• 19.05.2011 08:23

  • von Pete Fink

Red Bull und der Aufwärtstrend

Mit Kasey Kahne und Crewchief Kenny Francis kam der Umschwung - Helmut Marko mit seinem US-Ableger zufrieden, aber was kommt nach Kahne?

(Motorsport-Total.com) - Eines ist schon weit vor der Saisonhalbzeit unverkennbar: Die Verpflichtung von Kasey Kahne und Crewchief Kenny Francis hat sich für Team Red Bull bereits jetzt ausgezahlt. Obwohl ein Sprint-Cup-Sieg noch fehlt, fuhren Kahne - und auch Brian Vickers - in den vergangenen Wochen regelmäßig in die Top 5 nach vorne. Ein konstanter Zustand, der im äußerst durchwachsenen Jahr 2010 nie erreicht werden konnte.

Titel-Bild zur News: Brian Vickers, Kasey Kahne

Brian Vickers und Kasey Kahne: Red Bull hat nun zwei Top-Piloten

Zum Beispiel in Darlington. "Da habe ich das Rennen verschenkt, als ich die Mauer berührt habe", sagte Kahne, der immerhin noch Vierter wurde. "Der Aufprall war hart genug, um dem Auto etwas Speed zu nehmen. Das war ein großer Fehler. Unser Team ist gut und wird immer besser. Wir hätten einen Sieg verdient, aber den haben wir noch nicht. Das ist schon etwas enttäuschend."

Derzeit liegt Kahne in der Gesamtwertung auf Position 18, hat die Chase-Qualifikation aber immer noch in Reichweite. Dieser Umschwung ist natürlich auch den Red-Bull-Chefs in Österreich nicht entgangen. "Der Aufwärtstrend ist ganz klar spürbar und vor allem: Wir sind auf allen Strecken schnell", sagte etwa Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko bei den Kollegen von 'Servus-TV'.

Er ist sich sicher: "Wir haben unsere Lehrjahre hinter uns. Wir sind in diesem Jahr zum ersten Mal mit zwei absoluten Top-Fahrern vertreten, wobei sich Kasey Kahne ganz klar die Nummer-eins-Position erarbeitet hat." Marko kennt die Hintergründe: "Kasey brachte seinen routinierten Crewchief mit. Diese Kombination hat dem gesamten Team sehr viel Know-How gebracht und gleichzeitig auch die zweite Mannschaft um Brian Vickers auch nach vorne gebracht."

Die Resultate müssen kommen

Das war bei Team Red Bull nicht immer so. Als man 2007 in den Sprint-Cup einstieg, fuhr neben Vickers der damalige NASCAR-Rookie A.J. Allmendinger. Vickers war zu diesem Zeitpunkt erst 23 Jahre alt, Allmendinger kam von den ChampCars. Auch als man den sympathischen Kalifornier Ende 2008 ersetzte, griff Red Bull nicht auf einen Routinier zurück, sondern beförderte Scott Speed, der über nur unwesentlich mehr Erfahrung als Allmendinger verfügte.

Brian Vickers, Kasey Kahne

Noch fehlt der Sieg, aber Brian Vickers und Kasey Kahne schnuppern daran Zoom

Die schwierige Situation 2010 ist bekannt: Als Vickers im Mai seine gesundheitlichen Probleme bekam und für den Rest der Saison aussetzen musste, stand Red Bull ohne jeden Leader da. Die Cockpitbesetzung der 83 wechselte notgedrungen munter durch, weder Casey Mears noch Reed Sorenson konnten sich empfehlen. Das alles ist nun Vergangenheit, das Gespann Kahne und Vickers funktioniert.

"In der Vergangenheit waren wir nur auf die Aussage eines Fahrers angewiesen, und wenn die nicht richtig war, dann lagen wir ganz einfach daneben", übt Marko Selbstkritik. "Jetzt haben wir Vergleichsmomente. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der erste Sieg kommt. Und mit etwas mehr Rennglück sollte es Kasey Kahne gelingen, in den Chase zu kommen." Oder deutlicher formuliert: "Jetzt müssen die Resultate kommen."

Betonung auf jetzt, denn vor allem die Personalie Kahne funktioniert nur bis Ende 2011, dann winkt dem 31-Jährigen ein Cockpit bei Hendrick Motorsports. Auch der Vickers-Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Sorgen macht man sich bei Red Bull aber keine. "Wir wissen genau, wer zu haben ist und wir wissen auch genau, wer zu haben ist, ohne dass bisher groß darüber gesprochen wurde", versichert Red-Bull-Teamchef Jay Frye.

Es liegt an Kasey Kahne...

Von den wirklichen NASCAR-Assen sind derzeit drei Piloten auf dem Transfermarkt. Nämlich Carl Edwards (Roush-Ford), Clint Bowyer (Childress-Chevrolet) und Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet), die jedoch allesamt äußerst enge Verbindungen zu Jack Roush, Richard Childress und Chip Ganassi pflegen. Auch Mark Martin, dessen Hendrick-Cockpit Kasey Kahne übernehmen wird, hat trotz seiner 52 Lenze noch überhaupt keine Lust zum Aufhören.

Kasey Kahne

Kasey Kahne: Die klare Red-Bull-Nummer-eins, aber nur für ein Jahr... Zoom

Vickers betonte in Dover, dass er "gerne bei Red Bull bleiben" würde. In der Hinterhand führt das Team gerade den erst 19-jährigen Cole Whitt heran, der in der Truck-Serie bereits das eine oder andere Mal für Furore sorgen konnte. Doch zunächst gilt bei den "Bullen" natürlich die Vorgabe der Chefetage aus Österreich: Ein Sieg muss her und am besten gleich noch eine Chase-Qualifikation. Was Vickers 2009, also vor seiner Krankheit, übrigens beides erreichte.

Doch im Jahr 2011 liegt es wohl an Kahne, die Red-Bull-Kohlen aus dem Feuer zu holen. Aber: Kahnes Zukunft liegt definitiv bei Hendrick Motorsports, wo er nach Meinung vieler Experten sogar in der Lage ist, NASCAR-Dauerchampion Jimmie Johnson kräftig einzuheizen. Und: Ab 2012 sitzt Kahne zum ersten Mal in seiner Karriere in einem echten Top-Auto.

Das ist der Red-Bull-Toyota sicherlich noch nicht, doch auch in seinen Evernham-Zeiten, wo Kahne von 2004 bis 2010 fuhr, holte er sich immerhin elf Siege. Markos Forderung ist also durchaus realistisch und muss 2011 passieren, denn ob Red Bull für die kommende Saison wieder einen Nummer-eins-Fahrer dieses Kalibers verpflichten kann, ist nach dem aktuellen Stand der Dinge nur wenig realistisch.