• 27.09.2007 18:02

  • von Pete Fink

Villeneuve und Montoya: Wo sind die Unterschiede?

Ein Jahr nach Juan Pablo Montoya kommt nun Jacques Villeneuve in die NASCAR - wo liegen die Unterschiede in den Startvoraussetzungen?

(Motorsport-Total.com) - Es gibt nicht wenige US-Experten, die Jacques Villeneuve in der NASCAR sogar noch mehr zutrauen, als Juan Pablo Montoya. Immerhin, so einige gewichtige Stimmen, habe der Kanadier in der Formel 1 mehr erreicht, als der Kolumbianer und die Ergebnisse in den 1990er Jahren zeigten, dass Villeneuve vor allem in den Ovalrennen immer schnell unterwegs war.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve bereitet sich für seine erste NASCAR-Saison vor

Ähnliches gilt natürlich auch für Montoya, denn die zählbaren US-Erfolge beider Piloten sind fast exakt die Gleichen: Indy-Sieg (Villeneuve: 1995, Montoya: 2000) und CART-Meisterschaft (1995 und 1999). Der Hauptunterschied in der Sichtweise vieler Amerikaner ist möglicherweise der berühmte Name und die kanadische Herkunft Villeneuves - und eben der Formel-1-Titel von 1997.#w1#

Sicher spielt in dieser Betrachtung auch Vater Gilles eine Rolle, der in den USA große Popularität genießt, während Montoya bei den NASCAR-Rednecks eher die Rolle Jeff Gordons zu übernehmen droht: Der Kolumbianer wird regelmäßig von den Die-Hard-Fans ausgepfiffen.

Nur: Wie genau die Sympathiewerte im Falle Villeneuve sein werden, kann noch niemand wissen. Fakt ist, dass auch der kreative Hobby-Musiker und Franko-Kanadier keineswegs in das typische Beuteschema der Hilly-Billy-Südstaatler mit den großen Pick-Ups passen dürfte.

Villeneuve schlägt schon NASCAR-Töne an

Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve fuhr bereits in Indianapolis 1995 mit der Startnummer 27 Zoom

So ist das Thema Respekt auch sehr wichtig, das hat Villeneuve schnell realisiert: "Von den anderen Fahrern akzeptiert zu werden", antwortete der Kanadier denn auch, als er von 'SpeedTV' nach seiner größten Sorge befragt wurde. Montoya ist bereits fast eine ganze Saison in der NASCAR und gilt trotzdem nach wie vor als der "New Guy", der Neue.

Tatsächlich bereitet man im Villeneuve-Lager auch alles so vor, dass sein Auftritt in die üblichen NASCAR-Klischees passt. Die Startnummer 27 ist solch ein Indiz, denn - wie gesagt - Gilles Villeneuve und sein roter Ferrari sind auch auf dem amerikanischen Kontinent keine unbeschriebenen Blätter. NASCAR steht auf Werte wie Familie und Tradition, und einige erinnern sich auch an die Tatsache, dass es genau jene Startnummer war, mit der Jacques 1995 die Indy 500 gewann.

"Es war immer eine gute Nummer für mich", so Villeneuve, der das notwendige NASCAR-Vokabular offensichtlich schon beherrscht: "Ich bin mir sicher, dass mein Vater auf alles stolz wäre, was ich erreicht habe. Und er wäre auch stolz, wenn er sehen würde, dass ich immer noch hungrig bin und immer noch Spaß am Fahren habe." Solche Worte sind Balsam für die NASCAR-Fans, denn sie könnten 1:1 auch aus dem Munde von Dale Earnhardt Jr. stammen.

Montoya hatte logischerweise eine solche Ausgangsposition nicht, aber es darf getrost bezweifelt werden, ob sich der Kolumbianer überhaupt über solche Äußerungen Gedanken gemacht hätte. Die Wahrheit wird sowieso auf der Strecke geschehen, und genau hierin liegt der wohl größte Unterschied in der NASCAR-Ausgangsposition der beiden prominenten Ex-Formel-1-Piloten.

Villeneuve nicht in den Top 35

Jeremy Mayfield Bill Davis

Jeremy Mayfield muss sein Cockpit an Jacques Villeneuve abgeben Zoom

Für einen NASCAR-Rookie bedeutet Streckenzeit so gut wie alles. Das Feld ist so eng, dass in der Qualifikation teilweise Tausendstelsekunden über eine Rennteilnahme entscheiden. Dazu kommt, dass das NASCAR-Qualifying in fast allen Fällen bereits am Freitag über die Bühne geht und die Samstagstrainings dann für diejenigen reserviert sind, die den Renneinzug erreicht haben.

Mit anderen Worten: Wer in der Qualifikation versagt, der ist durch den Praxisentzug doppelt bestraft - wie Red-Bull-Pilot und ChampCar-Wechsler A.J. Allmendinger sicher gerne bestätigen wird. Und genau dort liegt die große Gefahrenquelle für Jacques Villeneuve, wenn er 2008 seine erste NASCAR-Saison in Angriff nehmen will.

Der Hintergrund. In der NASCAR qualifizieren sich zunächst nicht die Fahrer, sondern die Autos. Die besten 35 Autos der Konstrukteurswertung, im NASCAR-Terminus Ownerwertung genannt, sind fix für das 43 Fahrer umfassende Starterfeld gesetzt. Nur die restlichen Plätze werden in der Qualifikation auf Zeit ausgefahren.

Wenn Villeneuve im Februar 2008 antreten wird, dann ist es so gut wie ausgeschlossen, dass er sich mit seinem Bill-Davis-Toyota mit der Startnummer 27 in diesen Top 35 befinden wird. Selbst wenn man im Bill-Davis-Lager die Ownerpunkte des aktuellen Nummer-36-Toyota von Jeremy Mayfield, dessen Nachfolge der Kanadier wohl antreten wird und dessen Betrieb wohl eingestellt werden wird, übernähme, dann fehlen jetzt bereits knapp 1.000 Punkte und das ist nicht mehr aufzuholen.

Die Konkurrenz ist riesig

Juan Pablo Montoya

Der Ganassi-Dodge von Juan Pablo Montoya war immer fix in den Top 35 Zoom

Die einzige Möglichkeit bestünde, wenn man - quasi mit einem Kunstgriff - Villeneuve als Nachfolger des zweiten Bill-Davis-Toyotas erklären würde. Dies ist das Auto von Dave Blaney mit der Startnummer 22. Blaney steht aktuell auf Position 36 mit einem Abstand von nur 100 Punkten, doch solch ein Szenario erscheint eher unwahrscheinlich, da dort mit Caterpillar ein zahlungskräftiger Sponsor sitzt.

Montoya wiederum hatte genau dieses Problem nicht. Er übernahm den Ganassi-Dodge mit der Nummer 42, welcher in den Jahren zuvor von Casey Mears gefahren wurde und der in den ersten fünf Saisonrennen sicher in den Top 35 qualifiziert war. Denn der Stand der Ownerwertung zu Saisonende gilt fünf Rennen in die neue Saison. So konnte sich der Kolumbianer in aller Ruhe akklimatisieren und erreichte auf diese Art und Weise jede Menge Streckenzeit.

Villeneuve wird aller Wahrscheinlichkeit nach diesen Luxus nicht haben. Für ihn wird es entscheidend sein, sich über seinen Speed zu qualifizieren. Und dass er diesen noch zu besitzen scheint, unterstrich der 36-Jährige auch in seinen ersten NASCAR-Tests, bei denen er relativ schnell auf das notwendige Oval-Tempo kam.

Aber: Nicht weniger als 61 Autos versuchten sich Anfang 2007 für das Daytona 500, den absoluten Saisonhöhepunkt, zu qualifizieren. Da wie gesagt die besten 35 automatisch im Rennen waren, stritten also 26 Cup-Boliden um acht Startplätze - ein hartes Brot für einen NASCAR-Rookie. Da ist es gut, dass Villeneuve vor kurzem noch einmal herausgestellt hat: "Ich lebe für Herausforderungen, ich liebe den Wettbewerb." Bei Bill Davis wird er in der NASCAR eine Menge davon erleben und Montoya wird das Ganze in aller Ruhe beobachten können.

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