• 19.08.2008 13:09

  • von Pete Fink

Vorschau: NASCAR-Feuerwerk in Bristol

Das Samstagabend-Rennen im Circus Maximus von Bristol zählt für Fahrer, Teams und die vielen NASCAR-Fans zu den absoluten Saisonhöhepunkten

(Motorsport-Total.com) - "Wenn du glaubst, dass das hier alles bislang abgefahren war, dann warte mal ab, bis du in Bristol warst", raunte Juan Pablo Montoya im Frühjahr 2008 seinem damaligen Ganassi-Teamkollegen und NASCAR-Neueinsteiger Dario Franchitti ins Ohr - und der Kolumbianer weiß genau, wovon er spricht. Er kennt den Circus Maximus der NASCAR bereits aus drei Anläufen.

Titel-Bild zur News: Bristol

Der Bristol Motor Speedway ist eine der legendären NASCAR-Strecken

Daytona gilt allgemein hin als die Heimat der NASCAR, effektiv ist es der Lowe's Motor Speedway von Charlotte, weil dort in unmittelbarer Umgebung nahezu alle NASCAR-Teams beheimatet sind. Aber die beiden Saisonrennen auf dem Bristol Motor Speedway sind mit Sicherheit die verrücktesten Events des gesamten Sprint-Cup-Jahres.#w1#

Nach dem Food City 500 vom März 2008 steht nun mit dem Sharpie 500 der zweite Bristol-Auftritt der Sprint-Cup-Saison an. Es ist eines der berühmten Samstagnacht-Rennen der NASCAR und diese erfreuen sich in den USA besonderer Beliebtheit. Der August-Auftritt von Bristol ist dabei für alle Beteiligten sicherlich einer der absoluten Höhepunkte.

Wenn man von Charlotte aus in Richtung des Mittelgebirgszuges der Appalachen fährt, trifft man auf Bäume, Wald und Landschaft, soweit das Auge reicht. Man bewegt sich auf einer der Hauptschmuggelrouten der ehemaligen "Bootleggers", die ihren selbst gebrauten "Moonshine" von den weiträumigen Bergen in die Metropolen des Südens transportierten.

Bristol ist reine NASCAR-Tradition

Bristol Motor Speedway

Wie ein Colloseum erhebt sich der Speedway aus den Hügeln Tennessees Zoom

Diese Gegend atmet NASCAR-Tradition pur und irgendwann kommt man eben auch nach Bristol, einem Örtchen mitten in der Südstaaten-Pampa, das gleich in zwei US-Bundesstaaten liegt, denn die Staatsgrenze von Tennessee und Virginia läuft kurioserweise quer über die Hauptstrasse des beschaulichen Städtchens.

Der Speedway selbst liegt auf der Tennessee-Seite, etwa fünf Meilen vom Ortszentrum entfernt und schon von außen betrachtet wirkt das Areal wie das Colloseum im alten Rom. Steht man aber im Infield, dann erwartet man jeden Moment ein Vierergespann mit Ben Hur am Steuer aus den Katakomben herausstürmen, die von über 165.000 begeisterten Zuschauern angefeuert werden.

Die neuasphaltierte Kampfbahn in Bristol misst gerade einmal 800 Meter und hat eine Kurvenüberhöhung von bis zu 36 Grad - am kommenden Wochenende ist also Short-Track-Time angesagt. Keine Superspeedways, keine Intermediate-Ovale, sondern beinharter Lackaustausch auf engstem Raum, was nicht nur Außenstehende gerne als "Demolition-Derby" bezeichnen.

Fast 50 Jahre besteht der Bristol Motor Speedway bereits und er hält einen einsamen Rekord, denn noch nie in der Geschichte gab es dort eines der bisher 95 NASCAR-Rennen, dass nicht restlos ausverkauft war. So sahen die Zuschauer im Vorjahr, wie Carl Edwards 182 der 500 Runden in Front lag und einen souveränen Sieg heraus fuhr.

Carl Edwards der Vorjahressieger

Carl Edwards

Carl Edwards feierte seinen Bristol-Sieg auf traditionelle Art und Weise Zoom

Ein Jahr später hat sich der Roush-Pilot als der Hauptkonkurrent von Kyle Busch entpuppt. Edwards hat gleich mehrere Gründe, um sich auf die Bristol-Nacht zu freuen: "Das wird nun die leichteste Zeit werden, denn wir stehen sicher im Chase und haben gar nichts zu verlieren. Wir werden nun damit beginnen, einige Dinge auszuprobieren, denn verlieren können wir nicht mehr - nur gewinnen."

Aber das berühmte "Bump'n'Run" von Bristol erwartet Edwards nicht mehr: "Wegen der neuen Oberfläche gibt es wahrscheinlich weniger Lackaustausch, denn du musst deinen Konkurrenten nicht mehr aus dem Weg schieben, um ihn überholen zu können. Das macht das Renngeschehen sicher besser."

Das Roush-Team sah in Bristol immer gut aus: Vor Edwards waren es Matt Kenseth und Kurt Busch, die einige Bristol-Triumphe für die bärenstarke Ford-Truppe holten. Aber auch Kyle Busch behielt in Bristol bereits einmal die Oberhand, als er im März 2007 das erste Rennen mit dem Car of Tomorrow überhaupt gewann. Ein Jahr später siegte Clint Bowyer für Richard Childress.

Keine NASCAR-Siegerstatistik ohne Hendrick-Beteiligung: Jeff Gordon gewann Bristol viermal, Dale Earnhardt Jr. einmal, doch für Jimmie Johnson war die 800 Meter lange Bahn bislang kein gutes Pflaster. Der amtierende NASCAR-Champion hat in zwölf Teilnahmen bisher nur einen dritten Platz als bestes Resultat in der Statistik stehen.

Viel Prominenz schon bei den Trucks am Mittwoch

Jimmie Johnson, Kyle Busch

Jimmie Johnson und Kyle Busch starten bereits am Mittwoch bei den Trucks Zoom

Daher greift Johnson zu ungewöhnlichen Maßnahmen, denn er wird in Bristol sein erstes Rennen in der Truck-Serie überhaupt bestreiten. Aus Platzgründen findet das O'Reilly 200 übrigens bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag statt, denn das Infield des Speedways ist so klein, dass am Wochenende gerade einmal die Nationwide- und die Sprint-Cup-Fahrzeuge Platz haben.

Die Trucks müssen also am Donnerstag ihre Zelte bereits komplett wieder abgebaut haben, was aber der Teilnehmerprominenz keinen Abbruch bereitet: Neben Johnson - übrigens in einem Chevrolet Silverado von NFL-Star Randy Moss - und den üblichen Truck-Assen tritt auch Kyle Busch an.

Auch NASCAR-Rookie Patrick Carpentier will sich Mittwochnacht auf das Sharpie 500 einschießen und Team Red Bull hat aus 2007 ebenfalls gelernt: Vor Jahresfrist übte A.J. Allmendinger bei den Trucks und konnte sich am Wochenende nach einer längeren Durststrecke prompt wieder einmal für ein Cup-Rennen qualifizieren.

2008 wird nun Scott Speed das Truck-Rennen fahren. Es ist der erste Bristol-Auftritt für den ehemaligen Formel-1-Piloten, der neben Mike Skinner und Johnny Benson einen dritten Toyota Tundra von Bill Davis Racing steuern wird. "Mike und Johnny sind dort wahrscheinlich öfter gefahren als alle anderen", weiß Speed. "Sie kennen jeden Zentimeter. Ich hoffe, ich kann mich schnell eingewöhnen und wenn ich am Ende mit dabei bin, dann schauen wir mal was möglich ist. Es wird ein Heidenspaß."

Ragan und der Kampf um die Top 12

David Ragan

David Ragan hat seinen ganzen Familien-Clan nach Bristol eingeladen Zoom

Dieses will sich auch Roush-Youngster David Ragan nicht entgehen lassen, der allerdings am Mittwochabend noch nicht aktiv eingreifen wird: "Wir machen eine ganze Urlaubswoche daraus", erklärte Ragan. "Wir werden uns mit vielen Freunden und meiner ganzen Familie das Truck-Rennen ansehen."

Im Cup-Rennen hat er andere Pläne: "Ich will in diesem Feuerwerk dabei sein. Ich will mitten in der Schlacht stecken, ich will den Lackaustausch und ich will mich am Ende mit den Kollegen streiten. Darum geht es hier. Es ist ein Riesenspaß und genau deswegen lieben es die Fans."

Nebenbei geht es natürlich auch um harte Punkte - und um die Qualifikation zu den NASCAR-Playoffs. Mit Bristol, Fontana und Richmond stehen nur noch drei Sprint-Cup-Rennen an, bevor die Entscheidung über die besten zwölf Piloten der Saison 2008 gefallen ist.

Die Ausgangsposition könnte also kaum spannender sein, denn zwischen Platz sechs (Tony Stewart) und Platz 14 (Ragan) liegen gerade einmal 162 Punkte. Das ist in der NASCAR-Arithmetik herzlich wenig, und so verspricht das Sharpie 500 in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu einem der absoluten Saisonhöhepunkte zu werden. Der Rennstart ist gegen 2:20 Uhr MESZ.