• 25.11.2013 15:07

  • von Pete Fink

Ein heißes Eisen: NASCAR und der internationale Markt

Wenn das Wachstum zuhause gesättigt ist, dann sieht man sich nach neuen Märkten um - so auch die NASCAR mit ihrem ganz eigenen internationalen Rezept

(Motorsport-Total.com) - Die mit am häufigsten gestellte Frage der europäischen NASCAR-Fans lautet: "Wann kommen die Sprint-Cup-Stars endlich einmal nach Europa?" Die immer gleiche Antwort ist: "Leider nie, denn der NASCAR-Kalender mit 38 Rennwochenenden pro Saison ist dazu einfach zu voll." Diese Situation wird sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern, obwohl das Thema Internationalisierung ein immer heißeres Eisen wird. Denn die Nachfrage nach internationalen NASCAR-Rennen wird zunehmend größer, wie NASCAR-Marketingchef Steve O'Donnell nun bestätigte.

Titel-Bild zur News: Daytona

NASCAR und die Internationalisierung: Daytona ist nicht überall Zoom

Vor allem aus dem asiatischen Raum. "Wir bekommen täglich Anfragen", schilderte O'Donnell gegenüber der 'USA Today'. "Alleine aus China sind es schon über 20 Stück, die meisten davon als One-Off-Event." Sozusagen ein Show-Rennen, was NASCAR in den späten 1990er-Jahren bereits dreimal in Japan organisierte. Damals gab es zwar jeweils einen umfangreichen Scheck, aber eben keine Nachhaltigkeit, sozusagen keine Folgeaufträge. "Alles war toll, doch es kamen keine neuen Sponsoren oder Piloten", so O'Donnell. Daraus hat man in Charlotte und Daytona gelernt.

Die aktuelle Losung lautet: "Wir wollen international sein, aber wir wollen die Sache von der Basis her aufbauen. Es ist nicht unser Ziel, wie die Formel 1 eine Antrittsgebühr einzusammeln und dann wieder zu verschwinden." Anstelle dessen versucht man seit einigen Jahren, regionale StockCar-Serien aus der Taufe zu heben, diese mit dem NASCAR-eigenen Know-How in Sachen professionelles und erfolgreiches Marketing auszustatten und dann langsam aber sicher als eigenständige Serien in der internationalen Motorsportwelt zu etablieren.

So geschehen in Mexiko, Kanada und zuletzt mit der sehr französisch dominierten Euro-Racecar-Serie, die seit einigen Monaten als offizielle NASCAR Whelen Euro Series firmiert. Neue Ziele sind nun vor allem Brasilien, Russland und Japan. Das Rezept bleibt immer das Gleiche: "Wir wollen das, was wir gelernt haben, in andere Racing-Kulturen einbringen und eine Veränderung vom Formelsport in Richtung Stock-Cars bewerkstelligen." Ein Unternehmen, dass sich laut O'Donnell "erst ganz am Anfang" befindet und daher noch viel Zeit braucht.

Vorbild NBA

Ein wichtiger Aspekt dabei ist das Hereinbringen internationaler Piloten in die US-amerikanische NASCAR. Ganz nach dem Vorbild der Basketballer aus der NBA, "wo Spieler aus vielen Ländern in die USA kommen. Wir wollen, dass die Fahrer in den unterschiedlichen NASCAR-Ligen der Welt antreten, aber das ganz große Ziel haben, irgendwann selbst in den USA zu fahren." Mexiko dient dabei als Vorbild: Dort ist man seit 2004 sehr aktiv und hat mit German Quiroga bereits einen Lokalmatadoren in die Truck-Serie, die dritte NASCAR-Liga, gebracht.

German Quiroga

Iowa 2013: German Quiroga feiert seine erste Truck-Pole Zoom

Quiroga gewann zuvor die NASCAR-Mexiko dreimal. Diese Serie steht mittlerweile auch alleine sehr gut da: Sie hat seit 2012 mit Toyota einen Titelsponsor und wird massiv von Telekommunikationsmilliardär Carlos Slim unterstützt, der sich unter anderem auch in der Formel 1 (Esteban Gutierrez und vermutlich bald Sergio Perez) engagiert. In Mexiko und Kanada gab es zusätzlichen NASCAR-Support in der zeitweisen Durchführung eines prominent besetzten Nationwide-Rennens (Mexiko City und Montreal), was im Fall Europa und Asien logistisch eher schwierig werden wird.

Aber: Wie schwer der fahrerische Umstieg von den internationalen Formelklassen auf die NASCAR-Ovale ist, zeigten in den vergangenen Jahren viele Beispiele wie Juan Pablo Montoya, Dario Franchitti, Jacques Villeneuve und viele andere. Im Vergleich zu den US-amerikanischen Nachwuchspiloten mangelt es den internationalen Youngsters an der Oval-Grundausbildung, den die US-Boys bereits in jungen Jahren auf den zahlreichen kleinen Dirt-Tracks der USA aufsaugen können. Dieses Problem wird auch NASCAR nicht lösen können.

Schon 150 NASCAR-Länder

Daher gehen einige Piloten, wie etwa die beiden Brasilianer Nelson Piquet Jr. oder Miguel Paludo, den direkten Weg: Sie stiegen in den USA direkt in die Truck-Serie ein und versuchen sich von der dritten Liga aus nach oben zu arbeiten - was ein äußerst langwieriger Prozess ist. Piquet absolvierte 2013 bereits seine dritte komplette NASCAR-Saison und ist mittlerweile irgendwo im Mittelfeld der zweiten NASCAR-Liga angekommen. Paludo hängt nach wie vor bei den Trucks fest.

Nelson Piquet Jun.

Nelson Piquet Jr. gewann bisher bereits drei NASCAR-Rennen Zoom

Trotzdem ist eines klar: TV-Zahlen und auch die Besucherzahlen an den Strecken stagnieren in den USA seit einigen Jahren auf immer noch sehr hohem Niveau. Die richtig goldenen Zeiten der NASCAR mit sagenhaften, zweistelligen Wachstumsraten sind jedoch vermutlich Geschichte - die vielschichtigen Gründe dafür sind in aller Ausführlichkeit besprochen. So etwas nennt man wohl einen gesättigten Markt, weshalb im so wachstumsorientierten Amerika der Blick fast zwangsläufig auf die internationale Präsenz gerückt werden muss.

Was auf dem TV-Markt übrigens schon sehr weit gediehen ist. Derzeit werden die NASCAR-Rennen weltweit in 150 Länder mit 23 Sprachen übertragen - in Deutschland liegen die Rechte bei 'Motorvision TV'. "NASCAR hat in den Südstaaten begonnen", weiß O'Donnell. "Aber wie in jedem Sport, der stark gewachsen ist, gibt es viele internationale Fans und Sponsoren." Das trifft natürlich auch auf die NASCAR zu, doch auch diese immer zahlreicher werdende Kundschaft will bedient werden.