• 19.04.2010 22:13

  • von Pete Fink

Nach Massencrash: Hamlin siegt im Texas-Thriller!

Denny Hamlin bezwang in einem dramatischen Texas-Rennen Jimmie Johnson - Jeff Gordon verliert in einem Massencrash den Sieg, auch Montoya verwickelt

(Motorsport-Total.com) - Dramatik pur in Texas! Etwa 90.000 Zuschauer trotzten auf dem Texas Motor Speedway dem Regenwetter des Wochenendes - und sie dürften es keine Sekunde bereut haben: Sie sahen einen beinhart agierenden Jeff Gordon, der nicht einmal vor einem handfesten Lackaustausch mit seinem Hendrick-Teamkollegen Jimmie Johnson zurückschreckte und schon fast wie der sichere Sieger aussah.

Titel-Bild zur News: Carl Edwards, Tony Stewart, Jeff Gordon, Juan Pablo Montoya

Texas-Vorentscheidung: Jeff Gordon wird in die Massenkarambolage verwickelt

Doch es kam, wie es in der Saison 2010 wohl kommen muss: Nach einer späten Gelbphase wurde das Feld aufgrund unterschiedlicher Reifenstrategien durcheinander gewürfelt. Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) und Jeff Gordon lösten eine heftige Massenkarambolage aus, in die insgesamt neun der Top-Autos - unter anderem auch der Earnhardt/Ganassi-Chevrolet von Juan Pablo Montoya - verwickelt waren.#w1#


Fotos: NASCAR in Texas


So fiel die Entscheidung in einem Zielsprint über zwölf Runden, den der erst vor knapp drei Wochen am linken Kreuzband operierte Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) für sich entschied. Hauchdünn, denn dahinter kam Johnson auf vier frischen Reifen in Sieben-Meilen-Stiefeln angeschossen: "Eine Runde länger und ich hätte ihn noch eingeholt", kommentierte der NASCAR-Champion.

Dritter wurde Hamlins Teamkollege Kyle Busch vor seinem älteren Bruder Kurt (Penske-Dodge) und dem Hendrick-Neuzugang Kasey Kahne (Petty-Ford), der in dieser Woche die NASCAR-Schlagzeilen beherrschte. Für Texas-Pechvogel Jeff Gordon blieb am Ende nur Rang 31, Montoya musste als 35. erneut einen schweren Dämpfer im Kampf um den Chase einstecken.

Jeff Gordon beinhart

Jimmie Johnson, Jeff Gordon

Jimmie Johnson und Jeff Gordon beharkten sich in Texas über viele Runden Zoom

Gordon feierte in Texas vor genau einem Jahr seinen bislang letzten Sprint-Cup-Sieg. 317 der insgesamt 334 Runden auf dem superschnellen 1,5 Meilenoval zwischen Dallas und Fort Worth sah es so aus, als könne der vierfache NASCAR-Champion diesen Erfolg wiederholen. Der Hendrick-Pilot ging aggressiv wie zuletzt selten zur Sache, was in Runde 240 einen ersten Höhepunkt fand.

Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass bei einem normalen Rennverlauf nur Johnson dem Gordon-Chevy gefährlich werden konnte. Andauernd wechselte die Führung zwischen den beiden befreundeten Teamkollegen, als es ausgangs Turn 4 sogar zu einem direkten Lackaustausch kam. "Er kam ins Übersteuern und ist mir in meine Türe gefahren", schilderte Gordon den Sachverhalt, während sich Johnson "enttäuscht" über dessen ungewohnte Aggressivität äußerte.

In jedem Fall trug der linke vordere Kotflügel am Johnson-Chevy einen Streifschuss davon, der sich durch deutliche Rauchzeichen am linken Vorderreifen bemerkbar machte. 32 Runden später machte der Goodyear-Gummi endgültig schlapp, der NASCAR-Dominator musste an die Box.

Das Problem: Zu diesem Zeitpunkt waren noch 62 Runden zu fahren, was Johnson mit einer Tankfüllung niemals geschafft hätte. Sein Minus betrug neun satte Runden. Gordon und Co. absolvierten ihren letzten Stopp zwar ebenfalls unter Grüner Flagge, lagen jedoch mit einigem Sicherheitsabstand benzintechnisch im Soll.

Reutimann mit Motorplatzer

Johnson benötigte also dringend eine Gelbphase, Spitzenreiter Gordon, der sich im Anschluss einen komfortablen Vorsprung von über zwei Sekunden herausgefahren hatte, nicht. Doch natürlich stand dem Champion einmal mehr das Glück zur Seite: 23 Runden vor dem Ende verabschiedete sich das Toyota-Triebwerk von David Reutimann (Waltrip-Toyota) mit einem Feuerwerk, was das hochdramatische Texas-Finale in durchaus passender Manier einläutete.

Im Jahr 2010 lautet die alles entscheidende Frage im Kampf um den Sieg: Wer nimmt beim letzten Stopp zwei neue Reifen mit, wer setzt auf Vier? So auch in Texas. Jeff Burton (Childress-Chevrolet), Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet), Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet), Greg Biffle (Roush-Ford) und Kyle Busch (Gibbs-Toyota) setzten allesamt auf die Karte zwei, während Gordon und Johnson dahinter beim Restart nur aus Reihe vier in das Finale gingen.

Das Problem dabei: Die Hendrick-Zwillinge hatten in dieser Situation mit ihren vier neuen Goodyear-Gummis nicht nur den Reifenvorteil auf ihrer Seite, sondern - und das hatte der bisherige Rennverlauf deutlich gemacht - besaßen natürlich die schnellsten Autos der Spitzengruppe. Nun steckten sie im vorderen Mittelfeld fest, ein Tohuwabohu war sozusagen vorprogrammiert.

Der dazu passende Fachbegriff im NASCAR-Jargon lautet: "Three Wide". Zu dritt nebeneinander stachen Stewart außen, Gordon in der Mitte und innen Biffle aus Turn vier heraus. Stewarts Chevrolet kam leicht quer und touchierte das Gordon-Auto. Direkt dahinter drehte der völlig machtlose Roush-Ford von Carl Edwards den Stewart-Chevy auf der Zielgerade endgültig um 90 Grad, bevor das Chaos losbrach.

Neun Wracks - harter Crash von Montoya

Die Wracks von Stewart, Gordon und Edwards bildeten ein Hindernis, dem Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet), Clint Bowyer (Childress-Chevrolet), A.J. Allmendinger (Petty-Ford), Joey Logano (Gibbs-Toyota) und Paul Menard (Petty-Ford) nicht ausweichen konnten. Dies gelang Montoya, der dabei jedoch über das pitschnasse Gras im Infield musste. Ohne jegliche Einflussnahme rodelte der Montoya-Chevy quer über die Fahrbahn zurück und schlug frontal und hart in die Mauer ein.

Damit waren neun der Top-Autos also aus dem Geschäft. Vor allem dem so überzeugend auftretenden Jeff Gordon wurde nach Martinsville und Phoenix zum dritten Mal in Folge ein Sprint-Cup-Sieg vor der Nase weggenommen. Nach einer knapp 20-minütigen Aufräumphase ging es in die letzten zwölf Runden.

Auch die sollten es noch einmal in sich haben: Leader Burton bot dem neben ihm gestarteten Hamlin nur kurz Widerstand und wurde noch bis auf Platz 12 durchgereicht. Ganz innen stürmte Kyle Busch nach vorne und hatte dabei Dale Earnhardt Jr. im Schlepptau, während Johnson auf kalten Reifen mit wenig Luftdruck um ein Haar in die Mauer gefahren wäre.

Das Gibbs-Duo Hamlin und Kyle Busch stürmte also vorne weg, während Earnhardts Reifen nun ganz schnell abbauten. Doch Hendrick Motorsports war noch nicht geschlagen, weil die Johnson-Gummis jetzt auf Betriebstemperatur kamen. "Junior" (8.) wurde leichte Beute, drei Runden vor dem Ende kassierte Johnson auch Kyle Busch. Hamlin war zu diesem Zeitpunkt eine halbe Kurve enteilt, doch Johnson flog fast heran.

Hamlin siegt - Johnson baut Tabellenführung aus

Denny Hamlin

Denny Hamlin reichten 12 Führungsrunden zum knappen Sieg über Johnson Zoom

Im vorletzten Umlauf machte der Kalifornier alleine neun Zehntelsekunden auf den schwarzen Gibbs-Toyota gut und in der Schlussrunde war er eingangs Turn 3 bereits im Windschatten. Vermutlich hätte nur ein Kamikazemanöver den Johnson-Sieg gebracht, denn am Ende hatte Hamlin noch um 0.153 Sekunden die Nase vorne.

Die Gebrüder Busch landeten auf den Plätzen drei und vier vor Kasey Kahne und NASCAR-Oldie Mark Martin, der im Samsung 500 eigentlich nie eine Rolle spielte. Gleiches gilt für Childress-Pilot Kevin Harvick (7.) und Martin Truex Jr., der hinter Earnhardt auf Platz neun ins Ziel kam. Greg Biffle rundete die Top 10 ab.

In der Sprint-Cup-Gesamtwertung besitzt Jimmie Johnson nun bereits ein Punktepolster von über 100 Zählern. Neu in den Top 12 sind Kurt Busch, Mark Martin und Sieger Denny Hamlin. Tony Stewart, Carl Edwards und Clint Bowyer rutschten aus den Playoff-Plätzen heraus. "Ich dachte, den 'Big One' gibt es erst kommende Woche in Talladega", lautete die passende Texas-Analyse Bowyers.

Auf dem unberechenbaren Superspeedway in Alabama muss Juan Pablo Montoya unbedingt ein Top-Resultat herausfahren: Nach dem fünften Missgeschick im achten Saisonrennen liegt der Kolumbianer nun auf Platz 24, sein Rückstand auf die Top 12 beträgt jetzt bereits 182 Punkte.