• 23.05.2013 08:44

  • von Pete Fink

NASCAR-Marathon: Das Coca-Cola 600 in Charlotte

Das Coca-Cola 600 auf dem Charlotte Motor Speedway ist das längste Sprint-Cup-Rennen der Saison: die lange NASCAR-Nacht auf 'Motorvision TV'

(Motorsport-Total.com) - Erst das Allstar-Race und nun das Coca-Cola 600. In den Reihen der NASCAR-Teams gelten die beiden Charlotte-Wochen im Mai jedes Jahr als eine Art Kurzurlaub mitten in der Saison. Kein Wunder, denn schließlich sind fast alle Mannschaften im direkten Umfeld rund um die Millionenmetropole im US-Bundesstaat North Carolina angesiedelt. Und im stressigen Sprint-Cup-Kalender mit seinen 38 Rennwochenenden ist es für die Vielflieger eine willkommene Abwechslung, einmal zwei Wochen am Stück im eigenen Bett schlafen zu können.

Titel-Bild zur News: Kasey Kahne, Denny Hamlin

Mai 2012: Kasey Kahne bezwingt im Coca-Cola 600 Denny Hamlin

Streng genommen liegt der Charlotte Motor Speedway übrigens gar nicht im Gebiet der nach Queen Charlotte of Mecklenburg, der Frau des damaligen britischen König George III., benannten Stadt, sondern etwa 30 Kilometer nördlich in Concord im Regierungsbezirk Cabarrus County. Dies ist sozusagen ein eingemeindeter Vorort. Dort wurde das 1,5 Meilen-Oval mit seiner Kurvenüberhöhung von 24 Grad im Jahr 1959 erbaut und diente damit als Vorbild für viele andere Intermediate-Ovale. Oder anders formuliert: Das "Beast of the Southeast" ist die Mutter aller modernen 1,5 Meiler.

Und Bruton Smith, der Boss der Speedway Motorsports Inc., wollte noch etwas besonderes aufbieten: Ein NASCAR-Rennen über 600 Meilen (oder 955,6 Kilometer), das am US-amerikanischen Memorial-Day-Wochenende als Konkurrenz zum Indy 500 stattfinden sollte. Die erste Auflage des World 600 ging 1960 etwas verspätet im Juni über die Bühne, weil Schneestürme (und finanzielle Probleme) die Fertigstellung der Strecke verzögerten. Nach der Installation der Flutlichtanlage im Jahr 1992 wurde sukzessive der aktuelle Startzeitpunkt um 18 Uhr Ortszeit eingeführt, der die 400 Runden-Schlacht noch komplexer macht: Vom warmen Tageslicht in die teilweise recht schattige Frühsommernacht von Charlotte.

Mitte der 1980er-Jahre sprang schließlich Coca-Cola als Titelsponsor an Bord und aus dem World 600 wurde das auch heute noch bekannte Coca-Cola 600. Es war neben Daytona, Talladega und Darlington eine der vier NASCAR-Kronjuwelen, in denen es um die berühmte "Winston-Million" ging, die sich Bill Elliott (1985) und Jeff Gordon (1997) sicherten. "Million-Dollar-Bill" Elliott fehlte anno 1985 übrigens ausgerechnet der Charlotte-Sieg, seine drei Erfolge in Daytona, Talladega und beim Southern 500 von Darlington reichten jedoch für den Scheck.

Hendrick-Dominanz in Charlotte

Jimmie Johnson

Jimmie Johnson kommt als frischgebackener Allstar-Sieger Zoom

Mit fünf Siegen ist Darrell Waltrip der erfolgreichste Pilot in diesem NASCAR-Marathon. Unter den aktiven Fahrern kann das Hendrick-Trio Jeff Gordon, Jimmie Johnson und Kasey Kahne jeweils drei Erfolge vorweisen. Aber das Coca-Cola 600 hat noch eine ganz andere Spezialität, denn es war in der Vergangenheit gerne einmal der Schauplatz eines Premierensiegs. So geschehen im Fall David Pearson, Jeff Gordon, Bobby Labonte oder auch Matt Kenseth. Nach Casey Mears (2007) war der bisher letzte Kandidat aus dieser Reihe 2009 David Reutimann an einem Montagabend, weil der Sonntag durchgängig verregnet blieb. In den 24 Stunden von Charlotte musste Reutimann statt der 400 Runden nur 227 Umläufe absolvieren.

Natürlich hat das Coca-Cola 600 auch einige absolute Rekorde vorzuweisen: So gewann Kevin Harvick im Mai 2011 das längste NASCAR-Rennen aller Zeiten, das nach einer Green-White-Checkered-Verlängerung über 402 Runden oder 603 Meilen oder 970,43 Kilometer ging. Der damalige Pechvogel hieß Dale Earnhardt Jr., dem auf den letzten Metern der Sprit ausging. Dies ist ebenfalls ein typisches Strategiemerkmal: Das Coca-Cola 600 wird am Ende gerne einmal zu einem ausgiebigen Benzinpoker.

Im Mai 2005 kam es zu nicht weniger als 22 Gelbphasen, bevor Jimmie Johnson vor Bobby Labonte und Carl Edwards gewann. Auch dies ist absoluter NASCAR-Rekord, die reine Rennzeit betrug über fünf Stunden. Knapp vier Stunden benötigte im Vorjahr Kasey Kahne, der nach einem recht ruhigen Rennverlauf den 17. Hendrick-Erfolg in einem Charlotte-Rennen sicherstellte - ebenfalls Rekord. Ganz im Gegensatz übrigens zu Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet), der im Coca-Cola 600 noch nie gewinnen konnte. "Smoke" siegte dafür wenigstens im Herbstrennen 2003.

Komplett sieglos sind in Charlotte noch einige der "Big-Names" wie Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet), Kyle Busch oder Denny Hamlin (beide Gibbs-Toyota). Im Vorjahr verhinderte dies nur Kahne, der letztlich souverän vor Hamlin und Kyle Busch gewann. Auch dem amtierenden NASCAR-Champion Brad Keselowski (Penske-Ford) und seinen Markenkollegen Greg Biffle und Carl Edwards (beide Roush) fehlt Charlotte ebenfalls noch in den persönlichen Trophäensammlungen.

Wetterbericht positiv

Clint Bowyer

Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) gewann in Charlotte im Oktober 2012 Zoom

Apropos Roush/Fenway Racing: Für die Fans von Biffle, Edwards und auch Rookie Ricky Stenhouse Jr. wird das Coca-Cola 600 zu einer etwas anstrengenden Angelegenheit: Alle drei Roush-Piloten rücken am Charlotte-Wochenende in einer quasi identischen blau-weißen Lackierung von Hauptsponsor Fastenal aus. Der einzige optische Unterschied sind die Farben der Startnummern: Biffle (16) in gelb, Stenhouse (17) in rot und Edwards (99) in weiß.

Im Normalfall zeichnen sich die 400 Runden von Charlotte durch lange Green-Flag-Runs aus. Das Benzinfenster ist, wie auf allen 1,5 Meilen-Ovalen, wieder um die 50 Runden. Kombiniert mit den wechselnden äußeren Bedingungen ergeben sich im Rennverlauf aller Wahrscheinlichkeit nach wieder Möglichkeiten für die diversen Strategiespiele der Sprint-Cup-Crewchiefs, die nicht selten die Würze dieses NASCAR-Marathons darstellen.

Der Wetterbericht für das Wochenende ist zumindest am Samstag und Sonntag gut mit viel Sonne, Temperaturen jenseits der 20 Grad und einer Regenwahrscheinlichkeit kleiner 20 Prozent. Für die Freien Trainings und die Qualifikation sieht es etwas schlechter aus: Derzeit regnet es in Charlotte, die Bedingungen sollen sich im Tagesverlauf aber verbessern. Für das Nationwide-Rennen am Samstagabend ist die Regenwahrscheinlichkeit sogar gleich Null.

Gemeldet haben 44 Teams. Die Qualifikation zum Coca-Cola 600 findet bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag statt, die Startflagge zum längsten Sprint-Cup-Rennen der Saison fällt am Sonntagabend um kurz nach Mitternacht. 'Motorvision TV' überträgt den NASCAR-Klassiker live und in voller Länge ab 23:30 Uhr MESZ. Ab 23:00 Uhr gibt es eine kleine europäische NASCAR-Einstimmung, wenn die Höhepunkte der EuroRacecar-Series aus Dijon gezeigt werden. Die anschließende Nachtsession wird von Pete Fink und Mario Fritzsche kommentiert.

Der Zeitplan von Charlotte:

Donnerstag:
21:30 - 23:00 Uhr : Erstes Freies Training

Freitag:
ab 1:10 Uhr: Qualifying zum Coca-Cola 600

Samstag:
16:00 - 16:55 Uhr: Zweites Freies Training
19:00 - 20:00 Uhr: Abschlusstraining
ab 20:45 Uhr: Nationwide-Rennen

Sonntag:
ab 24:00 Uhr: Coca-Cola 600 (ab 23:00 Uhr live auf 'Motorvision TV')

Die Meldeliste von Charlotte:

01. 1 Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford) - PC1
03. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
04. 7 Dave Blaney (Baldwin-Chevrolet)
05. 9 Marcos Ambrose (Petty-Ford)
06. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
07. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota)
08. 13 Casey Mears (Germain-Ford)
09. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) - PC2
10. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
11. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
12. 17 Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford)
13. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
14. 19 Mike Bliss (TriStar-Toyota)
15. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) - PC5
16. 21 Trevor Bayne (Wood-Ford)
17. 22 Joey Logano (Penske-Ford)
18. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet) - PC6
19. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
20. 29 Kevin Harvick (Childress-Chevrolet)
21. 30 David Stremme (Swan-Toyota)
22. 31 Jeff Burton (Childress-Chevrolet)
23. 32 Timmy Hill (FAS-Ford)
24. 33 Landon Cassill (Circle-Chevrolet)
25. 34 David Ragan (Front-Row-Ford)
26. 35 Josh Wise (Front-Row-Ford)
27. 36 J.J. Yeley (Baldwin-Chevrolet)
28. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
29. 39 Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet)
30. 42 Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet)
31. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
32. 47 Bobby Labonte (JTG-Toyota) - PC7
33. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) - PC3
34. 51 Regan Smith (Phoenix-Chevrolet)
35. 55 Mark Martin (Waltrip-Toyota)
36. 56 Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota)
37. 78 Kurt Busch (Furniture-Row-Chevrolet) - PC4
38. 83 David Reutimann (BK-Toyota)
39. 87 Joe Nemechek (Nemco-Toyota)
40. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
41. 93 Travis Kvapil (BK-Toyota)
42. 95 Scott Speed (Leavine-Ford)
43. 98 Michael McDowell (Parsons-Ford)
44. 99 Carl Edwards (Roush-Ford)