• 29.01.2009 13:11

  • von Pete Fink

Jeff-Gordon-Interview: "Schreibt uns nicht ab!"

Wie Jeff Gordon seinen fünften NASCAR-Titel holen will, was er von der neuen Saison erwartet und vieles mehr, erzählte er in Charlotte im Teaminterview

(Motorsport-Total.com) - Im Sprint-Cup 2008 geschah etwas Ungewöhnliches: Jeff Gordon konnte zum ersten Mal seit der Saison 1993 kein einziges Rennen gewinnen. Seit dem Jahr 2001 befindet sich der 37-Jährige auf dem "Drive for Five", dem Versuch, endlich seinen fünften NASCAR-Titel zu holen.

Titel-Bild zur News: Jeff Gordon

Keine Müdigkeit: Jeff Gordon geht voll motiviert in seine 18. Sprint-Cup-Saison

Doch der aktuelle NASCAR-Platzhirsch ist sein Hendrick-Teamkollege Jimmie Johnson, der sich 2006, 2007 und 2008 drei Meisterschaften in Folge sicherte. Aber Jeff Gordon ist - entgegen einiger Mutmaßungen - noch lange nicht zum Alteisen zu zählen.#w1#

Warum er 2008 so wenig erfolgreich war, wie er 2009 einen Turnaround bewerkstelligen will und welche Rolle dabei seine Kollegen aus dem Hendrick-Dreamteam spielen, verriet Jeff Gordon in einem ausführlichen Interview im Rahmen der NASCAR-Mediatour in Charlotte.

Frage: "Jeff, wie hast du die lange Winterpause verbracht?"
Jeff Gordon: "Ich wusste gar nicht so richtig, was ich mit der ganzen Zeit anfangen sollte. Er war sehr erholsam. Speziell mit meiner Tochter Ella, denn während der Saison konnte ich nicht soviel Zeit mit meiner Familie verbringen, wie ich es gerne gesehen hätte. Wir genossen ein sehr entspanntes Weihnachten und Silvester."

Im Auto von Mark Martin

Hendrick Martin Gordon Earnhardt Johnson

Mark Martin (li.) ist der Neuzugang im Dreamteam von Rick Hendrick Zoom

Frage: "Was sind deine ersten Erinnerungen an das Daytona 500?"
Gordon: "Es war Mitte der 1980er Jahre. Ich fuhr bei den Sprint-Cars und auf dem Weg zu einer kleinen Strecke in Florida sind wir an Daytona vorbeigekommen. Ich dachte mir nur: 'Wow, was für eine Anlage!' Das gleiche Gefühl hast du in Indianapolis - all diese Tribünen, all die Historie."

"Das erste Mal selber fuhr ich hier, als ich ein Busch-Auto für Bill Davis testete. Das war schon eine Erfahrung, denn damals waren nur drei Fords in der Busch-Serie und wir testeten zusammen mit den Cup-Autos. Mark Martin und Bill Davis sind ja gute Freunde, deswegen konnte ich auch gleich ein paar Runden in Marks Cup-Auto drehen."

"Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, es war wohl am zweiten Tag, als ich mit meinem eigenen Auto soweit war, hier mit Vollgas herum zu fahren. Das werde ich nie vergessen: Meine Jungs sagten mir: 'Okay, nun bist du vorbereitet, ab jetzt geht es mit Vollgas hier herum.' Und ich dachte mir nur: 'Niemals, das ist nicht möglich.' Aber nach etwa einer halben Runde hat sich das ganz gut angefühlt."

"Als ich dann in Marks Cup-Auto saß, war das der absolute Höhepunkt meines bisherigen Lebens. Das war meine Einführung in Daytona. In meiner ersten Saison 1993 war das Restrictor-Plate-Programm von Rick Hendrick so stark, dass wir gleich unser Gatorade Duel gewinnen konnten. Im Daytona 500 wurden wir - glaube ich - Fünfte."

Jeff Gordon kann immer noch gewinnen

Jeff Gordon

Charlotte im Oktober 2007: Der bislang letzte Cup-Erfolg von Jeff Gordon Zoom

Frage: "Was sind deine Favoriten für die neue Saison?"
Gordon: "Ich weiß nicht, wie man gegen Jimmie Johnson wetten kann. Sie waren 2008 einfach unglaublich. Sie hatten zu Beginn nicht das beste Auto, aber die Art und Weise, wie sie sich rechtzeitig zum Chase verbessert hatten, das sollte der Konkurrenz große Angst einjagen."

"Für mich gibt es keinen Zweifel daran, dass sie eine riesige Chance haben, vier Titel in Folge zu holen. Aber gleichzeitig haben sie auch eine Menge Druck und starke Konkurrenz. Carl Edwards zum Beispiel. Aber auch unser Team sollte man nicht vorzeitig abschreiben. Doch Jimmie und seine Mannschaft sind die, die es zu schlagen gilt."

Frage: "Du hast vier Titel geholt, du hast 81 Rennen gewonnen. Wenn alles normal läuft, dann wirst du 2009 deine Führungsrunde Nummer 20.000 fahren. Hast du 2008 in ruhigen Momenten einen Gedanken an einen Rücktritt verschwendet? Hattest du Selbstzweifel oder hast du dir gesagt, dass du 2009 zurückschlagen willst?"
Gordon: "Egal ob du 13 Rennen gewonnen hast oder keines. Du suchst immer danach, was du besser machen kannst. Genauso gehe ich diese Saison an. Wir haben 2008 kein Rennen gewonnen, aber ich sitze hier nicht und sage, dass wir nicht gewinnen können. Wir können gewinnen."

Ein Routinier braucht etwas mehr Zeit

Jeff Gordon

Langer Prozess: Mit dem CoT muss sich Jeff Gordon immer noch anfreunden Zoom

"Wir hätten auch 2008 gewinnen können, aber dazu musst du die sich bietenden Gelegenheiten nutzen. Alles ist heutzutage so eng, uns sind einige Rennen durch unsere Finger geglitten. Aber es gab auch einige Kollegen, die diese Saison einfach dominiert haben."

"Wir selbst haben erst spät in der Saison einige Dinge gefunden, aber da war es bereits zu spät. Die Richtung stimmt. Steve Letarte ist ein toller Crewchief, der 2008 viel Kritik einstecken musste. Aber ich glaube an ihn. Und auch ich werde alles dafür geben, dass wir 2009 wieder in der Victory Lane stehen werden."

"Doch eigentlich geht es nicht nur um den Sieg. Klar will ich gewinnen. Aber vor allem will ich stark genug sein, um Siege holen zu können. Ich will stark genug sein, um Führungsrunden zu absolvieren und um die Meisterschaft mitfahren zu können. Darum geht es in Wirklichkeit."

"Wir können das und es wird für alle ganz interessant werden, wie sich die Testrestriktionen auswirken werden. Sei es nun zum Nachteil für uns, oder zum Vorteil. Ich glaube nach wie vor an mich. Vielleicht braucht ein Routinier etwas länger, um sich an neue Dinge zu gewöhnen - neue Autos, neue Setups, neue Reifen. Ich glaube, dass ich dieses Jahr gut vorbereitet bin. Vielleicht war das 2008 nicht ganz so der Fall."

Viel Lob für Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jun., Jeff Gordon

Seit Anfang 2008 sind Dale Earnhardt Jr. und Jeff Gordon Teamkollegen Zoom

Frage: "Wie siehst du die Rolle von Dale Earnhardt Jr. und seinem Team? Nicht nur in Sachen Performance, sondern auch im Hinblick, welchen Beitrag er bei Hendrick geliefert hat?"
Gordon: "Für mich waren sie großartig. Wenn ein so populärer Fahrer wie Dale Jr. kommt, der so große Erwartungen erfüllen muss, dann weißt du nie, was dich genau erwartet. Ob man eher leicht oder eher schwierig mit ihnen zusammenarbeiten kann. Aber er war fantastisch - sehr offen und ehrlich, er konnte das Auto, die Setups und seine Kenntnisse gut beschreiben."

"Auch Tony Eury Jr. (Earnhardts Crewchief; Anm. d. Red.) hat uns alle sehr beeindruckt, wie gut er sein Team organisiert hat und wie gut er mit Dale Jr. zusammengearbeitet hat. Für Steve Letarte ist es schwer, der Crewchief eines vierfachen Champions zu sein und das gleiche gilt für jeden Crewchief von Dale Earnhardt Jr."

"Sie waren toll. Sie haben nicht versucht, bei Hendrick alles neu zu erfinden. Sie wollen ein Teil des Ganzen sein und das hat mich sehr beeindruckt. Ich weiß, dass sie gegen Saisonende unzufrieden waren. Sie sind gut in die Saison gestartet, mussten dann aber mit ansehen, wie Jimmie - und teilweise auch ich - die Dinge umgedreht haben."

"Ihnen ist das weniger geglückt und das hat ihr Team schon etwas enttäuscht. Aber sie haben 2008 in allen Bereichen einen guten Job erledigt. Ich bin mir deswegen auch ziemlich sicher, dass man von ihnen in diesem Jahr einiges erwarten kann."

Die Hendrick-Köpfe rauchen...

Jeff Gordon Steve Letarte

Jeff Gordon steht nach wie vor zu seinem jungen Crewchief Steve Letarte Zoom

Frage: "Wie reagiert dein Team auf die Testrestriktionen? Werdet ihr auf Nicht-NASCAR-sanktionierten Strecken fahren?"
Gordon: "Unser Team hat das bis jetzt nicht vor. Was man jetzt versuchen muss, ist einen der Goodyear-Reifentests zu bekommen. Besser gesagt: Zu hoffen, dass man eingeladen wird. So wie es im Dezember Mark Martin, Carl Edwards und Brian Vickers passiert ist."

"Ich selbst war noch nicht im Auto. David Green hat mein Auto auf den General-Motors-Proving-Grounds in Arizona gefahren. Dort haben wir ein wenig am Restrictor-Plate-Programm gearbeitet, was uns in Daytona helfen könnte. Ansonsten haben wir viel simuliert. Wir waren im Windkanal und haben viel über Setup-, Feder-, Dämpfer- und SwayBar-Kombinationen nachgedacht."

"Normalerweise waren wir zu einer solch ausführlichen Analyse vor Saisonbeginn nicht in der Lage. Dazu haben wir zuviel getestet. Obwohl sich das alles ziemlich geruhsam anhört und auch im Shop nicht viele Aktivitäten zu beobachten sind, sitzen die Ingenieure in ihren Büros uns arbeiten. Ich glaube, wir haben die Zeit gut genutzt und sind gut vorbereitet. Auch wenn wir nicht auf der Strecke waren."