Keine Strafen: Talladega-Finish sorgt für Diskussionen

Das Finale in Talladega wirbelte viel Staub auf: NASCAR sieht kein Fehlverhalten von Kevin Harvick - Setzt das Chase-Format die Fahrer zu sehr unter Druck?

(Motorsport-Total.com) - Das umstrittene Finale beim NASCAR-Rennen in Talladega sorgt weiter für Gesprächsstoff. Die beiden Gibbs-Fahrer Matt Kenseth und und Denny Hamlin warfen Kevin Harvick im Anschluss an das Rennen vor, den Unfall absichtlich herbeigeführt zu haben. Kurz vor dem finalen Restart war der Auspuff an Harvicks Chevrolet gebrochen. Da der Motor nicht mehr die volle Leistung hatte, war er beim Neustart ohnehin chancenlos. Aber anstatt nach oben auf die Seite zu fahren, blieb der amtierende Champion auf der Linie. Es kam zur Massenkollision.

Titel-Bild zur News: Talladega

Das Plate-Rennen in Talladega ist das "Wildcard"-Rennen im NASCAR-Chase Zoom

Kritiker werfen Harvick vor, den Crash mit Trevor Bayne absichtlich herbeigeführt zu haben, um in die Eliminator-Runde weiterzukommen. "Aus unserer Sicht hat Kevin nichts Verbotenes getan", sagt NASCAR-Präsident Mike Helton. "Wir haben uns die Szenen mit jenen Teams angesehen, die sein Verhalten in Frage gestellt haben. Und wir sind zufrieden, wie wir in dieser Situation gehandelt haben." Am Dienstag bestätigte NASCAR, dass es keine Strafen gibt.

Harvick selbst kann sich die Aufregung nicht erklären: "Ich hoffte, dass ich etwas besser in Fahrt komme und die Jungs hinter mir mich pushen würden, aber es klappte nicht. Als ich nach oben zog, konnte ich die 6 (Trevor Bayne; Anm. d. Red.) nicht sehen und berührte ihn." Das löste die Massenkarambolage aus und das Rennen war beendet. Für Kenseth, Hamlin, Ryan Newman und Dale Earnhard Jr. war in diesem Augenblick der Chase vorbei.

Tony Stewart, Denny Hamlin

Der Unfall machte mehreren Fahrern die Titelhoffnungen zunichte Zoom

Nach diesem umstrittenen Finish stellten sich viele die Frage, wie weit die Fahrer gehen können und ob das aktuelle Chase-Format es begünstigt, andere von der Strecke zu schieben, um selbst eine Runde weiterzukommen. "Wenn der Wettbewerb auf diesem Level ist und du siehst, wie deine Chance aus deinen Händen gleitet oder sie greifbar ist - erst wenn man in dieser Position ist, wird man wissen, wie weit man geht", findet Routinier Jeff Gordon.

Der vierfache Champion gewann noch nie einen Titel, seit es den Chase in unterschiedlichen Formaten gibt. "Das aktuelle Format hat den Augenblick etwas verändert. Es geht um die Möglichkeiten, die vor dir liegen. Trotzdem glaube ich nicht, dass es vor 20 Jahren anders war als heute", findet Gordon, der sich in Talladega für die Eliminator-Runde qualifiziert und weiterhin Chancen auf seinen fünften Titel hat.

Matt Kenseth fordert mehr Kontrolle

Kenseth sieht die Situation anders. Der Gibbs-Pilot war schon nach dem Rennen in Kansas schlechter Laune, denn beim Kampf um die Führung drehte ihn dort Joey Logano um. Und in Talladega verlor er durch den Massenunfall am Ende seine letzte Chance für die Eliminator-Runde. "Ich wurde zwei Wochen in Folge von Leuten aus dem Weg geräumt, die das getan haben, um selbst im Chase zu bleiben", sagt der Champion von 2003 genervt. "Das gehört zwar dazu, aber es braucht mehr Kontrolle."

Denny Hamlin, Jamie McMurray, Matt Kenseth

Joe-Gibbs-Racing verlor in Talladega gleich zwei Autos im Chase Zoom

Durch das aktuelle Chase-Format sind die Fahrer unter Druck. Ein Fehler kann die komplette Saison ruinieren. Schon Jimmie Johnson schied in der Challenger-Runde wegen eines Pfennigdefekts aus. Auch Harvick musste sich nach seinem 42. Platz in Chicagoland zurückkämpfen und schaffte mit dem Sieg auf der "Monster Mile" in Dover die Trendwende. "Das wollte NASCAR", meint Penske-Pilot Brad Keselowski über den Druck. "Deshalb haben sie dieses Format eingeführt."

Der Harvick-Crash beim Green-White-Checkered-Finish in Talladega löste sofort eine Gelbphase aus und das Rennen war vorbei. Nach Videostudium erklärte NASCAR Logano zum Sieger. Der zweite Platz reichte Earnhardt Jr. nicht für die Eliminator-Runde. Der Fanliebling lag auf der Innenbahn und hatte die besten Voraussetzungen, dieses Rennen zu gewinnen. Für Talladega wurde ausnahmsweise eingeführt, dass nur ein Green-White-Checkered-Versuch gemacht wird. Earnhardt Jr. übte daran aber keine Kritik.

Joey Logano

Bei der Caution lag Joey Logano hauchdünn vor Dale Earnhardt Jr. Zoom

"Wir waren sehr enttäuscht, dass wir das Rennen nicht unter Grün zu Ende bringen konnten", äußert sich NASCAR-Chef Brian France. "Aber so sind die Regeln. Die Sicherheit kommt immer an erster Stelle. Wenn es Chaos gibt, und das Auto von Denny Hamlin raucht und Feuer zu sehen ist, müssen wir sofort auf Gelb schalten." Das kostete Earnhardt Jr. die nächste Runde. "Wenn ich ein Dale Jr. Fan wäre, dann wäre ich sehr enttäuscht", sagt France. "Wir verstehen das. Das ist Teil der Emotionen bei NASCAR. Man liebt es, man kann aber auch sehr enttäuscht sein."

Der NASCAR-Chef ist überzeugt, dass die Offiziellen in Talladega alles richtig gemacht haben: "Wir versuchen Spannung und Sicherheit sehr gut auszubalancieren. Wahrscheinlich machen wir es besser als andere Rennserien. Auch wir sind Fans. Wir wollen sehen, wie die besten Teams auf der Strecke gewinnen, aber die Sicherheit kommt für NASCAR immer an der ersten Stelle. Das muss so sein."