Mark Martin: "Wie blöd hätte das denn ausgesehen?"
Mark Martin erklärte nach dem Loudon-Rennen das Finale aus seiner Sicht und verriet, warum er so viel Respekt vor Juan Pablo Montoya hat
(Motorsport-Total.com) - Für viele NASCAR-Beobachter ist Mark Martin der Titelfavorit der Sprint-Cup-Saison 2009. In Loudon erwischte der 50-jährige Hendrick-Pilot einen perfekten Chase-Auftakt und äußerte sich auf seiner Pressekonferenz nicht nur über die sagenhaften letzten Runden des Sylvania 300.

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Jubel bei Mark Martin: Saisonsieg Nummer fünf und die Tabellenführung
Frage: "Mark, Juan Pablo sprach davon, dass du in Turn 1 einfach angehalten hättest. Er sagte, man müsse dem Hintermann schon vertrauen, dass der dich nicht aus dem Weg schiebt. War das ein kalkuliertes Manöver von dir?"
Mark Martin: "Man kann da hineininterpretieren, was man will. Aber meine erste Antwort auf diese Frage wäre: Ja. Im Vergleich zu seinem Tempo habe ich wohl angehalten. Ich denke nicht, dass ich gestoppt habe. Aber so schnell, wie er unterwegs war, muss es für ihn wohl so ausgesehen haben."#w1#
"Diese Strecke kann dich sehr schnell frustrieren. Track-Position ist so unglaublich kritisch und er hatte heute das schnellste Auto. Ich habe um dieses Rennen gekämpft, aber deswegen werde ich noch lange keinen Blödsinn machen."
Frage: "Er sagte, es war das, was getan werden musste. Er sagte auch, wenn es einem passiert, dann ist das ärgerlich, aber im umgekehrten Fall fühlt es sich gut an..."
Martin: "Ganz ehrlich: Anhalten ist ein hartes Wort. Ich stellte sicher, dass ich nicht in die Kurve hinein fahre und direkt vor ihm mein Auto verliere. Wahrscheinlich war sein Auto genau an dieser Stelle richtig gut. Mein Auto war am Kurveneingang nicht so schnell. Wir haben unsere Zeit in der Kurvenmitte und am Ausgang gemacht."
"Also musste ich ganz easy in die Kurven hineinfahren. Als ich in Front lag, ging es nur noch darum, nicht plötzlich quer daherzukommen und auf der Strecke nach oben zu rutschen. Ich meine, wie blöd hätte das denn bitte schön ausgesehen?"
Endlich auch in New Hampshire ganz vorne

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Der alte Fuchs Mark Martin griff in New Hampshire ganz tief in die Trickkiste Zoom
Frage: "Und wenn du mit seinem Tempo in die Kurve hineingegangen wärst...."
Martin: "...dann wäre ich nach oben geschlittert, hätte das Rennen verloren und müsste der ganzen Welt erklären, dass ich es versemmelt habe. Genau darum ging es in diesem Moment."
Frage: "Vor dem Rennen sprachst du darüber, dass du in New Hampshire Probleme hast. Du sagtest, dass du mit einem ordentlichen Punkteresultat zufrieden wärst. Ist diese Zurückhaltung eines deiner Erfolgsgeheimnisse?"
Martin: "Ich weiß nicht. Ein Teil meiner Bescheidenheit liegt darin, dass ich einige Male Schläge einstecken musste. Ohne diese Erfahrung wäre ich nicht so bescheiden. Außerdem musste ich in meiner Karriere schon einige bittere Pillen schlucken, insofern bin ich mit meinen Erwartungen vorsichtig geworden."
"Zum Beispiel habe ich nicht damit gerechnet, dieses Rennen gewinnen zu können, als der Reigen der Gelbphasen begann. Ich wusste, dass ich darum kämpfen würde, aber wenn man das erwartet und es passiert dann nicht, dann zerbricht es dich. Lieber nehme ich den Kampf an und akzeptiere die Resultate so wie sie kommen."
Frage: "Warum hattest du hier solange Probleme? War es heute nur das Auto?"
Martin: "Ich war hier schon ein paar Mal gut unterwegs. Einmal saß ich auf der Pole, als mich Rusty Wallace knapp schlug. Ein anderes Mal stand ich dicht vor einem Sieg, als mich Jeff Gordon mit zwei frischen Reifen oder so austrickste. Wir standen also schon ein paar Mal dicht davor."
"Aber ich mag die eher runderen Strecken, auf denen du mit dem Lenkrad kämpfen musst, wo das Baby rutscht und du es manipulieren musst, damit es etwas tut, was es nicht will. Hier und in Martinsville kannst du das nicht machen. Deswegen mag ich Phoenix. Da sind die Kurven weiträumig und rund."
Lieber hier als in Daytona

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Der Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer fünf zählt zu den Favoriten Zoom
Frage: "Wie hast du die Situation gesehen, als sich A.J. (Allmendinger; Anm. d. Red.) am Ende drehte und die Gelbphase kam? Was konntest du nach Turn 4 noch sehen, als es den Anschein hatte, als würde A.J. mitten auf der Strecke stehen?"
Martin: "Mein Spotter berichtete mir von dem Dreher und sagte, dass noch Grün sei. Als die Gelbphase kam, ging ich etwas vom Gas, wusste aber, dass zwei Kurven noch anstehen würden. Hinter mir kam keiner, ich schaute immer wieder in den Spiegel und hatte das überprüft."
"Also wurde ich langsamer, als plötzlich irgendjemand angeflogen kam und mir hinten auffuhr. Daher beschleunigte ich natürlich wieder. Ich wusste, dass das Rennen vorbei war, aber ich habe schon viele dumme Sachen erlebt und wollte dieses Rennen nicht verlieren."
"A.J. kam wieder in Fahrt, also ging ich wieder ins Gas, was wir eigentlich nicht machen sollten. Die Kollegen flogen heran und am Funk herrschte auch Chaos. Mein Eindruck war, dass die Jungs hinter mir noch ein Rennen fuhren, während mir klar war, dass es vorbei war. Das hat zu ein wenig Chaos geführt."
Frage: "War die Entscheidung richtig, so lange mit der Gelben Flagge zu warten?"
Martin: "Das ist eine gute Frage. Ich konnte es nicht sehen, also weiß ich es nicht. Sie haben wohl wegen der Fans und der Show bis zum letzten Moment gewartet, weil sie abwarten wollten, ob er von alleine wieder in Schwung kommt. Es hätte ein Finish unter Grün geben können - für die Fans, nicht für uns Fahrer."
Gegenseitiger Respekt

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Heute zählt Mark Martin zu den ganz großen NASCAR-Publikumslieblingen Zoom
"Die Sicherheit der Piloten ist wichtig, aber es war ja keine gefährliche Situation wie etwa 2007 in Daytona. Das war etwas ganz anderes. Hier wollten sie einfach das Finale nicht beeinflussen. In Daytona, wo die Autos herumfliegen und crashen, bin ich mir da nicht so sicher. Sie denken halt an die Fans und das ist für alle gut. Aus Fahrersicht funktioniert das manchmal nicht so, wie du das gerne hättest."
Frage: "Juan Pablo wurde in New York (auf dem Chase-Media-Day; Anm. d. Red.) von einem Formel-1-Schreiber gefragt, wie die Double-File-Restarts funktionieren. Er sagte dann, dass in der Formel 1 die Piloten neben ihm immer ganz nervös geworden sind, weil sie sich fragten, was der verrückte Kolumbianer wohl als Nächstes anstellen würde. Wusstest du beim letzten Restart, dass er sich sauber verhalten würde? Wusstest du, was du erwarten konntest und dass er mit dieser Situation umgehen kann?"
Martin: "Ich hatte vom ersten Tag an jede Menge Respekt vor Juan Pablo Montoya und ich wurde von ihm schon lange respektiert. Nicht erst seit heute. Natürlich war mir nicht klar, ob er ins Rutschen kommen würde, denn immerhin kämpft er um seinen ersten Ovalsieg. Aber ich wusste, dass wenn er rutscht, er es nicht mit Absicht gemacht hätte."
"Ich habe also versucht, ihm Raum zu geben und trotzdem mein Rennen zu fahren. Es lag also alleine an ihm, wie sehr er pushen würde. Mehr konnte ich nicht machen. Mir war klar, dass er das Richtige machen würde. Wenn etwas passiert wäre, dann hätte ich gewusst, dass es ein Fehler war, und dass er mich nicht wegen des Sieges aus dem Weg geschoben hätte. Er kann sich bei mir auf genau das Gleiche verlassen."
"Das ist meine Einstellung, die oft kritisiert wird. Aber manchmal wird die Tatsache übersehen, dass man auch das zurückbekommt, was man gibt."

