Sofuoglu: Am Rennwochenende hat der Ramadan Pause

Der Türke Kenan Sofuoglu ist auf dem Weg zu seinem dritten Supersport-WM-Titel und gibt Einblick in seine Rituale als Moslem und Rennfahrer

(Motorsport-Total.com) - Kenan Sofuoglu befindet sich nach diversen Schicksalsschlägen im Verlauf der zurückliegenden Jahre auf dem Weg, nach 2007 und 2010 zum dritten Mal die Supersport-Weltmeisterschaft zu gewinnen. In Diensten des Lorenzini-Kawasaki-Teams führt der Türke bei noch drei ausstehenden Saisonstationen die Gesamtwertung an und glaubt, "im derzeit besten Team zu fahren". Seine beiden bisherigen Titel hatte Sofuoglu auf einer Honda eingefahren.

Titel-Bild zur News: Kenan Sofuoglu

Kawasaki-Pilot Kenan Sofuoglu steht vor seinem dritten Supersport-WM-Titel Zoom

Die Karriere des heute 28-Jährigen verlief nicht immer reibungslos. Als jüngster von drei Brüdern hatte Kenan genau wie Bahattin und Sinan einen schweren Stand, da Motorradfahren lange Zeit als zu gefährlich erachtet wurde. "Natürlich ist der Rennsport gefährlich, genau wie auch das Leben gefährlich ist", sagt der zweifache Supersport-Weltmeister und erinnert sich, dass in Bezug auf ihn und seine beiden ebenfalls Rennen fahrenden Brüder "oft nicht verstanden wurde, dass wir auf speziellen Strecken antreten und einen speziellen Sport ausüben".

Als sein ältester Bruder Bahattin im Jahr 2002 ums Leben kam, nachdem er als Fußgänger im Straßenverkehr von einem Auto erfasst wurde, änderte sich die Sichtweise auf die Familie Sofuoglu, wie Kenan betont: "Die Leute haben auf einmal realisiert, dass Bahattin auf der Straße umgekommen ist, obwohl er zuvor jahrelang Rennsport betrieben hat. Der Druck auf meine Familie ließ ab diesem Zeitpunkt nach und das Rennfahren wurde akzeptiert."

Als der frischgebackene Supersport-Weltmeister in der Saison 2008 sein einziges Jahr in der Superbike-Weltmeisterschaft absolvierte, war sein älterer Bruder Sinan in der Türkischen Meisterschaft unterwegs. Bei einem Trainingsunfall auf dem Izmit Circuit ließ Sinan Sofuoglu im Mai 2008 sein Leben und Kenan erinnert sich heute rückblickend, dass "dies meine schwierigste Zeit" war.

Der Abstecher in die Superbike-WM war mit dem 18. Gesamtrang nicht von Erfolg gekrönt und so kehrte Kenan Sofuoglu für die Saison 2009 in die Supersport-WM zurück. Im Jahr 2010 holte er sich zum zweiten Mal den Titel und trat in Estoril und Valencia mit einer Wildcard in der Moto2-WM an. Nach einer vollen Moto2-Saison 2011, die im Zeichen eines weiteren Schicksalsschlags (sein Vater verstarb nach schwerer Krankheit) stand, kehrte Sofuoglu für die laufende Saison erneut in der Supersport-WM zurück.

Trotz eines schweren Testunfalls in Imola, bei dem er erhebliche Knieverletzungen davontrug, geht Sofuoglu unbeirrt seinen Weg und will sich am Ende des Jahres zum dritten Mal die Supersport-Krone aufsetzen. "Ich hatte innerhalb von vier oder fünf Monaten drei Operationen. Die letzte davon verlief aber wirklich zufriedenstellend und seither habe ich keine Probleme mehr", so der 28-Jährige.

Als Moslem begeht Sofuoglu selbstredend auch den Fastenmonat Ramadan. Am Rennwochenende macht er allerdings eine Ausnahme, wie er offenbart. "Für einen Moslem ist der Ramadan der wichtigste Monat im Jahr. Für mich ist es teilweise aber etwas schwierig, denn im Sommer sind die Tage ohnehin lang und heiß, sodass ich am Rennwochenende jeweils von Freitag bis Sonntag normal esse und trinke. Mein Körper braucht dann einfach die Energie."

So hat Sofuoglu einen eigenen Weg gefunden, wie er die muslimischen Rituale mit seinem Job als Rennfahrer in Einklang bringt. "Wenn der Ramadan zu Ende ist, habe ich noch sechs Tage, die ich mir für die zwei Rennwochenenden 'ausgeliehen' habe. Also lege ich im Anschluss an den Ramadan sechs zusätzliche Fastentage ein", so der Türke.