• 07.04.2010 11:19

  • von Pete Fink

NASCAR-Vorschau: Die Klapperschlangen von Phoenix

Kaum einer kennt Phoenix so gut wie Tony Stewart, Jimmie Johnson als Top-Favorit, kann Juan Pablo Montoya seine Pechsträhne endlich beenden?

(Motorsport-Total.com) - "Es gibt nicht viele Strecken, auf denen du über die Gegengerade schauen kannst und überall Berge und Kakteen siehst. Die Leute erzählen sich, dass hier jeden Morgen mit einem Sack bewaffnete Cowboys Klapperschlangen einsammeln, damit sich die Leute sicher hinsetzen können. Es ist einfach eine ganz spezielle Rennstrecke."

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jun.

In Phoenix geht es in der Saison 2010 erstmals in eine NASCAR-Nacht

Dieses Zitat stammt von Tony Stewart, der den Phoenix International Raceway so gut wie seine eigene Westentasche kennt. Der Grund: Zu seinen IndyCar-Zeiten in den 1990er-Jahren war Stewart zusammen mit dem Niederländer Arie Luyendyk IRL-Testfahrer für Firestone. Und weil das Einmeilen-Oval in der Wüste von Arizona kaum Regen sieht, drehte der zweifache NASCAR-Champion als Jungspund sogar in der Winterpause unermüdlich seine Testrunden.#w1#

Stewart sagt über sich: "Ich habe hier soviel Zeit verbracht, dass ich wahrscheinlich jede Linie kenne, die hier jemals gefahren wurde. Und ich weiß sogar, warum sie benutzt wurde." Was in Phoenix nicht einfach ist. Es handelt sich um ein klassisches Beispiel, weshalb es in Europa so viele Missverständnisse in Bezug auf die vermeintlich simplen vier Linkskurven gibt. Denn die Unterscheide sind groß.

Stewarts Phoenix-Geheimnisse

Tony Stewart

Tony Stewart kennt in Phoenix jede Klapperschlange beim Vornamen Zoom

Die Kurven 1 und 2 besitzen eine Überhöhung von elf Grad, die Kurven 3 und 4 weisen ein Banking von neun Grad auf. Auf der etwas kürzeren Gegengerade befindet sich zudem ein leichter Knick, der zwar mit Vollgas genommen wird, das Anbremsen für Turn 3 und 4 jedoch mitunter etwas heikel gestaltet.

Oder wie Stewart es formuliert: "Egal in welcher Serie du hier antrittst, es gibt eine Gemeinsamkeit, denn die beiden großen Kurven unterscheiden sich massiv. Wenn dein Auto in Turn 3 und 4 richtig gut ist, dann hast du normalerweise in Turn 1 und 2 Untersteuern. Wenn du in Turn 1 und 2 gut bist, dann hast du in 3 und 4 ein Übersteuern."

Die Konsequenz: "Man muss seine Optionen genau abwägen und das Auto für die Kurve einstellen, die einem wichtiger ist. Es geht nicht, dass dein Auto in beiden Ecken perfekt ist. Doch wie meine Vorliebe aussieht, das verrate ich niemandem. Das ist mein Geheimnis, denn das ist eine geheime Variable, die ich natürlich zu meinem Vorteil ausnutzen will."

Durchaus mit Erfolg, denn Stewart gewann in Avondale in seiner Rookie-Saison 1999 und wurde in der Folge noch dreimal Zweiter. Der Stewart/Haas-Chevrolet mit der Startnummer 14 zählt beim Subway Fresh Fresh Fit 600(k) also eindeutig zum erweiterten Favoritenkreis. Und: Ein Sieg fehlt "Smoke" im Jahr 2010 auch noch.

Neu: 63 Runden mehr zu fahren

Phoenix Arizona

Am Wochenende müssen die Piloten insgesamt 375 Wüstenrunden drehen Zoom

Der Phoenix International Raceway wurde im Jahr 1964 fertig gestellt. Seit 1988 sorgt auch die NASCAR mit knapp 80.000 Besuchern auf den Tribünen für ein volles Haus. Inklusive des großen Hügels in der Zielkurve und den zahlreichen Infield-Campern werden wieder über 100.000 Menschen erwartet. Seit der Saison 2005 gibt es den zweiten Termin im Frühjahr, denn das eigentliche Phoenix-Event stieg bis dato immer gegen Saisonende im November. 2010 kommt nun wieder eine wichtige Neuerung.

In diesem Jahr beträgt die gesamte Renndistanz 600 Kilometer oder umgerechnet 375 Runden. Der Grund: NASCAR legte die Startzeiten für die Samstagabend-Rennen vor der Saison einheitlich fest. So wird Phoenix eine Stunde früher als zuvor üblich beginnen. Da jedoch die Charakteristik des Rennens - vom Tageslicht in die Wüstennacht von Arizona hinein - beibehalten werden soll, verlängerte man kurzerhand die Renndistanz um 100 Kilometer.

So ist das Subway Fresh Fresh Fit 600(k) nicht nur das erste der in den USA so beliebten Samstagabend-Rennen der noch jungen Sprint-Cup-Saison 2010, sondern bleibt natürlich auch der erste Flutlichtauftritt des Jahres. Für europäische NASCAR-Fans eine eher ungemütliche Tatsache, denn die Startflagge fällt in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 1:45 Uhr MESZ.

Wieder Initialzündung für Mark Martin?

April 2009: Mark Martin gewinnt sein erstes Sprint-Cup-Rennen für Rick Hendrick Zoom

Der Vorjahressieger ist NASCAR-Oldie Mark Martin, der in Phoenix den ersten seiner fünf Einzelsiege 2009 feierte. Der heute 51-Jährige gewann von der Pole-Position aus und landete im Herbst auf Rang vier. "Ich weiß noch genau, wie nervös ich war", erinnert sich Martin. "Denn ich wusste ja, wie gut unser Fahrzeug war. Wir hatten damals von Anfang an ein Siegerauto und meine Jungs wussten es auch. Alle. Ich machte mir also richtig Sorgen, dass ich sie ja nicht enttäusche."

Damals lag der Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 5 stattliche 157 Runden in Front, musste sich zum Schluss jedoch den Angriffen von Tony Stewart erwehren. "Gegen ihn ist es nie einfach", weiß Mark Martin, der bereits in der Saison 1993 (!) sein erstes Phoenix-Rennen gewann. "Ich mag diese Strecke und ich liebe die Abendrennen. Wir hatten 2009 großartige Autos, also freue ich mich sehr auf das kommende Wochenende."

Im Vorjahr bedeutete der Martin-Sieg eine Initialzündung auf dem Weg zu seiner späteren Vizemeisterschaft: Vor Phoenix lag der NASCAR-Oldie nur auf Platz 27 in der Gesamtwertung. In diesem Jahr ist er 17. Kommt es am Wochenende also zu einer Wiederholung der Geschehnisse des Jahres 2009?

Doch natürlich lautet am frühen Sonntagmorgen der Top-Favorit wieder einmal Jimmie Johnson. Martins Teamkollege gewann nicht weniger als vier der letzten fünf Phoenix-Rennen! Johnson wiederum tritt am Wochenende - indirekt - gleich zweimal in Erscheinung, denn ein Rahmenrennen der unterklassigen Pro Series West trägt am Donnerstag seinen Namen: Das Jimmie Johnson Foundation 100.

Nur 25 Dollar für ein Ticket

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya: In Phoenix sind Dreher, Defekte und Kollisionen verboten Zoom

Phoenix ist auch bekannt für seine moderaten Eintrittspreise. So kostet das billigste Ticket für das Nationwide-Rennen am Freitagabend nur sieben US-Dollar, das Sprint-Cup-Rennen kann ab 25 US-Dollar vor Ort angesehen werden. Die High-Society von Arizona darf sich derweil bei einem 300 US-Dollar teuren Wohltätigkeitsdiner in Anwesenheit von Ex-Champion Rusty Wallace und Larry Fitzgerald, dem Wide-Receiver der Arizona Cardinals, vergnügen.

Am Wochenende wird natürlich auch Juan Pablo Montoya wieder aktiv, der über die rennfreien Ostertage einen ausgedehnten Heimatbesuch in Kolumbien unternahm. Seine Aufgabenstellung ist klar: Das Ende der Pechsträhne muss eingeläutet werden. Eigentlich sollte das recht flache Einmeilen-Oval dem Earnhardt/Ganassi-Piloten von Natur aus liegen, denn in Phoenix muss extrem viel gebremst werden.

Bei den letzten großen Sprint-Cup-Tests von Phoenix im Frühjahr 2008 holte Montoya reihenweise Bestzeiten, im Rennen konnte er diese Leistung noch nie wirklich umsetzen. Einen Hoffnungsschimmer bei seiner Aufholjagd könnte aber das Herbstrennen 2009 bedeuten: Damals fuhr der 34-Jährige als Achter locker in die Top 10. Übrigens: Obwohl Danica Patrick in Phoenix wohnt, wird der Nationwide-Rookie am Wochenende nicht anwesend sein. Patrick fährt parallel das IndyCar-Rennen von Barber.

Und wie lange das frisch operierte Knie von Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) durchhalten wird, ist nicht sicher. Hamlin befindet sich seit der OP in einer intensiven Reha und könnte im Rennverlauf durch Casey Mears abgelöst werden. Insgesamt haben 47 Sprint-Cup-Piloten gemeldet. Die Qualifikation geht in der Nacht von Freitag auf Samstag über die Bühne, das siebte Punkterennen der Saison 2010 beginnt am Sonntagmorgen ab 1:45 Uhr MESZ.

Die Meldeliste von Phoenix:

01. 00 David Reutimann (MWR-Toyota)
02. 1 Jamie McMurray (EGR-Chevrolet)
03. 02 Brandon Ash (Ash-Dodge)
04. 2 Kurt Busch (Penske-Dodge)
05. 5 Mark Martin (Hendrick-Chevrolet)
06. 6 David Ragan (Roush-Ford)
07. 7 Robby Gordon (Gordon-Toyota)
08. 9 Kasey Kahne (Petty/Yates-Ford)
09. 09 Aric Almirola (Phoenix-Chevrolet)
10. 11 Denny Hamlin/Casey Mears (Gibbs-Toyota)
11. 12 Brad Keselowski (Penske-Dodge)
12. 13 Max Papis (Germain-Toyota)
13. 14 Tony Stewart (SHR-Chevrolet)
14. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
15. 17 Matt Kenseth (Roush-Ford)
16. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
17. 19 Elliott Sadler (Petty/Yates-Ford)
18. 20 Joey Logano (Gibbs-Toyota)
19. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
20. 26 David Stremme (Latitude-Ford)
21. 29 Kevin Harvick (Childress-Chevrolet)
22. 31 Jeff Burton (Childress-Chevrolet)
23. 33 Clint Bowyer (Childress-Chevrolet)
24. 34 Travis Kvapil (Front-Row-Ford)
25. 35 Johnny Sauter (Baldwin-Chevrolet)
26. 36 Mike Bliss (Baldwin-Chevrolet)
27. 37 Kevin Conway (Front-Row-Ford)
28. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
29. 39 Ryan Newman (SHR-Chevrolet)
30. 42 Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
31. 43 A.J. Allmendinger (Petty/Yates-Ford)
32. 46 Terry Cook (Cook-Dodge)
33. 47 Marcos Ambrose (JTG/Waltrip-Toyota)
34. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
35. 55 Michael McDowell (Prism-Toyota)
36. 56 Martin Truex Jr. (MWR-Toyota)
37. 66 Dave Blaney (Prism-Toyota)
38. 71 Bobby Labonte (TRG-Chevrolet)
39. 77 Sam Hornish Jr. (Penske-Dodge)
40. 78 Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet)
41. 82 Scott Speed (Red-Bull-Toyota)
42. 83 Brian Vickers (Red-Bull-Toyota)
43. 87 Joe Nemechek (Nemco-Toyota)
44. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
45. 90 Scott Riggs (KeyedUp-Chevrolet)
46. 98 Paul Menard (Petty-Ford)
45. 99 Carl Edwards (Roush-Ford)