• 11.03.2024 11:11

  • von Roland Hildebrandt

Renault Siete/7 (1974-1983): Spanisches Stufenheck

Kaum einer weiß es: Den ersten Renault 5 gab es auch mit Stufenheck, allerdings nur in Spanien - Wir erzählen die Geschichte des Siete alias Renault 7

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Der neue Renault 5 E-Tech Electric hat bei seiner kürzlich erfolgten Weltpremiere für viel Furore gesorgt, angeblich gibt es bereits 50.000 Interessenten. Kein Wunder, schließlich greift der kommende Elektro-Kleinwagen die Optik des ersten R5 auf, der 1972 erschien. Eine ideale Gelegeneit, um auf einen kaum bekannten Ableger des Urmodells zu blicken: Vor 50 Jahren erschien der Renault Siete/7 mit Stufenheck.

Titel-Bild zur News: Renault 7 (1974-1983)

Renault 7 (1974-1983) Zoom

Aber wir gehen noch ein wenig weiter zurück: Als geistiger Vater des Renault 5 gilt Bernard Hanon. Unter seiner Regie startet der Kompaktwagen im Jahr 1967 seine Karriere als "Projekt 122". Hanon kommt frisch aus den Vereinigten Staaten, wo er neben seiner Arbeit für Renault als Professor für Management an der New York University tätig war. Von dort bringt er zwei Erkenntnisse mit: Dass die junge Generation ein Faible für das Unkonventionelle hat, und dass die Gesellschaft vor tiefen Umbrüchen steht. Die wenig später einsetzende Studentenrevolte wird ihm recht geben.

Pierre Dreyfus, der Vorstandsvorsitzende der Renault S.A., verlangt von seinen Entwicklern ein Auto, das junge Menschen, kleine Familien, Zweitwagenbesitzer und vor allem Frauen anspricht. Der neue Wagen soll wie der Renault 4 eine große Heckklappe haben, aber moderner und jugendlicher aussehen.

Außerdem soll er klein genug sein, um flott durch den Großstadtverkehr zu wuseln, und über einen variablen Innenraum verfügen, um große Einkäufe, Urlaubsreisen und lange Wochenenden zu zweit zu bewältigen. Um Kosten zu sparen und den Wagen preislich auch für Fahranfänger attraktiv zu machen, ist die technische Verwandtschaft zum Renault 4 ausdrücklich erwünscht.

Renault-Designchef Gaston Juchet beauftragt Michel Boué, seinen jüngsten Mitarbeiter, mit der Gestaltung des Neulings. Bereits der zweite Entwurf des talentierten Nachwuchsdesigners überzeugt derart, dass er mit nur wenigen Retuschen zur Grundlage für den Typ 122 wird. Boué konzipiert den kleinen Renault als "ein Auto, das in der Lage ist, soziale Grenzen zu überschreiten - weil sich die Frau von Welt, der Arzt und der Arbeiter mit ihm vor einer roten Ampel treffen und sich dabei gleichermaßen wohlfühlen können", so der Designer.

Damit trifft der 3,51 Meter lange Renault 5 voll den Nerv der Kunden, die derart begeistert sind, dass Renault alle Mühen hat, mit der Flut von Bestellungen fertigzuwerden. In Deutschland wird die ursprünglich für Frühjahr 1973 vorgesehene Markteinführung auf Herbst 1972 vorverlegt.


Fotostrecke: Renault Siete/7 (1974-1983)

Nach seinem Marktstart ist der Renault 5 zunächst exklusiv als Zweitürer erhältlich. Dem internationalen Erfolg des kleinen Schrägheckmodells tut dies keinen Abbruch. Was in West- und Mitteleuropa ausgezeichnet ankommt, trifft jedoch nicht so sehr den konservativen spanischen Geschmack. Südlich der Pyrenäen sind lange Zeit vor allem Stufenhecks und Chromzierrat gefragt.

Ursprünglich soll der Renault 5 in drei Karosserievarianten gebaut werden: als drei- und fünftürige Schräghecklimousine sowie als viertürige Stufenhecklimousine.

Von der Limousine werden zwar Prototypen bis zur Serienreife entwickelt, aber im letzten Moment eingestellt. Gründe dafür könnten gewesen sein, dass sie Kunden vom Kauf des größeren Renault 6 abgehalten hätte, aber auch, dass sie durch das Fehlen des markanten Hecks das Image des R5 als kompakten Kleinwagen verwässert hätte.

Da aber bereits Anlagen für eine Produktion in Frankreich angeschafft worden sind, entscheidet man sich, die Produktion bei der spanischen Renault-Tochter FASA in Valladolid als Renault Siete für Südeuropa zu beginnen, da dort ein anderes Kaufverhalten als in Mitteleuropa herrscht.

Entsprechend den besonderen Ansprüchen des heimischen Marktes bringt man also in Spanien 1974 eine höchst eigenständige Interpretation auf den Markt: Der Radstand wächst um zehn Zentimeter, das Heck trägt einen klassischen Stufenheck-Kofferraum mit 400 Liter Volumen, das gesamte Fahrzeug ist 3,89 Meter lang.

Und die fortan bis 1979 "Siete" (Spanisch für sieben) getaufte Renault-5-Variante erhält als erstes Modell der Baureihe vier Türen. Die im Rest-Europa mit großer Begeisterung aufgenommenen Kunststoffstoßfänger weichen auf der Iberischen Halbinsel verchromten Stahlstoßstangen, und anstelle der elegant in Griffmulden verborgenen Türöffner gibt es konventionelle, aufgesetzte Türgriffe in Chrom mit Druckknopf. Als Antrieb des Renault Siete dient ein Vierzylinder-Benziner mit 1.037 ccm Hubraum, der 37 kW (50 PS) leistet.

Renault 7 (1974-1983)

Renault 7 (1974-1983) Zoom

Auch wenn der Renault Siete die Design-Puristen nicht restlos überzeugt, ist er doch dem optisch wesentlich ansprechenderen Original in einem weit voraus: Vier Türen gibt es beim Renault 5 erst ab Ende 1979 - dann übrigens mit den braven Türgriffen des Spaniers.

Mit der dezenten Überarbeitung des Renault 5 im Sommer 1978 wurde auch der Renault Siete überarbeitet und Mitte 1979 als Renault 7 vorgestellt. Die fünftürige Version des R5 ging planmäßig erst im Sommer 1979 als Ergänzung zum Dreitürer in Serie. 1981 erschien der Renault 7 als GTL mit einem 1,1-Liter-Motor, der 33 kW (45 PS) leistete.

Nach exakt 159.533 Exemplaren endet die Produktion des R7 im Januar 1983. Einen direkten Nachfolger gibt es nicht. Dafür erneut eine ungerade Nummer mit Stufenheck. Nämlich den 1981 eingeführten, rund vier Meter langen Renault 9.

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Auf dem R9 basiert übrigens auch der Renault 5 der zweiten Generation. Mit dem Modelljahr 1984 endet die Karriere des ersten Renault 5 der ersten Generation. Nach 5.544.695 produzierten Fahrzeugen in 13 Jahren steht mit dem "Supercinq" ("Super 5") erneut ein komplett neu konstruierter Nachfolger auf dem Pariser Salon bereit. Hier verzichtet man aber auf ein eigenes Stufenheck.

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