• 04.09.2023 10:47

  • von Roland Hildebrandt

Seat 600 (1957-1973): Das "Bällchen" machte Spanien mobil

Wir alle kennen den Fiat 600, doch der "Seicento" machte nicht nur Italien mobil, sondern auch Jugoslawien und Spanien - Ein Rückblick auf den Seat 600

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Einst gingen Fiat-Autos um die Welt, in erster Linie der Fiat 124, der zum Lada wurde. Aber schon vorher wurde ein Italiener zum Globetrotter: der Fiat 600. Jener "Seicento" machte ab 1955 nicht nur Italien mobil, sondern später auch Deutschland (NSU-Fiat Jagst), Österreich (Steyr-Fiat), Uruguay, Jugoslawien (Zastava 850) und Spanien. Dort lief vor 50 Jahren der letzte Seat 600 vom Band.

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Seat 600 (1957-1973) Zoom

"Pelotilla" - zu Deutsch "Bällchen" - nennen die Spanier ihren kugeligen Volkshelden, der ihnen ab 1957 automobile Freiheit brachte und dem Land den Weg in die Moderne ebnete. Ähnlich wie etwa der VW Käfer steht der Seat 600 für das lokale Wirtschaftswunder, wenngleich unter Diktator Franco im bescheideneren Ausmaß. Und fast zeitgleich ging eine Ära zu Ende, Franco starb 1975.

Aber zurück von der Politik, hin zum Auto: 1957 präsentierte Seat den 600 auf Basis des Fiat 600 als zweites Modell der Marke. Die Markteinführung fiel in eine Zeit, in der viele Menschen in Spanien noch ohne Auto auskommen mussten und oft nur ein Moped, ein Motorrad oder gar nur einen Eselskarren zur Fortbewegung zur Verfügung hatten. Auf 1.000 Einwohner kamen gerade einmal drei Autos.

Mit dem 600 bot die Marke nun erstmals ein kompaktes und massentaugliches Auto in Spanien an. 65.000 Peseten kostete das Modell anfangs, was damals immerhin 3,5 spanischen Jahresdurchschnittslöhnen entsprach. Dennoch war der 600 vom Start weg ein Erfolg. Bereits 1958 verzeichnete Seat rund 100.000 Vorbestellungen für den Kleinwagen.

Der spanische 600 hatte anfangs wie sein italienischer Bruder einen 21,5 PS (nach heutiger DIN-Norm 18 PS) starken Vierzylinder mit 633 Kubikzentimetern Hubraum im Heck. Das reichte für 95 km/h. Durch sein geringes Leergewicht von nur 580 Kilogramm war der Kleinwagen dennoch vergleichsweise flott unterwegs.

Die gewonnene Mobilität nutzten die Spanier für Wochenendausflüge oder die Fahrt mit der ganzen Familie in den Urlaub. Denn trotz seiner geringen Abmessungen von rund 3,33 Metern Länge und 1,38 Metern Breite bot der Seat 600 dank seiner selbsttragenden Karosserie viel Platz im Innenraum.


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Auf Basis des 600 entwickelte Seat im Laufe der Jahre immer wieder neue Konzepte - darunter eine Transporter-Variante und das viertürige Modell 800. Letzteres blieb mit rund 18.000 Exemplaren jedoch eher eine Randerscheinung und zählt heute zu den seltenen und gesuchten Derivaten des 600.

Vom Ursprungsmodell selbst sind jedoch noch zahlreiche gut erhaltene Exemplare auf Spaniens Straßen unterwegs. Zum 60. Geburtstag des Modells lud Seat im Jahr 2017 zu einem Weltrekordversuch auf den Circuit de Barcelona-Catalunya. Mit 787 Fahrzeugen wurde es das größte 600-Treffen in der Geschichte der Marke.

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Während der 16-jährigen Bauzeit erfuhr das Modell immer wieder kleine Änderungen und Verbesserungen. Der 600 D von 1963 war mit einem 767-Kubik-Motor mit 25 PS (nach DIN) ausgestattet. Die Version 600 L Special von 1972 hatte bereits 28 PS (nach DIN-Norm). Ab 1970 sorgte zum Beispiel der Seat 600 E für noch komfortablere Mobilität. Seat ersetzte die nach hinten öffnenden "Selbstmördertüren" durch zeitgemäße, nach vorn angeschlagene Türen.Als Fiat Jagst 770 fanden diese späteren Modelle sogar ihren Weg nach Deutschland.

Bis zur Einstellung der Produktion erfreute sich der Seat 600 stets großer Beliebtheit. Noch 1972, im Jahr vor dem Produktionsende, lieferte das Werk Barcelona fast 70.000 Fahrzeuge aus. Insgesamt verließen von 1957 bis 1973 rund 800.000 Fahrzeuge die Werkshallen. Zum Nachfolger wurde der Seat 127 auf Basis des Fiat 127.

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