• 01.03.2010 00:13

  • von Pete Fink

Kannibale Johnson besiegt Jeff Gordon - Montoya stinksauer

Jimmie Johnson rang in Las Vegas einen absolut dominierenden Jeff Gordon nieder - Juan Pablo Montoya vom Teamkollegen aus dem Rennen genommen

(Motorsport-Total.com) - Was für ein bitterer Tag für Jeff Gordon! Der seit fast einem Jahr sieglose Kalifornier lag beim Shelby American auf dem Las Vegas Motor Speedway sagenhafte 218 von 267 Runden in Front. Was über weite Strecken nach einem absolut dominanten Start-/Zielsieg aussah, entpuppte sich in den Schlussrunden als mittelschweres Desaster, denn der am Sonntag in einem dunklen grün-schwarz gehaltene Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 24 sah die Zielflagge gar nur als Dritter!

Titel-Bild zur News: Jamie McMurray, Juan Pablo Montoya

Das gibt Ärger: Jamie McMurray dreht Teamkollege Juan Pablo Montoya um

Gewonnen hat NASCAR-Champion Jimmie Johnson, der damit nach Fontana bereits seinen zweiten Sieg im erst dritten Sprint-Cup-Saisonrennen 2010 holte. Eine geradezu beeindruckende Frühform des Titelverteidigers! Gleiches gilt für den wieder erstarkten Childress-Pilot Kevin Harvick (2.), der kurz vor Schluss ebenfalls noch an Jeff Gordon vorbeizog, und damit seine Tabellenführung festigte.#w1#


Fotos: NASCAR in Las Vegas


Der entscheidende strategische Fehler geschah beim letzten Boxenstopp in der siebten Gelbphase, 34 Runden vor dem Ende: Jeff Gordon führte das Feld zum Service, bei dem sein Crewchief Steve Letarte nur zwei neue Goodyear-Reifen aufziehen ließ. Johnson, der seinem Teamkollegen zuvor schon dicht im Nacken saß, holte sich hingegen vier neue Reifen ab. Dann folgte der Restart.

Zunächst hatte es den Anschein, als sei der so dominante Gordon-Chevy tatsächlich in der Lage, die vehementen Angriffe Johnsons abwehren zu können, der formatfüllend in dessen Rückspiegel auftauchte. Doch 16 Runden vor Schluss war der Zauber vorbei: Johnson saugte sich an, zog eingangs Turn 3 entschlossen nach innen - und lag in Front. Damit war die Las-Vegas-Suppe gelöffelt, das späte Überholmanöver von Kevin Harvick hatte lediglich noch statistischen Wert.

Keine bösen Gordon-Worte

Matt Kenseth, Jeff Burton, Jimmie Johnson, Jeff Gordon, Scott Speed

Riesenpech für Jeff Gordon: 218 von 267 Runden lag er in Front - und wurde Dritter Zoom

Wieder einmal hatte der Kannibale Johnson zugeschlagen, und sich auf dem Weg zu seiner Titelverteidigung zehn wertvolle Bonuspunkte für den Chase gesichert. Jeff Gordon versuchte die Situation gelassen zu nehmen: "Wir haben ganz einfach gedacht, dass sich mehr Teams nur zwei neue Reifen holen werden", lautete seine Begründung. "Manchmal ist einfach sehr schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen."

Einen Vorwurf an seine Crew wollte Jeff Gordon also nicht machen. Im Gegenteil: "Ich bin sehr stolz auf mein Team. Wir hatten ein superstarkes Auto. Ich habe mich solange wie möglich verteidigt, aber die 48 war einfach zu stark." Der so gelobte Sieger Johnson klang ganz ähnlich: "Es war ein Klasserennen mit jeder Menge hartem Racing."

Dies bot auch der zweitplatzierte Harvick. Nach einem Mauerkontakt im Freitagstraining und in der Folge nur Startplatz 34, arbeitete sich der 34-jährige Kalifornier sukzessive durch das Feld nach vorne. Zur Rennhalbzeit lag Harvick bereits auf Platz fünf, und hatte am Ende nur das Nachsehen gegen die Johnson-Übermacht.

"Meine Crew hat mir an der Box die nötige Track-Position gegeben, den Rest besorgte ein superschnelles Auto", lautete Harvicks Analyse. Sein Dank gebührte also vor allem dem Childress-Team, denn "ich habe uns am Freitag geschadet." Weil auch Clint Bowyer (8.) und Jeff Burton (11.) erneut weit vorne mitmischten, macht es Richard Childress dem durchaus abwanderungswilligen Harvick derzeit sehr schwer, eine Zukunftsentscheidung kontra Childress zu fällen.

Hendrick-Power: Drei Chevys in den Top 4

Jimmie Johnson, Jeff Gordon

Gleich passiert's: Jimmie Johnson setzt unten herum zum Überholmanöver an Zoom

Hinter diesen Top 3 folgte ein grundsolider Mark Martin. Damit platzierten sich drei Hendrick-Chevys unter den ersten Vier. Und da Las Vegas das erste der so wichtigen 1,5 Meilenovale darstellte, dürfte spätestens seit Sonntagabend klar sein, dass Hendrick Motorsports auch im Jahr 2010 wieder das Team sein wird, das es im Titelkampf zu schlagen gilt. Was allerdings keine große Überraschung darstellt...

Platz fünf ging an Matt Kenseth, dessen Roush-Ford bis kurz nach Rennhalbzeit so aussah, als würde er sogar Jeff Gordon gefährlich werden können. Eine lose Radmutter und ein folgender früher Stopp warfen Kenseth aus der normalen Boxensequenz. Damit waren seine Siegchancen dahin.

Mit Greg Biffle besaß das Roush-Team noch einen zweiten bärenstarken Ford Fusion. Doch Biffle wurde beim Ausparken in der Boxengasse vom heranstürmenden A.J. Allmendinger behindert. Das warf Biffle bis auf Rang 25 zurück, mehr als Endposition zehn war nicht mehr möglich. Der frischgebackenen Papa Carl Edwards landete auf Platz zwölf.

Im Toyota-Lager holte sich der 19-jährige NASCAR-Youngster Joey Logano als Sechster erneut eine Top-Platzierung. Es war erst das zweite Las-Vegas-Rennen Loganos, der seine Gibbs-Teamkollegen Kyle Busch (nach einer Durchfahrtsstrafe nur 15.) und den farblosen Denny Hamlin (19.) klar hinter sich ließ.

Rabenschwarzer Ganassi-Tag

Carl Edwards, Matt Kenseth

Starkes Roush-Team: Vor allem bei Matt Kenseth (oben) geht es wieder aufwärts Zoom

Tony Stewart fuhr einen unauffälligen siebten Platz nach Hause, während sich sein Stewart/Haas-Teamkollege Ryan Newman durch Rang 18 etwas Luft im Kampf um die Top 35 verschaffte. Gleiches gilt auch für Kasey Kahne (Petty-Ford), der in Las Vegas als Neunter erstmals in dieser Saison unter die Top 10 fuhr.

Doch wo blieb eigentlich das bislang so starke Earnhardt/Ganassi-Team? Das erlebte einen rabenschwarzen Tag. In Runde 93 kollidierten Jamie McMurray und Juan Pablo Montoya, als der innen liegende McMurray-Chevy eingangs Turn 3 leicht ins Übersteuern kam. Ausgerechnet Montoya wurde dadurch um 90 Grad quer gestellt, McMurray und Penske-Pilot Kurt Busch nahmen die 42 anschließend auf die Hörner.

Für Montoya war das Las-Vegas-Rennen damit natürlich gelaufen. Nach einer längeren Reparaturpause kehrte der Kolumbianer zwar noch einmal auf die Strecke zurück, hatte am Ende aber 20 Runden Rückstand, und landete auf Position 37. McMurray (34.) und Polesitter Kurt Busch (35.) erging es nicht viel besser.

In Atlanta alles ganz anders?

Jimmie Johnson

Sieg Nummer zwei: Jimmie Johnson zeigt sich 2010 in einer bestechenden Frühform Zoom

Bei Earnhardt-Ganassi dürfte also eine eiskalte Woche ins Haus stehen, wenn sich die Mannschaft am Dienstag zum großen Team-Meeting trifft. Obwohl sich McMurray natürlich sofort entschuldigte, hatte Montoya einen ganz dicken Hals: "Das hat unseren Tag komplett ruiniert. Und im Kampf um den Chase hat uns das auch nicht gerade geholfen."

In der Tat: Montoya rangiert in der Gesamtwertung derzeit auf Platz 26, und weist nach drei Saisonrennen bereits einen beträchtlichen Rückstand auf Playoff-Platz zwölf auf. Zudem haben die ersten drei Saisonrennen eines gezeigt: Der Kampf um die Chase-Plätze wird 2010 noch enger werden als im Vorjahr. Zu stark zeigen sich die drei Childress-Chevrolets von Harvick (1.), Bowyer (2.) und Burton (7.), die 2009 noch allesamt die Playoffs verpassten. Gleiches gilt für Matt Kenseth (Roush-Ford; 4.)

Montoya tut also gut daran, in der kommenden Woche auf dem Atlanta Motor Speedway ein Top-Resultat einzufahren, will der Kolumbianer in der Gesamtwertung nicht frühzeitig massiv unter Druck geraten. Die Ausgangslage dazu ist gut: Atlanta ist das 1,5 Meilenoval, auf dem Montoya traditionell bestens zurecht kommt. Ganassi-intern kokettiert man dort sogar mit dem ersten Ovalsieg Montoyas...