• 30.06.2013 21:31

  • von Pete Fink

Johnson im Pech: Kenseth ist der "Kentucky-King"

WIeder die Restarts: Matt Kenseth schnappt einem dominierenden Jimmie Johnson den Kentucky-Sieg weg - turbulentes Quaker State 400 mit zehn Gelbphasen

(Motorsport-Total.com) - Vor genau einem Jahr kündigte Matt Kenseth auf dem Kentucky Speedway seinen Abschied aus dem Ford-Werksteam von Jack Roush an. Am Sonntagabend gewann der Neu-Gibbs-Pilot in seinem knallgelben Toyota Camry mit der Startnummer 20 bereits sein viertes Saisonrennen 2013 nach Las Vegas, Kansas und Darlington. Der große Pechvogel des Quaker State 400 hieß jedoch Jimmie Johnson (9.), der die 267 Runden auf dem 1,5 Meilen-Oval im kleinen Örtchen Sparta klar dominierte, nach einem Dreher bei einem späten Restart aber alle Chancen verlor.

Titel-Bild zur News: Matt Kenseth

Matt Kenseth gewinnt in Kentucky sein viertes Saisonrennen Zoom

Kenseth wiederum nutzte den hundsmiserablen Johnson-Restart, der den Kalifornier bis auf Rang 25 zurückgeworfen hatte, eiskalt aus und fuhr im Finale souverän zum Sieg. "Ich habe nicht mehr daran geglaubt, dass wir noch eine Chance bekommen würden", staunte der 41-jährige NASCAR-Champion des Jahres 2003. "Hoffentlich können wir diesen Lauf aufrecht erhalten, denn es macht mir gerade eine große Menge Spaß." In der Tat: Kenseth etabliert sich sukzessive als der große Johnson-Herausforderer im Titelkampf anno 2013.

Die letztlich entscheidende Szene geschah in Runde 246: Nachdem Johnson zu diesem Zeitpunkt nicht weniger als 182 Runden in Front gelegen hatte, setzte die gelbe Startnummer 20 zu einem Reifen-Poker an und holte sich im Rahmen der zehnten und letzten Gelbphase keine neuen Goodyear-Gummis ab. Dies spülte Kenseth an Johnson (zwei Neue) vorbei in Front. "Das war nicht meine Idee, das war die Idee von Crewchief Jason Ratcliff", verriet Kenseth anschließend. Damit hatte er beim Restart als neuer Führender die Linienwahl - und es kam, was kommen musste.


Fotos: NASCAR in Kentucky


Während sich Kenseth auf der Außenbahn unbehelligt in Front setzte, wurde es innen bei einem Gerangel richtig eng. Johnson kam nicht vom Fleck und wurde eingangs Kurve 1 vom direkt dahinter fahrenden Joey Logano (Penske-Ford; 4.) attackiert. "Ich wurde hinter der 48 eingeklemmt und mir war klar, was passieren würde", kommentierte Logano die heikle Situation, während Johnson - vermutlich mit ganz dickem Hals - zu keiner Stellungnahme bereit war. Die Situation erinnerte zudem massiv an Dover, nur war damals Juan Pablo Montoya der späte Restart-Gegner Johnsons.

Hamlin hart in der Mauer

Jimmie Johnson

Kentucky-Szenerie: Jimmie Johnson hat die Dinge unter Kontrolle Zoom

Die Folge: Die weiße 48 drehte sich, wurde aber vom heranbrausenden Feld nicht getroffen und schlug auch nicht in die Mauer ein. Trotzdem war damit klar, dass der fünffache NASCAR-Champion damit aus der Rennentscheidung raus war, auch wenn er sich in den letzten 18 Runden mit vier frischen Reifen noch von Rang 25 auf Position neun nach vorne kämpfte. Pechvogel Johnsons Trost: Wieder einmal ein richtig schnelles Auto auf den so wichtigen 1,5 Meilen-Ovalen und natürlich nach wie vor die Sprint-Cup-Gesamtführung.

So landete er in einem fast geschlossenen Hendrick-Paket, denn Jeff Gordon wurde nach zweimal Pech bei einem Tankstopp Achter. Kasey Kahne holte vor allem in der Anfangsphase von seinem Startplatz 21 stark auf, monierte aber später hartnäckiges Übersteuern und wurde Elfter. Polesitter Dale Earnhardt Jr. (12.) verlor alle Chancen früh im Rennen, als er über Reifenteile von Denny Hamlins Gibbs-Toyota fuhr und sich dabei den Frontsplitter verbog.


Crash mit Kurt Busch und Brad Keselowski

Hamlin (35.) wiederum erwischte es gleich zweimal mit einem Reifenschaden, wobei vor allem der zweite Vorfall einen harten Einschlag nach sich zog. Der Gibbs-Pilot erholt sich bekanntlich immer noch von einer schweren Rückenverletzung und gab danach Entwarnung: "Ich habe mir mein Knie am Lenkrad angeschlagen, aber ansonsten geht es mir gut." Weniger gut geht es seinen Chase-Ambitionen: "Es bleibt mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, im weiteren Verlauf des Jahres ein paar Rennen zu gewinnen. Ich versuche, mein Team in den Chase zu bringen." Was nach Kentucky nicht einfacher wird.

Auch Kyle Busch, der dritte Gibbs-Pilot im Bunde, monierte im gesamten Rennverlauf permanentes Übersteuern, was sogar in einem frühen Dreher endete. Zum Schluss hatte der Kentucky-Sieger des Jahres 2011 seinen Toyota Camry wenigstens soweit im Griff, dass er auf einem guten Rang fünf ins Ziel kam - einen Platz vor seinem älteren Bruder Kurt, der am Sonntagabend einmal sehr unangenehm auffiel. Die Rede ist dabei von Runde 47.

"Mini-Big-One" mit Keselowski und Kurt Busch

Kurt Busch verschätzte sich auf der Start-/Zielgeraden und traf Brad Keselowskis Penske-Ford. Der Furniture-Row-Pilot nahm die Schuld am Unfall sofort auf sich, was auch die unschuldigen Opfer zumindest zur Kenntnis nahmen. "Natürlich weiß ich, dass das keine Absicht war", merkte Keselowski (33.) an. "Aber trotzdem bin ich wegen ihm gecrasht. Er kann das viel besser." Es war ein "Mini-Big-One": Auch für Greg Biffle (Roush-Ford), Travis Kvapil (BK-Toyota), Dave Blaney (Baldwin-Chevrolet) und Paul Menard (Childress-Chevrolet) war das Kentucky-Rennen früh beendet.

Kyle Busch, Jimmie Johnson

Kleines Wunder: Kyle Busch (18.) dreht sich und alle kommen durch Zoom

Nach all dem Tohuwabohu der turbulenten Anfangsphase beruhigte sich das Renngeschehen im weiteren Verlauf zusehends. Johnson hatte die Kontrolle übernommen, setze vorne seine Segel und sah wie der sichere Sieger aus. Dahinter setzte sich neben Kenseth auch Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) sukzessive in Szene, der am Ende sehr guter Dritter wurde. "Wir waren im Training so schlecht unterwegs, dass ich nicht an so ein gutes Resultat geglaubt habe", gab der amtierende Vize-Champion zu Protokoll.

In den Schlussrunden wurde Bowyer noch von einem entfesselt fahrenden Jamie McMurray (2.) überholt, der in seinem Earnhardt/Ganassi-Chevrolet mit der Startnummer 1 sogar auf Sieger Kenseth Boden gutmachte. "Speed war in diesem Jahr nie unser Problem", wiederholte McMurray seine Aussagen der letzten Wochen und Monate. "Es geht bei uns nur darum, die Rennen endlich zu Ende zu fahren und Resultate zu holen." Was ihm am Sonntagabend in Kentucky eindrucksvoll gelang. Teamkollege Montoya wurde 16.

Wo war eigentlich Stewart/Haas?

Sonoma-Sieger Martin Truex Jr. fuhr seinen Waltrip-Toyota unauffällig auf Rang sieben. Wie Jeff Burton (Childress-Chevrolet; 19.) feierte Truex am verregneten Kentucky-Samstag seinen Geburtstag. Bester Childress-Pilot war einmal mehr Kevin Harvick als Zehnter. Gar nichts zu sehen war von Stewart/Haas-Racing, für die Ryan Newman, Tony Stewart und Danica Patrick die farblosen Positionen 14, 20 und 23 holten.

Greg Biffle

Frühes Ende der Dienstfahrt: Der weiße Roush-Ford von Greg Biffle Zoom

Neben Stewart/Haas Racing befand sich auch das Roush-Team unter den großen Verlierern von Kentucky: Biffle (34.) wurde ein frühes Opfer der Massenkarambolage und Carl Edwards, der die Anfangsphase noch bestimmt hatte, fiel am Ende bis auf Rang 21 zurück. So war Patrick-Freund Ricky Stenhouse Jr. als 17. der beste Roush-Pilot. Die gute Nachricht: Immerhin konnte Edwards seinen zweiten Gesamtplatz hauchdünn vor Clint Bowyer (-3 Punkte) verteidigen.

Am kommenden Wochenende gastiert der Sprint-Cup-Tross zum zweiten Mal auf dem legendären Daytona International Speedway, also genau dort, wo Danica Patrick im Februar mit ihrer Pole-Position zum Daytona 500 für weltweites Aufsehen sorgte. Der Titelverteidiger aus dem Daytona-Sommerrennen heißt Tony Stewart, der zusammen mit Kasey Kahne derzeit die beiden Wild-Card-Plätze für die Chase-Qualifikation belegt.