The Champ is back: Erster Saisonsieg für Keselowski

Brad Keselowski schlägt den Chase-Piloten in Charlotte ein Schnippchen und fährt nach über einem Jahr wieder in die Victory Lane - Matt Kenseth bleibt Tabellenführer

(Motorsport-Total.com) - Über weite Strecken der Distanz glich das Bank of America 500 in Charlotte einem wahren Hendrick-Festival. Polesetter Jeff Gordon führte die ersten 26 Runden an. Anschließend übernahmen Kasey Kahne (138 Führungsrunden) und Jimmie Johnson (130 Führungsrunden) das Kommando. Auch Dale Earnhardt Jr. (19 Führungsrunden) beteiligte sich an der Dominanz des Teams von Rick Hendrick, der zwischenzeitlich alle seine vier Piloten auf den ersten vier Plätzen sah.

Titel-Bild zur News: Brad Keselowski

Erster Saisonsieg für Sprint-Cup-Champion Brad Keselowski (Penske-Ford) Zoom

Doch als unter dem Flutlicht des Charlotte Motor Speedway nach 334 Runden abgerechnet wurde, lag keiner der Hendrick-Chevys ganz vorn. Stattdessen war es der noch amtierende Sprint-Cup-Champion Brad Keselowski, der mit seinem Penske-Ford erstmals in dieser Saison in die Victory Lane einbog. Der nicht im Chase vertretene Vorjahreschampion lieferte sich in der Schlussphase ein spannendes Duell mit Kasey Kahne um den Sieg.

Innerhalb der letzten 13 Runden wechselte die Führung zwischen Kahne und Keselowski mehrfach, bevor sich Keselowski neun Runden vor der Karierten Flagge schließlich in Turn 1 durchsetzen konnte. "Kasey ist ein großartiger Fahrer. Wir haben hart, aber fair gekämpft und ich hatte das bessere Ende für mich", freute sich der erleichterte Penske-Fahrer in der Victory Lane.

Keselowski beendet Durststrecke

Brad Keselowski

Brad Keselowski erstmals seit September 2012 wieder in der Victory Lane Zoom

Den Ausschlag für Keselowskis ersten Saisonsieg gab letztlich die Tatsache, dass Kahne beim letzten Boxenstopp knapp 30 Runden vor Schluss nur zwei neue Reifen aufziehen ließ. Keselowskis Crewchief Paul Wolfe entschied für vier frische Reifen und das sollte sich auszahlen. "Als Paul beim letzten Stopp für vier Reifen entschied, wusste ich, dass es klappen kann. Wir hatten viele Probleme, doch wir haben einfach nie aufgegeben", so Keselowski in Anspielung auf die Tatsache, dass er nur von Startplatz 23 ins Rennen gegangen war und beim zweiten Boxenstopp den Wagenheber seiner Penske-Crew mit auf die Strecke nahm.

Aufgrund dieses Vorfalls musste der Champion nur eine Runde später noch einmal an die Box kommen und verlor viel Zeit. Im weiteren Rennverlauf kämpfte sich Keselowski aber wieder nach vorn. Kurz nach dem letzten Restart griff sich der Penske-Pilot nacheinander die vor ihm platzierten Jeff Gordon, Matt Kenseth und schließlich auch Spitzenreiter Kasey Kahne, den er beim Passieren der Karierten Flagge eine Sekunde hinter sich hatte. Für Keselowski ist es der erste Sieg seit Ende September 2012 in Dover. Gleichzeitig ist er der erste nicht aktive Chase-Teilnehmer, der ein Chase-Rennen gewann seit Kasey Kahne dies im November 2011 in Phoenix gelang.

Diesmal musste sich Kahne trotz der meisten Führungsrunden mit Platz zwei begnügen. "Ich hatte am gesamten Abend ein richtig gutes Auto. Das Duell mit Brad war hart, aber fair", pflichtete der mit nur zwei frischen Reifen wehrlose Hendrick-Pilot den Worten des Siegers bei und meinte: "Als er vorbei war, ging es nur noch darum, Kenseth hinter mir zu halten." Der angesprochene Matt Kenseth (Gibbs-Toyota; 3.) verpasste den zweiten Platz um die Winzigkeit von 0,051 Sekunden - und das, nachdem er über weite Strecken des Rennens überhaupt nicht in Erscheinung getreten war. "Ich bin froh, auf Platz drei ins Ziel gekommen zu sein. In der ersten Rennhälfte lag mein Auto überhaupt nicht", so der von Startplatz 20 ins Rennen gegangene Tabellenführer, der mit Platz drei seine Gesamtführung vor Jimmie Johnson (4.) von drei auf vier Punkte ausbauen konnte.

Enttäuschung im Hendrick-Lager

Johnson war unterm Strich einer der großen Verlierer des Bank of America 500. Der fünffache NASCAR-Champion war auf dem besten Weg zu seinem siebten Charlotte-Sieg und der Übernahme der Tabellenführung als in der 308. von 334 Runden aufgrund von Debris die letzte Gelbphase ausgerufen wurde. Zwar ging Johnson genau wie der spätere Sieger Brad Keselowski mit vier frischen Reifen in die Schlussphase, doch den Restart setzte er in den Sand.

Von Platz drei hinter seinen beiden Hendrick-Teamkollegen Kasey Kahne und Jeff Gordon kam Johnson nicht in die Gänge, fiel bis an die siebte Stelle zurück, von wo aus er sich noch bis auf Platz vier nach vorn arbeitete. "Die letzte Caution hat alles auf den Kopf gestellt. Beim Restart habe ich das Auto kurz verloren und dadurch Track-Position verloren. Schade. Ich wünschte, wir wären weiter vorn ins Ziel gekommen", so Johnson sichtlich enttäuscht.


Fotos: NASCAR in Charlotte


Auch Jeff Gordon war im Ziel enttäuscht. Für den Polesetter, der beim letzten Boxenstopp als einziger Fahrer neben Kasey Kahne mit nur zwei neuen Reifen versorgt wurde, reichte es letztlich nur zu Platz sieben hinter Kevin Harvick (Childress-Chevrolet; 6.). "Das Qualifying einmal ausgenommen war Untersteuern am gesamten Wochenende unser Problem. Nur als ich zu Beginn vorn lag, fiel es nicht ins Gewicht. Als Alan (Crewchief Gustafson; Anm. d. Red.) beim letzten Stopp für zwei Reifen entschied, dachte ich, das könnte etwas werden. Doch schon in der ersten Kurve nach dem Restart merkte ich, dass das Auto wieder extrem untersteuert", so der Tabellenvierte Gordon, dessen Punkterückstand auf Spitzenreiter Matt Kenseth von 32 auf 36 anwuchs. Kevin Harvick bleibt mit nun 29 Punkten Rückstand auf Kenseth Dritter.

Mit Platz sieben schnitt Jeff Gordon nach den 500 Rennmeilen in Charlotte immer noch deutlich besser ab als der vierte Hendrick-Pilot Dale Earnhardt Jr. Der Jubilar war in seinem 500. Sprint-Cup-Rennen auf Kurs zu einer Top-Platzierung bis ihm in der zweiten Rennhälfte das Handling abhanden kam. "Das Auto entwickelte auf einmal starkes Untersteuern. Ich weiß nicht, was passiert ist. Vielleicht haben wir einen Spring-Rubber hinten rechts verloren. Unter normalen Umständen wäre eine Top-5-Platzierung möglich gewesen", kommentierte "Junior" nach Platz 15 mit einer Runde Rückstand enttäuscht.

Starke Aufholjagd von Kyle Busch

Kyle Busch

Kyle Busch hatte als einziger den Speed der Hendrick-Piloten und wurde Fünfter Zoom

Besser lief es für Kyle Busch, der als Fünfter ins Ziel kam. Der zweite starke Gibbs-Pilot im diesjährigen Chase meldete sich nach seinem Kansas-Desaster eindrucksvoll zurück und war in Charlotte über weite Strecken der Renndistanz der einzige, der das Tempo der überlegenen Hendrick-Chevys mitgehen konnte. Dabei lief zunächst alles schief und der Frust vom vergangenen Sonntag schien für Kyle Busch eine Fortsetzung zu nehmen.

Beim ersten Boxenstopp wurde der aus den Top 10 gestartete Fahrer des Gibbs-Toyota mit der Startnummer 18 auf Position 33 zurückgeworfen, weil seine Crew die Radmuttern für vier neue Reifen bereithielt obwohl nur zwei gewechselt wurden. Prompt machte sich eine der überflüssigen Radmuttern selbständig. Eine Rückversetzung ans Ende der Führungsrunde war die Folge. Von dort fuhr Kyle Busch binnen kürzester Zeit wieder nach vorn und schob sich mit Platz fünf bis auf einen Punkt an den Tabellenvierten Jeff Gordon heran. Der Rückstand auf Tabellenführer und Teamkollege Matt Kenseth wurde aber auch für ihn größer und beträgt nun 37 Zähler.

In Person von Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 8.) und Carl Edwards (Roush-Ford; 10.) fuhren in der Charlotte-Nacht zwei weitere Chase-Piloten in die Top 10, dazwischen auf Platz neun Denny Hamlin im dritten Gibbs-Toyota, für den es die erste Top-10-Platzierung seit Anfang Juni in Pocono ist. Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) verpasste als Zwölfter knapp den Sprung unter die besten Zehn. Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet) kam mit zwei Runden Rückstand auf Platz 20 ins Ziel.

Kenseth reist mit knappem Vorsprung auf Johnson nach Talladega

Jimmie Johnson, Matt Kenseth

Machen Matt Kenseth und Jimmie Johnson den Titel unter sich aus? Zoom

Brad Keselowski und Denny Hamlin als einzige Nicht-Chaser unter den ersten Zehn bedeutet, dass in Charlotte fünf Titeljäger außerhalb der Top 10 einliefen. Neben Dale Earnhardt Jr. (15.) waren dies Clint Bowyer (Waltrip-Toyota; 11.), Kurt Busch (Furniture-Row-Chevrolet; 14.), Greg Biffle (Roush-Ford; 16.) und Joey Logano (Penske-Ford; 18.). Aus dieser Gruppe kam Bowyer als einziger in der Führungsrunde ins Ziel. Genau wie Jimmie Johnson machte dem Waltrip-Piloten die letzte Gelbphase im Rennen einen Strich durch die Rechnung. Anderenfalls wäre Bowyer wohl in oder knapp hinter den Top 5 ins Ziel gekommen.

Im Schatten des Titelkampfs der Chase-Teilnehmer zeigte Kyle Larson bei seinem Sprint-Cup-Debüt eine starke Leistung und hielt sich lange in den Top 15 auf. In der 248. von 334 Runden aber verabschiedete sich das Hendrick-Triebwerk im Phoenix-Chevrolet des 21-jährigen Kaliforniers, der seinen ersten Auftritt in der NASCAR-Topliga somit nicht zu Ende fahren konnte. Zuvor hatte bereits NASCAR-Routinier Mark Martin den ebenfalls mit Hendrick-Triebwerk ausgestatteten Stewart/Haas-Chevy des verletzten Tony Stewart mit Motorschaden abstellen müssen.

Nach dem einzigen Nachtrennen im Chase reist Matt Kenseth mit vier Punkten Vorsprung auf Jimmie Johnson als Tabellenführer zum sechsten Playoff-Rennen an den Talladega Superspeedway. "Man weiß nie, was in Talladega passiert. Unsere Führung ist zwar nicht groß, aber es ist besser, als wenn wir zurückliegen würden", sagt Kenseth, der das einzige im Chase befindliche Restrictor-Plate-Rennen vor zwölf Monaten für sich entschied.