Biffle: "Gegner zu schubsen ist unfair, aber so ist NASCAR"
Roush-Fenway-Racing-Fahrer Greg Biffle, derzeit 21. der Nextel-Cup-Wertung, macht sich Gedanken über den 'Car of Tomorrow' und NASCAR im Allgemeinen
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Greg, habt Ihr Bedenken, dass die Jungs von Chevrolet Eurem 'Car of Tomorrow' voraus sind?"
Biffle: "Um ehrlich zu sein, Chevrolet war schon vergangenes Jahr ein wenig vor uns, eigentlich seit 2005. Dennoch haben wir die Markenwertung gewonnen. Auch '06 und '07 ist Chevrolet wieder top, wo sie ja meistens waren. Sie haben mit Joe Gibbs, Rick Hendrick, Richard Childress auch sehr gute Teams an der Hand. Bei uns ist es mit dem Roush-Team eigentlich nur ein wirkliches Werksteam. Seien wir ehrlich, wenn man Leute wie Tony Stewart, Kevin Harvick oder Denny Hamlin unter Vertrag hat, dann gehen die Dinge oft einfach schneller. Es ist hart gegen das Schicksal anzukämpfen und das Schicksal ist eben - Chevrolet hat mehr Teams und bessere Wagen.

© NASCAR
Greg Biffle macht sich viele Gedanken über NASCARs 'Car of Tomorrow'
Frage: "Wie denkst Du, wird sich der 'Car of Tomorrow' schlagen?"
Biffle: "Ich denke sehr gut. Wir haben in den letzten beiden Rennen schon viel über den Wagen gelernt und auch Fortschritte bzw. Veränderungen gemacht. Ich denke der Wagen läuft schon sehr gut, auch wenn er sich noch nicht so gut wenden lässt, wie das Vorgängermodell. Wir müssen den Anpressdruck vorne noch erhöhen und damit insgesamt schneller werden."
Crash-Schaumstoff wirft Fragen auf
Frage: "Welche Bedenken siehst Du betreffend den Crash-Schaumstoff im COT?
Biffle: "Es ist natürlich nicht Sinn der Sache, dass der Schaumstoff, der einen Aufprall absorbieren soll, einfach schmilzt oder noch schlimmer, zu brennen beginnt. Aber wir waren bei NASCAR, haben mit den Leuten gesprochen und Steve Peterson kam vorbei und sah sich den Wagen an. Er schlug den Einbau eines zusätzlichen Hitzeschilds vor. Außerdem haben wir uns darüber unterhalten, ob das Zeug giftig ist, wenn man es einatmet, was es nicht ist. Aber er meinte auch, der Schaumstoff wäre nicht brennbar...
Frage: "Hast Du Dir vorher einen Termin bei NASCAR ausgemacht oder bist Du einfach hingegangen?"
Biffle: "Ich bin einfach auf eigene Faust hin. Ich hab mir einige Unterlagen geschnappt, den Wagen geholt und bin hin. Robin (Pemberton) war zwar in einem Meeting, aber er kam heraus und sprach mit mir einige Minuten. Dann bat er mich herein und ich stand plötzlich in diesem Konferenzraum mit 25 NASCAR Funktionären. Ich wollte einfach mit ihnen über den neuen Wagen sprechen. Wenn die Abstimmung des Wagens etwas besser wäre, hätte ich schon jetzt gewinnen können. Ich war noch nie zuvor bei NASCAR drüben. Ich hatte mit den Jungs im Shop darüber gesprochen, dass wir etwas mit diesem Schaumstoff machen müssen und daher entschied ich mich in die NASCAR-Zentrale zu fahren. Sie dankten mir für meinen Input und Steve (Peterson) hat sich alles im Detail angesehen. Ich denke, sie haben diese Art von Interaktion begrüßt und wir werden die Probleme bald lösen können.
Frage: "Wie sah denn der Schaumstoff nach den Rennen aus? Wie ist es, wenn man im Cockpit sitzt und der Schaum brennt oder schmilzt währenddessen?"
Biffle: "Mein Schaumstoff war nicht so in Mitleidenschaft gezogen, wie der von Matt (Kenseth). Matts Schaumstoffblock war zerfressen, in der Mitte geschmolzen, geschrumpft. Bei seinem Wagen kam Abgas ins Cockpit und die heiße Luft hat das Ding geschmolzen. Mit einem guten Hitzeschild und ohne gebrochene Auspuffrohre ist der Schaumstoff schon OK. Man darf sich aber mit Grenzlösungen nicht zufrieden geben. Wir müssen Lösungen anstreben, die größtmögliche Sicherheit liefern."
Frage: "Warum gibt es diesen Schaumstoff eigentlich auch auf der Beifahrerseite?"
Biffle: "Weil die meisten Crashes auf der rechten Seite des Wagens passieren. Dort ist auch die Black Box. Wenn man ins Schleudern gerät, wie das in Talladega, Daytona, Texas oder auch Richmond öfter geschieht, dann trifft es einen fast immer rechts.
Schaumstoff brennt nicht und ist ungiftig
Frage: "Nur um das nochmals klar zu stellen. NASCAR hat Dir bestätigt, der Schaumstoff wäre unbrennbar und der Rauch nicht giftig?"
Biffle: "Logischerweise nimmt man an, er ist brennbar und auch giftig. Aber die haben das ja ausgiebig getestet. Wird er wieder schmelzen und dann zu rauchen beginnen? Bei hohen Temperaturen wohl sicher. Aber ich denke nicht, dass er wirklich brennen wird. Gut, ich kann mich irren, aber ich habe auch in Harvicks Wagen keine Flammen gesehen, nur unglaublich viel Rauch. Jedes Material, das heiß genug wird, wird wohl zu rauchen beginnen, aber nicht unbedingt zu brennen. Dennoch glaube ich nicht, dass es völlig ungiftig ist."
Frage: "Denkst Du also es ist ein Konstruktionsfehler den Schaumstoff so nahe an den Auspuff zu montieren?"
Biffle: "Die meisten Tests wurden wohl in Richtung Aufprallabsorption des Schaumstoffes gemacht, nicht ob er brennt oder so. Ich kann also nur spekulieren, da ich die Fakten nicht kenne. Hatte Kevins Wagen einen Hitzeschild? War der Schaumstoff bei ihm genau auf dem Auspuff angebracht? Hat er die Mauer touchiert und damit das ganze ausgelöst? Ich weiß es nicht. Ich würde nie sagen, es war ein Konstruktionsfehler von NASCAR, ehe man nicht alles genau untersucht hat. Wir hatten eine Woche zuvor das gleiche Problem und wir haben es in den Griff bekommen.
Car of Tomorrow absichtlich steifer
Frage: "Viele Fahrer haben gemeint, der Wagen ließe sich nicht gut wenden. Kann man das durch Tests verbessern oder muss man sich damit abfinden?"
Biffle: "Wohl ein bisschen von beidem. Wir werden natürlich an diesem Problem arbeiten und versuchen, es zu verbessern. Dieser Wagen ist aber einfach wuchtiger und höher. Er will rollen. Wir werden Dinge ausprobieren und dann sehen wir weiter."
Frage: "Ist der COT also einfach für den Einsatz auf 1.5 Meilen-Ovalen noch nicht bereit?"
Biffle: "Nun NASCAR hat immer Gründe für das, was sie tun. Dass sich der Wagen nicht so gut wenden lässt ist auch Absicht. Sie wollen die Wagen langsamer machen, die Downforce verringern. Wir müssen nun lernen, damit umzugehen und das Bestmögliche rauszuholen. NASCAR will die Wagen gleichwertiger machen. Ich denke, der COT ist bereit und wir werden ihn in Richmond wieder testen und die Rennen in Phoenix und Dover damit bestreiten."
NASCAR-Etikette nicht eindeutig
Frage: "Wie sehr kämpft man eigentlich um den Sieg? Riskiert man da auch einen Crash?"
Biffle: "Ich war schon mehrmals in dieser Situation. Man fragt sich, soll ich ihm ins Heck fahren, um zu gewinnen? Ich weiß nicht, was die Etikette ist. Ich weiß nicht, was man tun sollte. Ich mache, was immer mir in den Sinn kommt. Ich werde einfach versuchen meine Chance zu nützen und das Rennen zu gewinnen. Auch wenn nun einige Leute wieder aufschreien werden. Wird man Dale [Earnhardt] Jr. abschießen um zu gewinnen? Wohl eher nicht. Auch nicht seinen Teamkollegen. Jeff Gordon hat im letzten Rennen auch versucht Jimmie Johnson abzuschießen, aber es gelang ihm eben nicht. In Bristol ist man viel schneller, da geht das nicht so gut. Zwischen Kyle Buschs und Jeff Burtons Wagen passte auch nur mehr ein Stück Papier. Wäre Kyle aber so gefahren, wie Jeff in Martinsville, dann hätte es gekracht. Es ist ein schwieriges Thema. Irgendwie ist es cool, aber dann auch wieder nicht. Und man muss immer an die Konsequenzen denken. Den Vordermann abzuschießen ist keine Frage des Könnens. Jeder kann das, aber wir sind Profis. Was Jeff mit Jimmie machte, war OK. Man darf ihn anschieben. Es ist nicht fair, aber so ist der Sport.
Frage: "Wie siehst Du die Position von NASCAR heutzutage? Ist die Serie am Höhepunkt?"
Biffle: "Ich denke schon. Ich sehe mir gut an, was in unserem Sport geschieht und er ist immer noch auf dem Weg nach weiter oben. Er ist sicher sehr gesund. Wir haben massig Zuschauer, der COT hat einen neuen Impuls gegeben, wie damals das erste Space Shuttle, und die Rennen sind aufregend und eng. Ich sehe sie mir immer selbst an!"

