• 12.06.2008 11:10

  • von Pete Fink

NASCAR-Vorschau: Chevrolet-Flaute in Michigan

Auf keiner anderer NASCAR-Strecke sind die Chevrolets so erfolglos, wie auf dem Michigan International Speedway - Heimrennen für die Roush-Truppe

(Motorsport-Total.com) - Eines vorweg: Wer sein Geld gerne auf NASCAR-Ergebnisse verwettet, der sollte am kommenden Wochenende einen großen Bogen um das General-Motors-Lager machen, denn Jeff Gordon war im Juni 2001 (!) der letzte Chevrolet-Pilot, der auf dem Michigan International Speedway ein Sprint-Cup-Event gewinnen konnte.

Titel-Bild zur News:

Start frei zum ersten von zwei Michigan-Events der NASCAR

Seither gab es zwar nicht weniger als 13 Cup-Rennen, aber siebenmal stand dabei ein Ford in der Victory Lane und sechsmal behielt ein Dodge-Fabrikat die Oberhand auf dem zwei Meilen langen Oval in den malerischen Irish Hills von Brooklyn, Michigan, etwa 100 Kilometer südwestlich von Detroit.#w1#

Mit einer Kurvenüberhöhung von 18 Grad und einer sehr breiten Fahrbahn gilt das 1968 von Charles Moneypenny erbaute Oval im Allgemeinen als sehr gut zu befahren, sogar kleinere Fahrfehler werden in Michigan gewöhnlicherweise verziehen. Moneypenny ist in NASCAR-Kreisen übrigens kein unbekannter, denn er zeichnete zuvor bereits für den Bau des 'Daytona International Speedway' verantwortlich.

Früher beheimatete das Oval auch einen Straßenkurs im Inneren - dessen Design übrigens von Formel-1-Legende Stirling Moss stammt - doch seit 1984 wurde darauf kein Rennen mehr ausgetragen. Zu diesem Zeitpunkt war der Speedway bereits im Besitz von Roger Penske, denn als während der Ölkrise von 1973 der ursprüngliche Betreiber pleite ging, schlug der Tycoon zu und schnappte sich das Areal für ein Butterbrot.

Skandal und Unfälle in Michigan

Dario Franchitti Michigan Unfall

IndyCars in Michigan: Dario Franchittis Horrorunfall im Sommer 2007 Zoom

Penske verschrieb der Anlage in der Folge eine richtige Frischzellenkur. Unter anderem erweiterte er die Kapazität von ursprünglich 25.000 auf 125.000 Sitzplätze (heute: 137.243) und brachte später seine Rennstreckenfirma 1997 unter dem Namen Penske Motorsport Inc. an die Börse. 1999 verkaufte er alles an den damaligen NASCAR-Chef Bill France Jr.

Kurz zuvor sorgte der MIS für einen der größten Skandale in der US-Rennsportgeschichte, denn am 26. Mai 1996 fand hier ein denkwürdiges IndyCar-Rennen statt. Es handelte sich um das U.S. 500, das als Konkurrenzveranstaltung zum Indy 500 am selben Tag wie Indianapolis angesetzt war.

"Das war der Anfang von allem", erinnerte sich Paul Tracy einmal. "Roger und die CART-Leute wollten das Rennen am gleichen Tag wie das Indy 500 haben." In der Folge schaukelte sich die bittere Rivalität zwischen der IRL und den CART-Bossen hoch, während die NASCAR-Chefs in Charlotte sich als Beobachter die Hände rieben.

Heute fahren die IndyCars nicht mehr in Michigan, was Dario Franchitti nach dessen Horrorunfall sicher gut gefallen wird. Dafür besucht der NASCAR-Tross das Zwei-Meilenoval gleich zweimal pro Saison - einmal im Juni und nur zwei Monate später im August. Der MIS liegt auf einem recht nördlichen Breitengrad, was vor allem im Hochsommer einen trockenen Wochenendablauf garantieren sollte.

Endlich: Der Bart ist ab

Carl Edwards

Michigan, Juni 2007: Carl Edwards und der Bart von Tom Giacci kurz vor der Rasur Zoom

Kurt Busch (Penske-Dodge) und Carl Edwards (Roush-Ford) lauten die beiden Vorjahressieger, aber auch dessen starke Teamkollegen Matt Kenseth und Greg Biffle, sowie der zweite Penske von Ryan Newman fuhren in der Vergangenheit gleich zweimal in die Victory Lane. Der aktuelle Mann der Stunde ist jedoch zweifelsohne Kasey Kahne und auch der Evernham-Pilot weiß, wie man in Michigan gewinnt. Er holte sich im Juni 2006 den Siegerpokal ab.

Doch die Schlagzeilen 2007 gehörten Carl Edwards, wenn auch aus einem eher ungewöhnlichen Grund. Denn nach Edwards Sieg im November 2005 auf dem Texas Motor Speedway versprach dessen langjähriger Freund und Fahrer seines Motorhomes, Tom Giacchi, sich bis zum nächsten Edwards-Sieg nicht mehr zu rasieren.

Die Saison 2006 verlief prompt sieglos und Giacchis Bart wurde immer länger - eben bis Michigan im Juni 2007. Was für Giacchi wahrscheinlich eine Wohltat war, bedeutete für Edwards einen Turnaround. In Bristol und Dover ließ er zwei weitere Siege folgen, und 2008 hat Edwards ebenfalls bereits drei Saisonrennen für sich entschieden.

Überhaupt gab es in den vergangenen Jahren in Michigan ein richtig dominantes Team, nämlich Roush Fenway Racing. Vielleicht liegt es an der Nähe zu den Automobilriesen in Detroit, vielleicht liegt es aber auch daran, dass Teamchef Jack Roush sein Domizil unweit des MIS aufgeschlagen hat, nämlich in Livonia, Michigan.

Heimrennen für Jack Roush

Jack Roush

Jack Roush hat in Michigan eine richtige Erfolgsstatistik aufzuwiesen Zoom

"Zwei Drittel der Aktivitäten von Roush Industries und zwei Drittel unserer Leute kommen aus Südost-Michigan", erklärte Roush. "Wir genießen dort also große moralische Unterstützung. Wir haben hier zum 100. Geburtstag der Ford Motor Company gewinnen können, Mark Martin gewann hier für mich mein 200. Rennen und im Schnitt haben wir hier in allen drei NASCAR-Serien mehr Erfolge als auf jeder anderen Strecke."

In der Tat: 105mal haben Roush-Fahrzeuge im Cup gewonnnen, alleine zehnmal geschah dies in Michigan. "Ich warte immer, dass diese Serie reißt. Ich gehe nach Michigan und denke mir, dass wir hier unseren Anteil bereits bekommen haben und nun langsam ans Zurückgeben denken müssen. Aber natürlich hoffe ich nicht, dass dies an diesem Wochenende beginnt."

Einer der dafür sorgen könnte ist natürlich Kasey Kahne. "Für mich sind unsere Autos einfach nicht schnell genug", meckerte der Evernham-Pilot noch am Tag vor dem Allstar-Race in Charlotte. Seither hat er drei der vier folgenden Cup-Events gewinnen können.

"In diesem Sport definiert sich soviel über den Begriff Momentum", beschrieb Kahne die derzeitige Stimmung im Evernham-Lager. "Es hat soviel mit Selbstvertrauen zu tun. Wenn man derzeit durch unseren Shop läuft, dann trägt jeder ein Lächeln mit sich herum. So sah es vor sechs Wochen noch nicht aus."

Earnhardt Jr. und die Konstanz

Dale Earnhardt Jr. Hendrick

Konstanz: Dale Earnhardt Jr. erwartet in Michigan zumindest keinen Sieg Zoom

Michigan, so Kahne weiter, sei schon immer eine Strecke gewesen, "auf der wir stark waren. Ich hoffe, dass unsere Erfolgsgeschichte anhält. In unserem Team läuft gerade alles perfekt. Es wäre toll, wenn die Siegesserie für Gillett-Evernham weitergehen würde."

Einer aus der Chevrolet-Flotte, der in Michigan noch überhaupt nie gewinnen konnte, ist Dale Earnhardt Jr. Auch sein Vater Dale Sr. fuhr lediglich zweimal in die Victory Lane, und es wäre schon eine große Überraschung, wenn der NASCAR-Superstar ausgerechnet im Norden seine über zweijährige sieglose Strähne brechen könnte.

"Wir sind hier nicht oft mit dem neuen Auto gefahren", erklärte Dale Jr. "Aber es macht Spaß. Es ist eine große Strecke und es wird sehr interessant werden, hier mit dem Car of Tomorrow zu fahren. Ich habe nämlich überhaupt keine Ahnung, was uns hier erwarten wird." So sieht sein Michigan-Ziel eher bescheiden aus. "Ich will unsere konstanten Leistungen fortsetzen."

Jene führten den Hendrick-Piloten in der Gesamtwertung bis auf Position drei, was gleichbedeutend mit einer sicheren Qualifikation für den NASCAR-Chase ist. Doch am unteren Ende der Top 12 tobt gerade ein heißer Kampf - mit einem durchaus überraschenden Kandidaten.

Heißer Kampf um die Playoff-Plätze

Juan Pablo Montoya und David Ragan

Juan Pablo Montoya ist ein Hobbygolfer - David Ragan kämpft um den Chase Zoom

David Ragan liegt auf Gesamtposition 13, nur sieben Punkte hinter dem zweifachen NASCAR-Champion Tony Stewart (Gibbs-Toyota). Und: Ragan fährt für Jack Roush. "Es ist eine Kombination aus vielen Dingen", analysierte Ragan seine persönliche Erfolgsstory. "Ich mache weniger Fehler, wir haben uns in der Qualifikation verbessert und haben an jedem Wochenende einfach bessere Autos. Das alles hat in Summe dazu geführt, wo wir jetzt gerade in den Punkten stehen."

Überhaupt wird es ein ganz heißer NASCAR-Sommer werden, denn mit Ryan Newman (Penske-Dodge), Matt Kenseth (Roush-Ford), Martin Truex Jr. (DEI-Chevrolet) und sogar Brian Vickers (Red-Bull-Toyota) liegen weitere vier Piloten in einer Chase-Reichweite, die sich alle in einem Bereich von 120 oder weniger Punkten Schlagdistanz befinden.

Newman gewann in Michigan bereits zweimal, ebenso Kenseth, der noch nie in der Chase-Geschichte einen Playoff-Platz verpasst hat. 2005 hatte der NASCAR-Champion des Jahres 2003 zu diesem Zeitpunkt satte 308 Zähler Rückstand - und kam dennoch in den Chase. Truex Jr. wiederum beendete 2007 beide Michigan-Events auf dem undankbaren Platz zwei.

Red-Bull-Pilot Vickers wiederum sicherte sich in Michigan einen starken achten Platz im Sommerevent, während für Juan Pablo Montoya und dessen Ganassi-Team an den großen Seen bislang nichts zu holen war. Die Ränge 43 und 26 bedeuten nichts Gutes für den Hobbygolfer aus Kolumbien, der wenigstens ein positives Element in Michigan weiß: Unter allen US-Bundesstaaten herrscht hier die größte Dichte an öffentlichen Golfplätzen...

Kurt Busch unter Druck

Kurt Busch

Wiederholung erwünscht - Kurt Busch und sein bisher letzter Cup-Sieg in Michigan Zoom

Ein ehemaliger NASCAR-Champion hat in Michigan ganz gehörigen Druck: Kurt Busch gewann hier im August 2007 für Roger Penske, nachdem er 2003 bereits einmal für Jack Roush triumphierte. Solch ein Resultat benötigt Kurt Busch nun dringend, um sich von seinem 20. Platz noch in Richtung Playoff zu bewegen.

"Es ist wie ein zweites Heimrennen für alle", weiß der Mann aus Las Vegas. "Man hat nun einmal gute Zeiten und man muss auch einmal schlechte Zeiten durchstehen. Aber wir arbeiten sehr hart daran, uns im Punktestand aufzurappeln. Wer weiß, vielleicht gelingt uns doch noch der Sprung in den Chase."

Unter den Piloten, die um die Top 35 kämpfen, darf sich besonders Patrick Carpentier auf Michigan freuen. Denn bislang betrat der Kanadier auf nahezu allen Strecken absolutes Neuland, nicht aber in Michigan. Denn aus seiner CART-Zeit verfügt der Evernham-Pilot über viel Erfahrung auf dem Zweimeilenoval, schließlich gewann er dort 2001 sein erstes ChampCar-Rennen.

Neben den Sprint-Cup-Assen fahren am Wochenende in Michigan auch noch die ARCA-Serie mit Scott Speed und die Trucks der Craftsman Truck Series. Die Startflagge zum LifeLock 400 fällt am Sonntagabend gegen 20:00 Uhr MESZ. Die Qualifikation beginnt am Freitagabend kurz nach um 21:00 Uhr MESZ.

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