechts zwei Kanäle, durch die Luft zum Motor strömt. Den Rest holen wir uns vorn durch den riesigen Kühler und hier angeschlossene Kanäle sowie seitlich in den Lufteinlässen der Schweller."

Bei einem derart schnellen Wagen musste für ausreichend Abtrieb an der Hinterachse gesorgt werden. Einen riesigen Heckflügel wollten die Designer aus ästhetischen Gründen aber nicht auf den Wagen setzen.

Klaus Bischoff: "Dieser GTI trägt den Flügel nach innen. Das Dach ist Teil eines riesigen Diffusors, der für ausreichend Abtrieb an der Hinterachse sorgt. Es besteht aus Kohlefaser und leitet die Luft so über und unter dem Heckspoiler hindurch, um einen Anpressdruck wie im Motorsport zu erzielen." Vorn bekam der GTI W12-650 gewaltige Lufteinlässe, und hinten rahmten zwei verchromte Doppelendrohre den Luftauslass ein.

VW Golf GTI W12 650 (2007)

VW Golf GTI W12 650 (2007) Zoom

Im Interieur würde sich jeder GTI-Fahrer auf Anhieb zurecht finden, versprach VW anno 2007. Neu gestaltet wurden die Leder-Alcantara-Bezüge der Schalensitze. Drei runde Zusatzinstrumente im mittleren Bereich der Armaturen erinnerten ebenfalls an den Ur-GTI.

Aus dem Rennsport übernommen wurden die transparenten Flip-up-Schalterabdeckungen für Zentralfunktionen wie das abschaltbare ESP. Um Fehlbedienungen zu vermeiden, werden die transparenten Abdeckungen vor dem Aktivieren der jeweiligen Schalter zuerst mit dem Zeigefinger hochgeflippt.

Ebenfalls an den Rennsport erinnerte der anstelle des Handschuhfaches integrierte Feuerlöscher. Aus Gewichtsgründen komplett weggelassen wurden die Türverkleidungen. Hier kamen lediglich Gitter zum Einsatz, die ganz bewusst Einblick in das Innenleben der Türmechanik gewährten.

Weitere vergessene Studien:
Vergessene Studien: Alfa Romeo Carabo (1968)
Vergessene Studien: VW W12 Nardo (1997/2002)

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