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Ford Escort (1990-2000): Klassiker der Zukunft?
Angetreten, um den Golf von Platz 1 zu verdrängen, haben nur einige die Zeit überlebt - Taugt der letzte Ford Escort als Klassiker der Zukunft?
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.
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Ford Escort (1990-2000) Zoom
Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen.
Wenn Sie jetzt kurz durchatmen und denken, 'puh, wenigsten einer, der nicht in irgendeiner Art und Weise unpassend wiederbelebt wurde', gibt es dieses Mal leider keine Entwarnung: ist nämlich schon passiert, als Kompaktlimousine auf Basis des Ford Focus für China. Doch das Unterfangen war nicht ganz so unpassend wie vergangene und aktuelle Namensgebungen. (Stichwort Capri ...)
Und bevor wir jetzt alle schlechte Laune bekommen, beschäftigen wir uns lieber mit den glorreichen Tagen von Ford, als die in Köln noch ihr eigenes Süppchen kochten und durchaus gute Entscheidungen trafen.
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Ford Escort (1995) Zoom
Denn zumindest einige Varianten von unserem heutigen Klassiker der Zukunft sind nicht auf dem Wege dahin, sie sind schon längst welche. Und sie werden immer knapper. Die Rede ist natürlich vom damaligen Golf-Jäger Nummer eins, dem Ford Escort ab 1990. Offiziell Modelle '91, '93 und '95 genannt, unter Fordlern aber auch MK5, MK6 und MK7 bezeichnet.
Escort auf die Eins?
Golf-Jäger Nummer eins? Ja, so angriffslustige Worte fand der damalige Ford-Deutschland-Chef John Hardiman damals: "Ich wünsche mir, dass es hier wieder zu einem richtigen Dreikampf der deutschen Großserienhersteller kommt" - eine Kampfansage an VW Golf und Opel Kadett. Heute wären die Verantwortlichen in Köln wohl froh, wenn sie sich überhaupt noch dazu zählen dürften.
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Ford Escort (1990) Zoom
Nach zehn Jahren und einem zaghaften Facelift wird der Escort MK4 1990 endlich von einem Nachfolger abgelöst. Vorbei die Zeit, in der seine eckige Karosserieform noch an Zeiten von Taunus und Granada erinnert. "Das Diktat des Windkanals hat alle Escorttypischen Ecken und Kanten weggebügelt", schreibt der ADAC. Doch eine vollständige Revolution gibt es nicht. Fast schon urdeutsch fasst Ford wie damals Adenauer den Schluss: Keine Experimente! Der Escort wird kurviger, stromlinienförmiger wie Sierra und Scorpio, seine stummelheckartige DNA bleibt dennoch bestehen.
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Ford Escort Cabriolet (1997) Zoom
Insgesamt kostet der Angriff auf die Spitze satte 2,5 Milliarden Mark. So viel wie kein Ford vor ihm. Das Ergebnis ist ein von den Außenmaßen ähnlich großer Kompakter mit verlängertem Radstand und dadurch großzügigem Raumangebot. Auch das Fahrverhalten wird stabiler, dynamischer und gleichzeitig komfortabler. Und ein weiteres Novum schafft der Escort: er besitzt mit dem 1,8-Liter Endura-DE den ersten Großserien-Saugdiesel mit Oxidationskatalysator, der mit 60 PS angeboten wird.
Das hilft für die Freigabe zum Fahren an ozonreichen Sommertagen. Ford setze voll auf "Umweltverträglichkeit", so ebenfalls der ADAC. Wenn die damals gewusst hätten, was heute alles zur "Umweltverträglichkeit" nötig wird.
Zwar werden einige Motoren, wie die 1,4- und 1,6-Liter-CHV mit 71 und 105 PS zunächst der MK4-Pallette entnommen, doch auch die zeigen sich dankbar gegenüber der windgünstigen Gestaltung und landen bei humanen Langstreckenfahrweisen weit unter der magischen Sieben-Liter-Marke, wie ich bei meinen Escorts auf etlichen Fahrten durch Europa miterleben durfte. Im Verlauf seiner Karriere hinzu kommen der 1,3-Liter-OHV aus dem Fiesta mit 60 PS, die spritzigen 1,6-, 1,8-Liter 16V mit 90, 105 und 115 PS und ein Turbodiesel mit 90 PS.
Mit dem Gedanken der Eroberung der Eins kam auch die für-jeden-Topf-einen-Escort-Strategie. Die Fließheckversionen gab es drei- und fünftürig, hinzu gesellten sich ein Turnier, ein Cabriolet, die Limousinen-Version namens Orion und ein kleiner Lieferwagen, genannt Express. Damit war das Angebot reichhaltiger als bei der Konkurrenz. Sparfüchse kauften CL oder CLX, der betuchte Rentner den Ghia, die fünfköpfige Familie den Kombi.
Der mit dem Golf tanzt
Und an noch etwas hatte Ford mächtig Spaß: Sportversionen. Der Escort bietet ganze drei. Eingefleischte GTIler und GSIler damals mögen zumindest zwei von ihnen nicht besonders. Ford klassisch kommt der MK5 anfangs als sportlich-komfortabler XR3i mit 1,6-Liter CHV, der später durch den 1,8-Liter-Zetec 16V und 130 PS abgelöst und auch im Cabrio seine Arbeit verrichtet.
Kräftiger geht mit dem RS2000 voran. Eingesetzt wird ein überarbeiteter 2,0-Liter-DOHC aus dem Sierra mit 150 PS, inklusive vier Scheibenbremsen und Recaro-Innenausstattung. Ab 1995 sogar in einer auf 500 Einheiten limitierten "F1-Edition".
Doch selbst da ist noch nicht Schluss, schließlich braucht Ford ein Homologationsmodell für die Rallye-WM. Auftritt Ford Escort RS Cosworth. Ein turboaufgeladener, längs eingebauter 2,0-Liter-DOHC katapultiert den "Cossi" per Allradantrieb in guten sechs Sekunden auf 100.
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Ford Escort RS Cosworth Zoom
Wie Sie ihn erkennen? Am brutalsten Heckspoiler der 1990er Jahre und den dicken Backen. Viel Erfolg bei der Suche nach einem unberührten Originalstück unterhalb der 80.000-Euro-Grenze. Klassiker sind inzwischen jedoch alle drei. Auch ein guter RS2000 wird inzwischen fünfstellig gehandelt.
Kurze Halbwertzeit
Zwar läuft der Escort noch als Escort Classic bis ins Jahr 2000 weiter, lange hält er seine ursprüngliche Form jedoch nicht bei. Schon 1993 werden Frontpartie und Heck überarbeitet. Es kommen ein ovaler Grill und rundere, zweiteilige Heckleuchten. Zusätzlich erhält der Kompakte bessere Crash-Eigenschaften, einen serienmäßigen Airbag und eine überarbeitete Motorenpalette, um die Kluft zum Kadett-Nachfolger Opel Astra nicht zu groß werden zu lassen und weiterhin modern zu wirken. Ford spricht hier von einem ganz neuen Modell.
Nur zwei Jahre später folgt 1995 die nächste Überarbeitung, für Ford ebenfalls ein neues Modell. Der MK7 erscheint vor allem an der Front und den Stoßfängern noch einmal rundlicher. An der Silhouette ist jedoch an allen von MK5 bis MK7 erkennbar, dass es sich hier um eine stete Weiterentwicklung handelt. Denn diese ist über die Jahre nahezu identisch geblieben.
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Bild aus glorreicheren Tagen: 1. FC Köln 1995 mit Ford Escort Cabriolet Zoom
Skurril ebenfalls, dass die Heckpartien von Turnier und Express über alle Facelift-Phasen die vom Einführungsmodell bleiben. Der Innenraum wirkt jetzt rundlicher, verspielt nahezu. Der Escort passt sich der Sprache des Fiesta und des Mondeo an.
Doch schon bald wirkt auch der gerade wegen der Neuankömmling VW Golf 4 und Opel Astra G wie aus einer anderen Zeit. Die Folge des bemängelten Mutes meiner damaligen Kollegen zu Anfang eher auf eine Evolution gesetzt zu haben? Die Revolution folgt nun acht Jahre später.
Ford weitet 1998 sein beim Ka integriertes New-Edge-Design auf die Kompaktklasse aus und setzt mit dem Focus auf einen komplett neuen Nachfolger. 1992 laufen 337.682 Escort vom Band. Zum Vergleich: Im 1. Halbjahr 2024 wurden in Europa insgesamt nur 243.400 Einheiten abgesetzt. Seine beiden Konkurrenten vom Thron stoßen konnte der Escort trotzdem nie.
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Inzwischen haben Rost, Abwrackprämie und vor allem Tuning-Basteleien dem Bestand des anfänger- und familienfreundlichen Escort deutlich zugesetzt. Gute, unberührte Modelle mit 1,4- oder 1,6-Liter-CHV gibt es derzeit noch unter 3.000 Euro. Das sind oft die, die pfleglich behandelt wurden.
Anders als die beliebten 1,6er und 1,8er, auf die sich um die Jahrtausendwende unter anderem auch die gefühlte Hälfte meiner Berufsschulkollegen stürzte. Warten Sie also nicht allzu lang. Der Escort ist technisch noch immer ein äußerst agiler und langlebiger Daily Driver, der bei guter Rostvorsorge zum dankbaren Klassiker taugt.