• 27.11.2007 18:07

  • von Pete Fink

Who is... Dale Earnhardt Jr.? (2)

Warum ist Dale Earnhardt Jr.der absolute NASCAR-Superstar? - 'Motorsport-Total.com' schildert die Hintergründe seiner jüngeren NASCAR-Karriere

(Motorsport-Total.com) - Im ersten Teil des Specials über Dale Earnhardt Jr. erfuhren die Leser von 'Motorsport-Total.com' vieles über den Werdegang des NASCAR-Superstars. Der zweite Teil beschäftigt sich mit den Geschehnissen seit dem Tod des Vaters und versucht zu erklären, warum Dale Earnhardt Jr. in den USA so unglaublich populär ist.

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. wird 2008 nicht mehr im roten Budweiser-Chevy sitzen

Nach dem tragischen Unfalltod seines berühmten Vaters Dale Sr. hatte der damals 26-Jährige Dale Earnhardt Jr. eine große Lücke zu füllen. War ihm bislang der Spitznamen "Little E" zuteil geworden, so gab es nach dem 18. Februar 2001 keinen Grund mehr ihn so zu nennen, denn er war nun der einzige aus der Earnhardt-Dynastie, der die Familientradition in der NASCAR aufrecht erhalten musste.#w1#

Für "Junior" galt es nun, notgedrungen endgültig aus dem Schatten des Vaters heraus zu treten. Schwer genug, denn in seiner gesamten Karriere spielten familiäre Bindungen immer eine wesentliche Rolle. Zu diesem Zeitpunkt war sein Cousin Tony Eury Jr. der Car-Chief am Earnhardt-Auto, dessen Vater Tony Eury Sr. sein Crew-Chief im Familienunternehmen Dale Earnhardt Inc., für das er nach wie vor an den Start ging.

Gleich im ersten Rennen nach dem Tod des Vaters erschreckte Dale Jr. die Massen, denn er setzte in Rockingham seinen Chevrolet mit einem ganz ähnlich aussehenden Unfall in die Mauer, blieb jedoch völlig unverletzt. Seine drei Siege in diesem Jahr waren allesamt sehr emotional. Er gewann das Juli-Rennen von Daytona, in Dover das erste NASCAR-Event nach den Terroranschlägen des 11. September und schließlich in Talladega, just an dem Ort, an dem Dale Sr. sein letztes Cup-Rennen gewinnen konnte.

Viele emotionale Siege

Talladega Bump Drafting

In Talladega gewann Dale Earnhardt Jr. gleich vier Cup-Rennen am Stück Zoom

Talladega war auch im Jahr 2002 der Superspeedway, an dem Dale Jr. seine einzigen beiden Saisonrennen gewinnen konnte. Er erlitt bei einem Unfall in Fontana im April des Jahres eine schwere Gehirnerschütterung, die er erst im Spätsommer zugab und die seine Saison mehr beeinflusste, als er vielleicht wahrhaben wollte.

2003 war er dann gesundheitlich wieder voll auf der Höhe, was sich auch im Gesamtklassement bemerkbar machte, denn mit Rang drei holte er sich hinter Matt Kenseth und Jimmie Johnson seine beste Platzierung im Gesamtklassement überhaupt. Dabei lag er über die Hälfte des Jahres in der ersten Verfolgerposition des späteren Meisters.

Am 15. Februar 2004 gewann Dale Jr. im fünften Anlauf dann in Daytona das "Great American Race". Es war vor allem deswegen ein sehr emotionaler Sieg, da Dale Sr. auf den Tag genau sechs Jahre zuvor sein einziges Daytona 500 für sich entscheiden konnte. Damit waren die Earnhardts nach Lee und Richard Petty, sowie Bobby und Davey Allison erst die dritte Vater-/Sohnkombination, die in Daytona die Oberhand behalten konnten.

Earnhardt Jr. sagte damals übrigens selbst, dass ihn sein Nachname nicht belasten würde. "Ich denke über meinen Familiennamen nicht besonders nach. Ich bin einfach stolz auf meine Familie. Ich bin stolz auf meinen Vater und auf meinen Großvater und auf das, was sie erreicht haben."

Fehlgeschlagenes Experiment

Tony Eury Jr. Dale Earnhardt Jr.

Tony Eury Jr. (li.) wird Dale Earnhardt Jr. auch zu Hendrick Motorsports folgen Zoom

Jeff Gordon hat dazu eine etwas andere Meinung: "Für Dale Jr. ist es ein ganz anderes Szenario. Er steht unter gewaltigem Druck seitens der Fans seines Vaters, seiner eigenen Fans und seitens der Medien. Sein Name alleine generiert schon Druck. Für ihn wäre es eine wahnsinnige Erleichterung, die Meisterschaft zu gewinnen, um das alles hinter sich zu lassen."

2004 jedenfalls reichten seine sechs Saisonsiege und 21 Top-10-Platzierungen nicht zum Titel. Es war das erste Jahr des neu eingeführten Chase-Systems und "Junior" ging zwar als Dritter in die Entscheidung, doch zwei Ausrutscher hintereinander, in Martinsville und Atlanta, warfen ihn in den Playoffs weit zurück.

Im Jahr darauf versuchte man ein etwas gewagtes Experiment, in dem man seinen Crew-Chief Tony Eury Jr. an das Auto von Teamkollege Michael Waltrip abzog, was aber gründlich in die Hose ging. "Junior" erreichte nur einen einzigen Saisonsieg in Chicago. Das reichte nicht einmal für die Qualifikation zum Chase und er beendete eine enttäuschende Saison auf Rang 19.

Zwar gestalteten sich die Dinge in der Saison 2006 - dann wieder mit Tony Eury Jr. am Earnhardt-Auto - ein wenig besser, doch auch in diesem Jahr gelang ihm nur ein einziger Sieg im Frühjahrsrennen von Richmond. Immerhin erreichte er die Qualifikation zum Chase und regelmäßige Zielankünfte sorgten für einen vierten Platz, aber unter der Oberfläche brodelte es im DEI-Lager bereits gewaltig.

Earnhardt Jr. versus böse Stiefmutter

Teresa Earnhardt

Mit Stiefmutter Teresa Earnhardt tobte in diesem Jahr ein heftiger Machtkampf Zoom

Der Wirbelsturm brach dann auch in der amerikanischen Öffentlichkeit los, als Stiefmutter Teresa, gleichzeitig auch Chefin im Familienunternehmen Dale Earnhardt Inc., ein harziges Interview im 'Wall Street Journal' gab, in dem sie öffentlich forderte, dass sich Dale Jr. entscheiden müsse, ob er "ein Rennfahrer oder eine öffentliche Persönlichkeit" sein wolle. Mit anderen Worten: Sie zog in Zweifel, ob ihr Stiefsohn genügend Fokus auf seine sportlichen Ziele legen würde.

Die Earnhardt-Antwort kam prompt: "Die Beziehung zwischen Teresa und mir war immer schwarz-weiß und ziemlich direkt", erklärte "Junior" in Daytona. "Es ist, was es ist, es ist nicht auf Rosen gebettet" und deutete seinerseits erste Führungsansprüche am Familienunternehmen Dale Earnhardt Inc. an.

"In meiner Position wäre so etwas logisch", so Dale Jr. "Ich will sehr in die Firma involviert sein. Aber ich muss das tun, was ich tun muss, und ich will die Meisterschaft gewinnen." Seine Schwester und Managerin Kelley legte kurz darauf einen Schub hinterher.

"51 Prozent wäre eine gute Zahl, denn damit hätten wir die Kontrolle", hieß es im Frühjahr und damit war die Katze mehr oder weniger aus dem Sack - es ging im Prinzip nur um die Machtverhältnisse. "Wir nehmen auch gerne 75 oder 95 Prozent, je nachdem, was wir aushandeln können. Aber mit 51 Prozent hätten wir die Kontrolle - und wir wollen die Kontrolle."

Hendrick-Episoden wirklich nur Zufall?

Kyle Busch Dale Earnhardt Jr.

Fliegender Hendrick-Wechsel: Kyle Busch geht - Dale Earnhardt Jr. kommt Zoom

Für viele Amerikaner eine durchaus legitime Angelegenheit, denn immerhin handelte es sich dabei um zwei direkte Abkömmlinge des große Dale Sr., aber Teresa blieb stur wie ein andalusisches Maultier. Es gibt keine Augenzeugenberichte über die internen Verhandlungen des Earnhardt-Clans, aber eine Begebenheit, Mitte April, erscheint in der Rückwärtsbetrachtung ebenfalls sonderbar, als nämlich Dale Jr. in Texas den Hendrick-Chevrolet von Kyle Busch über die Ziellinie fuhr.

Der hatte sich nach einem Unfall vorzeitig von der Rennstrecke entfernt, da er der Meinung war, seine Crew würde das Auto nicht mehr reparieren können. Der Budweiser-Chevrolet von "Junior" war ebenfalls gestrandet und er zögerte keine Sekunde, als er um Hilfe gebeten wurde.

Er habe viele Freunde bei Hendrick, erklärte Dale Jr. damals unschuldig: "Sie haben mich um einen Gefallen gebeten, von daher konnte ich nicht einfach 'Nein' sagen." Mit einem Wechsel zu Hendrick habe das jedenfalls nichts zu tun, doch einige Menschen waren dort schwer beeindruckt.

"Junior hat keine Sekunde gezögert. Dale ist ein wahrer Sportsmann. Diese Tat sagt sehr viel über seinen Charakter", so äußerte sich beispielsweise Alan Gustafson, der damalige Crew-Chief von Kyle Busch, der in der kommenden Saison am Hendrick-Auto von Casey Mears arbeiten wird.

Abschied von DEI

Dale Earnhardt Jr. Hendrick

Dale Earnhardt Jr. testete in Atlanta bereits einen Hendrick-Chevrolet Zoom

Später gab es in Talladega erneut einen öffentlichen und hoch freundschaftlichen Kontakt zwischen Dale Jr. und einem Hendrick-Piloten. Diesmal war es Jeff Gordon, der seinen 76. Karrieresieg mit einer Flagge von Dale Sr. feierte, da er just die Erfolge des Earnhardt-Vaters egalisieren konnte.

"Ich weiß, dass einige Fans meines Vaters keine großen Jeff-Gordon-Anhänger sind", erklärte Dale Jr. vor laufenden Kameras. "Aber er und mein Dad waren Geschäftspartner in vielen Dingen und arbeiteten mehr zusammen als die meisten Menschen wissen. Ich sah ihn mit der Flagge auf dem großen Schirm und freute mich."

Es dauerte keine zwei Wochen mehr, bis Earnhardt Jr. verlauten ließ, dass der DEI verlassen würde und der Grund war ein Einziger: "Meine Entscheidung zu gehen basierte einzig und alleine aufgrund der Beziehung zu meinem Owner. Teresa und ich können uns nicht in die Augen schauen. Ich wünschte, wir könnten es, aber es geht nicht."

Eine Schockwelle erfasste die USA und vier Wochen später wurde dann das neue "Dream-Team" bekannt gegeben, denn Earnhardt Jr. wechselte in das Lager von Hendrick Motorsports und fährt ab der Saison 2008 neben Jeff Gordon und Jimmie Johnson - also in einem Team mit den beiden, von den Die-Hard-Fans, so ungeliebten Kaliforniern.

Dies wird mit Sicherheit eine der hochinteressanten Konstellationen werden und man darf gespannt sein, wie sich der Südstaatler Earnhardt im Vergleich zu den coolen California-Boys schlagen wird. Viele sind der Meinung, dass seine ungeheure Popularität durch diesen Wechsel Schaden nehmen wird.

Bei Hendrick keine sportlichen Ausreden mehr

Dale Earnhardt Jr. Richmond 2006

Bis heute ist Richmond 2006 der letzte Einzelsieg von Dale Earnhardt Jr. Zoom

Ein erstes Indiz dafür, ob die Kritiker Recht behalten werden, wird in den nächsten Wochen zu erkennen sein, wenn der "Most Popular Driver" des Jahres 2007 bekannt gegeben werden wird. Dale Jr. gewann diesen Titel zuletzt viermal in Folge mit großem Vorsprung, und der Grund für das NASCAR-Phänomen Dale Earnhardt Jr. kann in zwei kurzen Absätzen beschrieben werden.

Dale Earnhardt Jr. ist das Verbindungsglied zwischen den alten Hardcore-Fans aus den Südstaaten, die mit Cowboyhut, Cowboystiefeln und ihrem alten Chevy-PickUp ein Barbecue mit Dosenbier und selbstgemachten Burgern veranstalten, und den Amerikanern, die sich ein NASCAR-Rennen in Anzug und Krawatte bei einem kleinen Buffet, einem gepflegten Chardonnay und ein paar Geschäftsfreunden ansehen.

Und Dale Earnhardt Jr. verkörpert den Rock'n'Roll-Lifestyle der jungen NASCAR-Generation, ohne die eher bodenständigen Begehrlichkeiten der alteingesessenen Puristen zu irritieren. Er ist die Figur, die einen romantischen Hauch Vergangenheit in die Speedways bringt und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft der NASCAR erhaschen lässt.

Doch ein großes Problem hat der NASCAR-Superstar, denn noch fehlt ihm die Meisterschaft, um auch aus rein sportlichen Gründen in die Hall-of-Fame aufgenommen werden zu können. In emotionaler Hinsicht ist er dort schon lange angekommen, doch in den kommenden Jahren muss er den Beweis antreten, dass er auch auf der Rennstrecke gegen einen Jeff Gordon, Jimmie Johnson oder auch Tony Stewart bestehen kann. Das Team dazu hat er nun definitiv.