Vorschau: Atlanta, das schnellste aller NASCAR-Rennen
Atlanta lässt die High-Speed-Herzen höher schlagen, denn Jimmie Johnson muss sich am Sonntag auf dem schnellsten NASCAR-Oval behaupten
(Motorsport-Total.com) - Aus aktuellem Anlass vorneweg ein kleines Rechenbeispiel: In einem Sprint-Cup-Rennen können maximal 195 Punkte erreicht werden, der 43. und Letzte erhält immer noch 34 Punkte. Das ergibt eine mögliche Punktedifferenz von 161 Zählern. Der aktuelle Vorsprung von Jimmie Johnson auf Greg Biffle und Jeff Burton beträgt derzeit 150 Punkte.

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Am kommenden Wochenende gastiert der NASCAR-Sprint-Cup in Atlanta
Mit anderen Worten: Johnson kann sich in einem der vier ausstehenden Saisonrennen sogar einen Totalausfall leisten und wäre bei einem Sieg von Biffle oder Burton immer noch bei der Musik. Wohlgemerkt: nur einen Ausfall, denn ansonsten ist die Gefahr groß, dass sich auch der dominierende Kalifornier ganz schnell einen Rückstand einfängt, der nur schwer aufzuholen ist.#w1#
Der Hintergrund für die kleine Rechnung: Das Pep Boys Auto 500 auf dem Atlanta Motor Speedway ist das schnellste aller 36 Punkterennen, denn auf dem 1,5-Meilen-Oval in Georgia werden alle 850 Pferdestärken losgelassen, was auf den Superspeedways von Daytona und Talladega ja bekanntlich nicht der Fall ist.
Für Johnson ist Atlanta daher auch "die größte Herausforderung im Kalender", während sein Teamkollege Jeff Gordon sein Augenmerk auf die Balance des Autos legt: "Im Rennen geht es nur um das Handling. Derjenige, der bei der ganzen Rutscherei den besten Grip an die Hinterachse bekommt, befindet sich in einer hervorragenden Ausgangsposition."
Biffle bis in die Haarspitzen motiviert

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Greg Biffle will in Atlanta seinen dritten Sieg im diesjährigen Chase holen Zoom
Der Atlanta Motor Speedway liegt in Hampton, Georgia, etwa 30 Kilometer südlich von Atlanta. Maximal 125.000 Zuschauer erleben NASCAR-Racing, das auf mehreren Fahrspuren möglich ist. Daher ist das Dauerthema der "Clean Air" in Atlanta nicht das entscheidende, wie Greg Biffle weiß.
"Hier kann man leicht überholen", so der aktuelle Gesamtzweite. "Ich liebe diesen Ort. Wir haben zwar noch nicht gewonnen, aber wir haben immer gut ausgesehen. Ich bin sehr scharf darauf, in Atlanta einen Sprint-Cup-Sieg holen zu können."
Will er seine Titelambitionen aufrechterhalten, dann ist ein Sieg auch notwendig. Im März landete der Roush-Pilot auf Platz vier, doch die Ford-Flotte von Jack Roush präsentierte sich auf den Intermediate-Ovalen zuletzt bärenstark.
Topfavorit Johnson hingegen gewann 2007 beide Atlanta-Rennen, Biffles Teamkollege Carl Edwards glückte dieser "Sweep" in der Saison 2005. Aber natürlich haben sich auch Jeff Gordon, Dale Earnhardt Jr., Tony Stewart oder zuletzt Kyle Busch in die Siegerlisten von Atlanta eintragen können.
Der historische 15.November 1992

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53 Jahre und noch nicht müde - Bill Elliott wird auch am Sonntag dabei sein Zoom
Atlanta hat in der Vergangenheit schon oft NASCAR-Geschichte geschrieben, zum Beispiel am 15. November 1992 - und dies gleich aus mehreren Gründen. "Million-Dollar-Bill" Elliott gewann damals das Hooters 500, welches das letzte Rennen der Saison war - und verlor die Meisterschaft doch um die Winzigkeit von zehn Punkten gegenüber Alan Kulwicki.
Davey Allison hätte nur Sechster werden müssen, um als Winston-Cup-Champion zu enden, aber in Runde 253 war sein Traum vorbei, als er mit Ernie Irvans Chevrolet nach dessen Reifenschaden kollidierte. So kam es in den letzten Umläufen zu einem finalen Showdown zwischen Kulwicki und Elliott, und entschieden wurden das Rennen und der Cup-Titel denkbar knapp durch fünf Bonuspunkte für die meisten Führungsrunden.
Am Ende lag Kulwicki 103 Runden vorne, Sieger Elliott jedoch nur 102, Kulwicki wurde Zweiter und gewann so die Meisterschaft. Hätte Elliott eine einzige Runde mehr in Front gelegen, wären beide Piloten punktgleich gewesen, und "Awesome Bill from Dawsonville" wäre als der Winston-Cup-Champion 1992 hervorgegangen, da er fünf Saisonsiege auf seinem Konto hatte.
Dies war die bislang engste Titelentscheidung, aber nicht die einzige historische Besonderheit des 15. November 1992. "King" Richard Petty gab in diesem Rennen nach insgesamt 1.185 Cup-Auftritten seine Abschiedsvorstellung, während gleichzeitig ein gewisser Jeff Gordon - als damals 21-jähriger Jungspund - sein Cup-Debüt feiern durfte.
Wieviele Zuschauer zieht Earnhardt Jr.?

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Ein Earnhardt-Sieg in Atlanta und die "Junior-Nation" würde Kopf stehen Zoom
Bill Elliott ist übrigens im Team der Wood-Brothers nach wie vor aktiv mit von der Partie. Der mittlerweile 53-Jährige feiert in der insgesamt 99. Ausgabe eines Cup-Rennens in Atlanta genauso ein Heimspiel wie der ebenfalls in Georgia geborene Reed Sorenson im Ganassi-Dodge.
Allerdings ist Atlanta auch dafür bekannt, mit einem in der NASCAR eher ungewöhnlichen Phänomen aufzuwarten: halbleere Tribünen - und dies, obwohl man mitten im Earnhardt-Country beheimatet ist. Doch der NASCAR-Superstar hat keine Titelchancen mehr und es ist zu befürchten, dass die US-Wirtschaftskrise am Wochenende sichtbare Auswirkungen zeigen wird.
Wie man in Atlanta erfolgreich ist, weiß Johnsons Crewchief Chad Knaus: "Atlanta ist eines der coolsten Rennen zu Saisonende. Die Strecke ist groß und man hat jede Menge Platz. Die Fahrer können sowohl die untere Linie befahren als auch an der Mauer entlang, wenn die Reifen etwas nachlassen. Wenn man unten fährt, dann ist der Spritverbrauch besser als auf der oberen Linie, denn dann ist die Rundenlänge etwas kürzer. Das hat Einfluss auf Benzinverbrauch und Boxenstrategie."
Die Qualifikation zum Pep Boys Auto 500 findet in der Nacht von Freitag auf Samstag statt. Die Startflagge zum siebten von insgesamt zehn Chase-Rennen der Saison 2008 fällt wie immer am Sonntagabend.

