Joey Logano siegt in Talladega und verdirbt Earnhardt-Party

Joey Logano gewinnt auch das dritte Rennen der Contender-Round - Titelkampf für Earnhardt Jr., Hamlin, Kenseth und Newman beendet - Kontroverse um Harvick

(Motorsport-Total.com) - Die ersten 131 von 188 geplanten Runden lief das CampingWorld.com 500 in Talladega - das entscheidende Rennen der Contender-Round im Kampf um den NASCAR-Titel 2015 - unter Grün. Doch am Ende brachte eine Gelbphase im reglementbedingt einzigen Green-White-Checkered-Anlauf die Entscheidung über den Rennsieg und über den Einzug in die nächste Chase-Stufe (Eliminator-Round).

Titel-Bild zur News: Joey Logano

Joey Logano siegt unter Gelb vor Dale Earnhardt Jr., Jeff Gordon, Brad Keselowski Zoom

Auf den Plan gebracht wurde die Verlängerung durch einen Motorschaden von Jamie McMurray. Das Chevy-Triebwerk verrauchte dem Ganassi-Piloten vier Runden vor dem geplanten Rennende in den Top 10 liegend und damit mitten im Pulk. Wie durch ein Wunder fanden alle nachfolgenden Fahrer einen Weg am plötzlichen Hindernis mit der Startnummer 1 vorbei. Dann nahmen die sportlichen Dramen von Talladega ihren Lauf.

Während der Großteil des Feldes ab Runde 170 zum letzten Tankstopp unter Grün an der Box gewesen war, blieb Greg Biffle (Roush-Ford) bis zu der von McMurrays Motorschaden ausgelösten Gelbphase draußen. Es drohte die Gefahr, dass der im Titelkampf keinerlei Rolle spielende Biffle beim Restart vor dem gesamten Pulk mit trockenem Tank ausrollt und damit einen "Big One" auslösen würde. Dazu kam es nicht, denn noch während der Gelbphase bog Biffle dann doch zum Tanken ab.

Green-White-Checkered-Finale mit eineinhalb Anläufen

Jeff Gordon, Jimmie Johnson, Joey Logano

Hendrick Motorsports hatte das Rennen im Griff, doch Sieger ist Penske-Pilot Logano Zoom

Beim Restart, der das Green-White-Checkered-Finale hätte einläuten sollen, drehte sich der ebenfalls nicht im Titelkampf involvierte Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) auf Platz sieben liegend ins Gras des Infields. Auch Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet) rutschte ins Gras. Die Grüne Flagge war zwar bereits draußen, aber die Spitze hatte die in Talladega extrem weit Richtung Turn 1 liegende Start/Ziel-Linie noch nicht überquert. Somit zählte der Restart nicht als Green-White-Checkered-Anlauf

Beim tatsächlichen Green-White-Checkered-Restart war es Kevin Harvick, der für Chaos sorgte. Am Stewart/Haas-Chevy des in Sachen Weiterkommen im Chase auf der Kippe stehenden Vorjahreschampions war einige Runden zuvor der Auspuff gebrochen. Mit Leistungsverlust konnte er das Tempo der Konkurrenz nicht mehr halten.

Hatte sich Harvick beim abgeblasenen Restart sofort ganz nach außen verdrückt, um den nachfolgenden Piloten nicht im Weg zu stehen, so entschied er beim entscheidenden Restart anders. Der Titelverteidiger hielt seine Spur. Der nachfolgende Trevor Bayne (Roush-Ford) versuchte, den langsamen Stewart/Haas-Chevy außen herum zu überholen. Es kam zur Kollision und diesmal zur Gelbphase, die das Rennen beendete, denn diesmal hatte die Spitze zum Zeitpunkt des Umschaltens auf Gelb die Start/Ziel-Linie bereits überquert.

Logano gewinnt um wenige Zentimeter unter Gelb

Restart in Talladega

Dale Earnhardt Jr.: Durch letzte Gelbe Flagge Chance auf Schlussattacke verloren Zoom

Nach minutenlanger Analyse der Videoaufzeichnungen und der Zeitschleifen wurde Joey Logano (Penske-Ford) zum Sieger erklärt. Er lag zum Zeitpunkt des Umschaltens auf Gelb wenige Zentimeter vor Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet). Damit hatte Logano, der bereits vor zwei Wochen auf dem Charlotte Motor Speedway und vor einer Woche auf dem Kansas Speedway gewann, auch den Sieg beim dritten Rennen der Contender-Round sicher. "Drei hintereinander, einfach unglaublich", jubelte Logano in der Victory Lane.

Der Leidtragende war Talladega-Publikumsliebling Dale Earnhardt Jr. Er hätte nach zwei schlechten Ergebnissen in Charlotte und Kansas City nun den Sieg gebraucht, um die nächste Chase-Stufe zu erreichen. Durch die Gelbphase im Green-White-Checkered-Finale wurde ihm die Chance genommen, Logano noch von der Spitze zu verdrängen. Platz zwei reichte "Junior" nicht. Der Traum vom NASCAR-Sprint-Cup-Titel 2015 ist für ihn ausgeträumt.


Fotos: NASCAR in Talladega


Zuvor hatte sich Earnhardt Jr. die meisten Führungsrunden (61) abgeholt und sich auch von einer Durchfahrtsstrafe (Mechaniker beim Boxenstopp zu früh über die Mauer gesprungen) nicht aus dem Konzept bringen lassen. Innerhalb weniger Runden hatte er sich vom Ende der Führungsrunde wieder in den Spitzenpulk nach vorn gefahren. "Ich war mir sicher, dass ich das Rennen gewinnen würde", so "Junior", der seinen zweiten Platz und damit das Ausscheiden aus dem Chase aber mit Fassung trägt.

Chase-Aus für Earnhardt Jr., Hamlin, Kenseth und Newman

Denny Hamlin

Am Gibbs-Toyota von Denny Hamlin sorgte eine lockere Dachluke für das Chase-Aus Zoom

An der nur für dieses Wochenende eingeführten Regel, die Anzahl der Green-White-Checkered-Anläufe von maximal drei auf maximal einen zu beschränken, übt Earnhardt Jr. keine Kritik: "Mit der neuen Regel habe ich kein Problem. Vor dem Rennen hielt ich sie für eine gute Regel und dazu stehe ich. Gemäß dieser Regel bin ich Zweiter geworden. Damit kann ich leben. Den Entscheidungen von NASCAR vertraue ich voll und ganz. Ich werde mich nicht allzu sehr ärgern, denn ich habe mein Möglichstes getan." Fakt ist auch: Das Weiterkommen im Chase hat "Junior" unterm Strich nicht mit Platz zwei in Talladega, sondern mit den Plätzen 28 und 21 in Charlotte und Kansas City verpasst.

Neben Dale Earnhardt Jr. brachte Talladega gemäß der Chase-Regeln für drei weitere Fahrer das Aus im Titelkampf. Ist "Juniors" Aus angesichts des denkbar knapp verpassten Sieges vielleicht das bitterste, so ist das Aus von Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) das überraschendste. Der Sieger des Chase-Auftakts in Chicago war als Tabellenzweiter nach Talladega gekommen und hatte von allen elf Wackelkandidaten im Rücken von Joey Logano die komfortabelste Ausgangspostion. Ein seltener Defekt - eine sich während des Rennens bei Top-Speed öffnende Dachklappe - zwang Hamlin aber zu mehreren Boxenstopps unter Grün. Die dabei verlorenen Runden konnte er im Rennverlauf, der ganze drei Gelbphasen sah, nicht mehr aufholen.

Kontroverse um Kevin Harvick

Aufgrund seines Punktepolsters hatte Hamlin aber auch mit Rundenrückstand noch Chancen, den Einzug in die nächste Chase-Stufe zu schaffen. Dass es anders kam, wirft er nicht zuletzt Kevin Harvick vor. Der Stewart/Haas-Pilot rettete sich mit seinem kranken Auspuff und deutlich reduzierter Motorleistung auf Platz 15 ins Ziel und hat damit seinen Verblieb im Titelkampf gesichert. Der Vorwurf von Hamlin allerdings lautet, dass Harvick die Kollision mit Trevor Bayne beim letzten Restart absichtlich herbeigeführt habe. Hamlins Gibbs-Teamkollege Matt Kenseth, für den die Titelträume nach den Plätzen 42, 14 und 26 bei den drei Contender-Round-Rennen nun ebenfalls ausgeträumt sind, teilt diese Ansicht. Ob es in den kommenden Tagen ein Nachspiel für Harvick gibt, bleibt abzuwarten.


Unfall oder Absicht? Harvick löst letzte Gelbphase aus

Der vierte Fahrer, der sich in Talladega aus dem Kreis der diesjährigen Titelanwärter verabschieden musste, ist Ryan Newman. Platz zwölf reichte dem Childress-Piloten, der im vergangenen Jahr ohne Saisonsieg zum Vizetitel fuhr, nicht für den Einzug in die Eliminator-Round. Der einen Leid, der anderen Freud. Während die Titelträume für Dale Earnhardt Jr., Denny Hamlin, Matt Kenseth und Ryan Newman zerplatzt sind, haben sich sieben weitere Fahrer zu Contender-Round-Dominator Joey Logano gesellt und kämpfen an den kommenden drei Wochenenden nach erneutem Reset der Punkte mit dem Penske-Piloten um den Einzug ins Finale in Homestead.

Die sieben weiteren Teilnehmer der Eliminator-Round neben Logano sind in der Reihenfolge ihres Talladega-Ergebnisses: Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet/3.), Brad Keselowski (Penske-Ford/4.), Carl Edwards (Gibbs-Toyota/5.), Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet/7.), Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet/10.), Kyle Busch (Gibbs-Toyota/11.) und der von mehreren Seiten eines Foulspiels bezichtigte Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet/15.).

Das erste Rennen der Eliminator-Round im Chase steigt am kommenden Wochenende auf dem als "Paperclip" bekannten Short-Track in Martinsville (Virginia). Spannend wird aber zunächst sein, ob NASCAR die Anschuldigungen gegen Kevin Harvick zum Anlass für eine wie auch immer geartete Strafe nehmen wird. Eine erste Analyse des besagten Restarts lieferte laut NASCAR-Präsident Mike Helton "keine Beweise für ein fragwürdiges Verhalten".