• 30.04.2015 13:30

  • von Pete Fink

Vorschau: Der NASCAR-Mythos Talladega

Am Sonntag steht eines der spektakulärsten NASCAR-Events an: Der Sprint-Cup gastiert in Talladega - Motorvision TV überträgt live ab 18:30 Uhr - Wetter perfekt

(Motorsport-Total.com) - Es ist ein Rennen der Superlative. An diesem Motorsport-Wochenende steht eine der spektakulärsten NASCAR-Strecken auf dem Programm: Der Sprint-Cup-Tross gastiert auf dem legendären Talladega Superspeedway. 188 Runden mit jeweils 2,66 Meilen (oder umgerechnet 4,28 Kilometer) und einem Banking von satten 33 Grad versprechen in "Sweet Home Alabama" wieder eine gigantische Windschattenschlacht vom Allerfeinsten. Das Geico 500 beginnt am Sonntagabend um 18:30 Uhr (live auf Motorvision TV).

Titel-Bild zur News: Pack-Racing Talladega Kevin Harvick (Stewart/Haas)

Talladega ruft: Am Wochenende gibt es wieder spektakuläre NASCAR-Bilder Zoom

Talladega ist eine der Strecken, bei der die gesamte NASCAR-Gemeinde mit der Zunge schnalzt und feuchte Augen bekommt. Nach dem Daytona 500 im Februar ist wieder einmal Restrictor-Plate-Racing angesagt. Über den Luftmengenbegrenzer werden die PS-Zahlen auf etwa 500 Pferdestärken eingebremst, sonst würde dieses Abenteuer zu schnell und zu gefährlich werden. Rusty Wallace erreichte im Juni 2004 bei einer Testfahrt einen Topspeed von 228 Meilen (367 km/h) und einen Rundenschnitt von 221 Meilen (355,66 km/h).

Wohlgemerkt in der Alleinfahrt und ohne Restrictor Plates. "Das war ein Wahnsinnsritt, den ich für den Rest meines Lebens nicht mehr vergessen werde.", sagte Rusty Wallace damals. "Wir alle haben uns gefragt, was heutzutage in Talladega ohne Plates möglich wäre. Nun weiß ich es. Und mit ein wenig Tüftelei schätze ich, dass 235 Meilen (378 km/h; Anm. d. Red.) drin wären. Aber ein Rennen kann man bei solchen Speeds keinesfalls austragen. Ein Pack-Racing bei solchen Geschwindigkeiten wäre einfach krank."


NASCAR in Talladega

So bleibt der 1987 von Bill Elliott in der Talladega-Qualifikation erzielte Schnitt von 212,809 Meilen pro Stunde (342,84 km/h) wohl noch für einige Zeit bestehen. Denn im Rennen am darauf folgenden Tag crashte Bobby Allison schwer, worauf NASCAR die Notbremse zog. Seit dieser Zeit sind auf den Superspeedways von Daytona und Talladega die Restrictor-Plates vorgeschrieben. Durch das permanente Feinjustieren mit den vier Lochgrößen in der Metallplatte soll das Tempo des Feldes bei maximal etwa 200 Meilen (knapp 322 km/h) gehalten werden.

Wann kommt der "Big-One"?

Der eindeutige Held der Talladega-Szene war Dale Earnhardt Sr., von dem die Konkurrenten einst behaupteten, er könne die Luft sehen. "Dega" war und ist Earnhardt-Country. Am Mittwoch wäre der "Intimidator" 64 Jahre alt geworden und nach wie vor gilt die kleine Anekdote, wie die Kids rund um Talladega einst das Zählen lernten: "Eins, zwei, Earnhardt, vier." Sagenhafte zehnmal stand die schwarze Startnummer 3 in der Victory Lane von Talladega. Sohnemann Dale Earnhardt Jr. führte mit seinen fünf Erfolgen die Familientradition quasi nahtlos fort.

Tony Stewart

Es kracht in Talladega: Wann kommt es am Sonntag zum "Big-One"? Zoom

Das sind beeindruckende Zahlen, denn die Chancen auf einen Talladega-Erfolg stehen 1:43. Im Prinzip kann also jeder Teilnehmer in dieser gigantischen Windschattenschlacht gewinnen. Vorausgesetzt, man übersteht den so gefürchteten "Big-One", die klassische Massenkarambolage, die in Talladega jederzeit auch im Plural auftreten kann. Und dabei gilt natürlich das alte Dega-Bonmot: Die Frage ist nicht, ob der Big-One kommt, die entscheidende Frage ist: Wann?

Talladega ruft also wieder einmal. Von Atlanta aus geht es rund zwei bis drei Fahrstunden auf dem Interstate Highway 20 gen Westen, bis irgendwann dieser im Jahr 1969 eingeweihte und so unberechenbare Koloss auftaucht. Und in Sachen Rennstrategie gibt es auf der größten aller NASCAR-Strecken zwei gängige Varianten: Ganz vorne im Pulk oder ganz hinten fahren, denn im engen Mittelfeld, wo eben jederzeit der gefürchtete Big-One wie das Damokles-Schwert über der Szenerie schwebt, will sich keiner aufhalten.

Earnhardt in Earnhardt-Country

"Restrictor-Plate-Racing ist eine absolut nervenaufreibende Erfahrung", sagt zum Beispiel Jeff Gordon. "Wir fahren Stoßstange an Stoßstange in großen Packs und gleichzeitig will jeder den Big-One vermeiden. Es reibt dich körperlich und mental auf." Sein Hendrick-Teamkollege Earnhardt weiß: "Der Leader kontrolliert alles. Er kann blocken und all das tun, was er tun muss, um den Push zu bekommen, sodass er seinen Speed aufrecht erhalten kann. Also ist Platz 1 der beste Platz im Pulk."

Dale Earnhardt Senior

Dale Earnhardt Sr.: Der Mann, der in Talladega die Luft sehen konnte ... Zoom

Was die weit über 100.000 NASCAR-Fans natürlich in Verzücken bringen würde. Liefert Earnhardt im Rennverlauf eine Lead-Lap ab, so steht die riesige Haupttribüne von Talladega geschlossen. "Diese Strecke hat zu einem ganz wichtigen Teil dazu beigetragen, dass NASCAR das ist, was es heute ist", beschreibt etwa Ryan Newmann (Childress-Chevrolet) die Bedeutung des Superspeedways. "Talladega ist einfach historisch und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dort irgendwann nicht mehr fahren."

Was gibt es im aktuellen Starterfeld für Neuigkeiten? David Ragan wird zum letzten Mal als Kyle-Busch-Ersatzmann fungieren, während seiner neuer Waltrip-Toyota mit der Startnummer 55 von Teambesitzer und Superspeedway-Spezialist Michael Waltrip höchstpersönlich gefahren wird. Für den noch recht unerfahrenen Youngster Brett Moffitt ist somit kein Platz mehr. Im Front-Row-Ford mit der Startnummer 34 sitzt erneut die Roush-Xfinity-Leihgabe Chris Buescher.

Neues, altes Qualifying-Format

Die Wood Brothers schicken nach ein paar Wochen Short-Track-Pause wieder einmal Ryan Blaney ins Rennen, das FAS-Team hat sich die Dienste von Altmeister Bobby Labonte gesichert. Dessen Past-Champion-Provisional könnte unter Umständen wertvolle Quali-Dienste bieten. Im Circle-Chevy mit der Startnummer 33 sitzt wieder Vorjahres-Polemann Brian Scott, der im Frühjahr 2014 von einer überragenden Qualifikationsshow der versammelten Childress-Autos profitierte.

Brian Scott, Paul Menard

Talladega-Start 2014 mit dem überraschenden Polesitter Brian Scott (33) Zoom

Apropos Qualifying: Nach dem Daytona-Debakel reagierte NASCAR für das Talladega-Wochenende und kehrt zu einer modifizierten Art des Einzelzeitfahrens zurück. Dabei werden vermutlich zwei Fahrzeuge parallel auf die Strecke gehen, die von der Rennleitung so abgelassen werden, dass sie keinen Windschatten bieten. Nachdem alle 45 Teilnehmer ihre Zeit gesetzt haben, fahren die Top 12 die Talladega-Pole aus. Dabei kann es jederzeit zu Überraschungen kommen, denn nach der Qualifikation darf bis zum Rennen nicht mehr am Auto gearbeitet werden (Impound-Regel).

Die Talladega-Qualifikation steigt deswegen erst am Samstag (ab 19:00 Uhr), direkt danach folgt das Xfinity-Rennen der zweiten NASCAR-Liga. Am Sonntagabend ab 18:30 Uhr beginnt dann die Live-Übertragung des Geico 500 aus Talladega. Am Mikrofon sitzen Lenz Leberkern und Pete Fink. Die Grüne Flagge wird für etwa 19:20 Uhr erwartet. Der Wetterbericht für das NASCAR-Wochenende ist perfekt: Jede Menge Sonne, Temperaturen um die 25 Grad Celsius und null Prozent Regenwahrscheinlichkeit.

Der Zeitplan von Talladega:

Freitag:
20:00 Uhr - 20:55 Uhr: Erstes Freies Training
22:30 Uhr - 23:25 Uhr: Zweites Freies Training

Samstag:
ab 19:00 Uhr: Qualifikation
ab 21:00 Uhr: Xfinity-Rennen

Sonntag:
ab 18:30 Uhr: Geico 500 (live auf Motorvision TV)
Der Rennstart erfolgt um 19:20 Uhr

Die Meldeliste für Talladega:

01. 1 Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford)
03. 3 Austin Dillon (Childress-Chevrolet)
04. 4 Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet)
05. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
06. 6 Trevor Bayne (Roush-Ford)
07. 7 Alex Bowman (Baldwin-Chevrolet)
08. 9 Sam Hornish Jr. (Petty-Ford)
09. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
10. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota)
11. 13 Casey Mears (Germain-Chevrolet)
12. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
13. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
14. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
15. 17 Ricky Stenhouse (Roush-Ford)
16. 18 David Ragan (Gibbs-Toyota)
17. 19 Carl Edwards (Gibbs-Toyota)
18. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota)
19. 21 Ryan Blaney (Wood-Ford)
20. 22 Joey Logano (Penske-Ford)
21. 23 J.J. Yeley (BK-Toyota)
22. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
23. 26 Jeb Burton (BK-Toyota)
24. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
25. 31 Ryan Newman (Childress-Chevrolet)
26. 32 Bobby Labonte (FAS-Ford)
27. 33 Brian Scott (Circle-Chevrolet)
28. 34 Chris Buescher (Front-Row-Ford)
29. 35 Cole Whitt (Front-Row-Ford)
30. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
31. 40 Landon Cassill (Hillman-Chevrolet)
32. 41 Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet)
33. 42 Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet)
34. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
35. 46 Michael Annett (HScott-Chevrolet)
36. 47 A.J. Allmendinger (JTG-Chevrolet)
37. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
38. 51 Justin Allgaier (HScott-Chevrolet)
39. 55 Michael Waltrip (Waltrip-Toyota)
40. 62 Brendan Gaughan (Premium-Chevrolet)
41. 78 Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet)
42. 83 Matt DiBenedetto (BK-Toyota)
43. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
44. 95 Michael McDowell (Leavine-Ford)
45. 98 Josh Wise (Parsons-Ford)

Alle Talladega-Sieger auf einen Blick:

2014: Denny Hamlin / Brad Keselowski
2013: David Ragan / Jamie McMurray
2012: Brad Keselowski / Matt Kenseth
2011: Jimmie Johnson / Clint Bowyer
2010: Kevin Harvick / Clint Bowyer
2009: Brad Keselowski / Jamie McMurray
2008: Kyle Busch / Tony Stewart
2007: Jeff Gordon / Jeff Gordon
2006: Jimmie Johnson / Brian Vickers
2005: Jeff Gordon / Dale Jarrett
2004: Jeff Gordon / Dale Earnhardt Jr.
2003: Dale Earnhardt Jr. / Michael Waltrip
2002: Dale Earnhardt Jr. / Dale Earnhardt Jr.
2001: Bobby Hamilton / Dale Earnhardt Jr.
2000: Jeff Gordon / Dale Earnhardt
1999: Dale Earnhardt / Dale Earnhardt
1998: Bobby Labonte / Dale Jarrett
1997: Mark Martin / Terry Labonte
1996: Sterling Marlin / Jeff Gordon
1995: Mark Martin / Sterling Marlin
1994: Dale Earnhardt / Jimmy Spencer
1993: Ernie Irvan / Dale Earnhardt
1992: Davey Allison / Ernie Irvan
1991: Harry Gant / Dale Earnhardt
1990: Dale Earnhardt / Dale Earnhardt
1989: Davey Allison / Terry Labonte
1988: Phil Parsons / Ken Schrader
1987: Davey Allison / Bill Elliott
1986: Bobby Allison / Bobby Hillin
1985: Bill Elliott / Cale Yarborough
1984: Cale Yarborough / Dale Earnhardt
1983: Richard Petty / Dale Earnhardt
1982: Darrell Waltrip / Darrell Waltrip
1981: Bobby Allison / Ron Bouchard
1980: Buddy Baker / Neil Bonnett
1979: Bobby Allison / Darrell Waltrip
1978: Cale Yarborough / Lennie Pond
1977: Darrell Waltrip / Donnie Allison
1976: Buddy Baker / Dave Marcis
1975: Buddy Baker / Buddy Baker
1974: David Pearson / Richard Petty
1973: David Pearson / Dick Brooks
1972: David Pearson / James Hylton
1971: Donnie Allison / Bobby Allison
1970: Pete Hamilton / Pete Hamilton
1969: Richard Brickhouse