Allmendinger: "Das hier ist die ganz große Bühne"
A.J. Allmendinger im großen Interview mit 'Motorsport-Total.com' über seine aktuelle NASCAR-Situation, warum er die NASCAR liebt - und Danica Patrick
(Motorsport-Total.com) - A.J. Allmendinger beendete das Coca-Cola 600 von Charlotte auf Position 20, nachdem er sich über weite Strecken des Wochenendes mit einem Red-Bull-Toyota auseinandersetzen musste, dessen Handling sich abwechselnd vom Übersteuern ins Untersteuern - und wieder zurück - präsentierte.

© Red Bull
Der erste NASCAR-Sieg von A.J. Allmendinger im Sprint-Showdown
Doch der Kalifornier lässt sich keineswegs von den ihm in der NASCAR bislang widerfahrenen Problemen unterkriegen. Er gewann beim Sprint-Showdown das erste NASCAR-Rennen für Team Red Bull, und sprach am Wochenende ausführlich mit 'Motorsport-Total.com' über die NASCAR, die IndyCars, Danica Patrick und warum er zur Not auch silberne Unterwäsche tragen würde, wenn er einmal ein Cup-Rennen gewinnen könnte.#w1#
Frage: "A.J., Charlotte ist normalerweise eine Strecke, die dir sehr zu liegen scheint. Du konntest hier in der vergangenen Saison dein bestes Ergebnis holen, jetzt hast du den Sprint-Showdown gewonnen. Eigentlich müsstest du ganz zufrieden sein..."
A.J. Allmendinger: "Das ist richtig. Der Sieg im Sprint-Showdown war nicht nur wichtig für mich, sondern auch für das ganze Team. Es gab zwar keine Punkte und es waren auch nicht alle Stars dabei, aber trotzdem sind einige Klassepiloten mitgefahren."
"Und nachdem, was wir alle durchmachen mussten, war das natürlich eine tolle Sache. Es war der erste Rennsieg für Red Bull, nachdem die Crew von Brian Vickers die Pit-Crew-Challenge gewonnen hatte. Es war auch gut für Toyota, denn es war der erste Sieg eines Kaliforniers, und von dort her kommen ja immerhin unsere Motoren."
Frage: "Was bringt dir dieser Sieg für die restliche Saison?"
Allmendinger: "Ich hoffe, dass es jetzt richtig losgeht. Seit ich in das Auto zurückgekehrt bin, sind wir gut unterwegs gewesen. Leider haben wir nicht die Ergebnisse geholt, die wir verdient gehabt hätten. Aber es sieht gut aus. Wir sind viel besser als noch Ende der vergangenen Saison, und wir sind auch besser als noch zu Saisonbeginn."
Besser als die direkte Konkurrenz

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A.J. Allmendinger vor Sam Hornish Jr. - beide kämpfen um die Top 35 Zoom
"Ich bin auch davon überzeugt, dass wir besser als die Teams sind, die gerade unsere direkten Konkurrenten im Kampf um die Punkte sind. Wir brauchen jetzt nur gute Resultate, damit wir in die Top 35 vorstoßen können, und danach sollte alles recht geschmeidig weitergehen können."
Frage: "Kannst du beschreiben, was sich in den fünf Wochen alles verändert hat, in denen du auf der Ersatzbank Platz nehmen musstest? Was war der Einfluss von Mike Skinner?"
Allmendinger: "Ich denke nicht, dass sich etwas geändert hat. Mike hat dem Team nur eine Richtung gegeben, aber ganz ehrlich: Im Prinzip hat er mich und meine Aussagen nur bestätigt. Denn für mich gab es immer einige Fragezeichen. Wir haben mit einem nagelneuen Team und einem neuen Hersteller angefangen, und wir hatten allesamt keinerlei Vergleichswerte."
"Wenn ich im Auto von Jeff Gordon gesessen hätte, dann hätte ich gewusst, dass dieses Auto Rennen gewinnen kann. Wenn ich dann jede Woche nur 35. geworden wäre, dann hätte ich mich selbst in Frage stellen müssen. Aber wenn du einfach in der Luft hängst, weil du keine Daten darüber hast, was das Team bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gemacht hat, dann kommen - zumindest mir - auch Zweifel über mich selbst."
"Mike hat nichts anderes gemacht, als viele Dinge zu bestätigen, die ich auch gesagt habe. Er ist ein toller Fahrer, aber ein noch besserer Qualifyer. Es hat mich nicht überrascht, dass er es in alle Rennen geschafft hat, aber im Rennen selbst hatte auch er dann Probleme. Auch das hat meine Aussagen bestätigt. Aber natürlich muss ich mich noch verbessern, doch das Gleiche gilt für das Team. Wir müssen zusammen besser werden, das haben wir bislang getan und das müssen wir weiter betreiben."
Frage: "Hat dein plötzlicher Aufschwung auch etwas mit dem Farbwechsel zu tun, denn seit du ein silbernes Auto fährst, geht es ja bergauf?"
Allmendinger: (Lacht; Anm. d. Red.) "Also vor allem finde ich, das es besser aussieht."
Erst einmal in die Show kommen...

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A.J. Allmendinger und Brian Vickers - einer Silber, einer in Red-Bull-Blau Zoom
Frage: "Aber das Design stammt nicht von dir?"
Allmendinger: "Nein, nein. Das kommt vom Red-Bull-Hauptquartier in Österreich. Aber ich finde das Silber richtig cool. Es freut mich, dass sie die Farbe auf mein Auto gebracht haben."
Frage: "Von außen betrachtet, hat es den Anschein, als würde dir Silber auch Glück bringen..."
Allmendinger: "Ich nehme alles. Von mir aus trage ich auch silberne Unterwäsche, ganz egal."
Frage: "Wie lauten denn deine unmittelbaren Ziele für die weitere Saison?"
Allmendinger: "Wir müssen in die Top 35, darauf liegt ganz klar unser Fokus. Aber im Prinzip können wir nichts anderes machen, als von Woche zu Woche zu blicken. Jedes Wochenende haben wir erst einmal einen großen Job zu erledigen und müssen das Auto in die Show bringen. Darauf liegt unser Augenmerk. Wenn wir dann im Rennen stehen, dann müssen wir durchfahren und Punkte sammeln."
"In Talladega wurde ich wegen zehn Zentimetern in eine Massenkarambolage verwickelt, sonst wäre ich dort 15. geworden. In Richmond habe ich mich immer unter den Top 17 aufgehalten, als ich einen Bremsdefekt hatte und in die Mauer krachte, in Darlington dann das Gleiche. Ich denke, wir müssen nach unseren Bremsen sehen, aber im Prinzip müssen wir einfach die Rennen zu Ende fahren."
Frage: "Während deiner Zwangspause haben viele Leute gedacht, dass du dir möglicherweise eine Rückkehr zu den IndyCars überlegst. Als wir uns vergangenes Jahr unterhalten haben, hast du gesagt, dass ohne eine Wiedervereinigung dort alles tot sei. Nun ist es so gekommen. Hast du während deiner Strafversetzung mit den IndyCars geliebäugelt?"
Allmendinger: "Nein, nicht wirklich. Aber ich habe in meiner Rennfahrerkarriere auch gelernt, niemals nie zu sagen. Ich habe im Motorsport schon vieles gesehen, deswegen werde ich so etwas niemals kategorisch ausschließen. Aber ich habe in der NASCAR noch einiges zu beweisen."
Ein Teil von etwas ganz Großem

© NASCAR
Für A.J. Allmendinger ist die NASCAR die ganz große Motorsportbühne Zoom
"Das hier ist weltweit die engste Motorsportserie und so lange man mich hier will, werde ich auch hier bleiben. Im Moment habe ich keinen anderen Fokus. Ich verfolge die IndyCars, ich hatte einige Angebote, in Indianapolis zu fahren, aber jetzt konzentriere ich mich ganz auf die NASCAR, denn hier will ich bleiben. Ich weiß, dass ich Rennen gewinnen kann."
Frage: "Was würdest du machen, wenn du in der Situation von Danica Patrick wärst? Die Amerikaner dichten ihr einen NASCAR-Wechsel an, die Europäer wollen sie in der Formel 1 sehen. Oder soll sie bei den IndyCars bleiben? Du kennst das alles, wie würdest du dich entscheiden?"
Allmendinger: "Das ist eine schwere Frage. Ich weiß nicht, wie es ist, wenn man sich in der Situation von Danica befindet. Ihr erster Sieg ist sicher gut für sie. Ich habe mich in einer ähnlichen Situation befunden, denn die Leute haben mich immer gefragt, wann mein erster Sieg kommen würde. Ich glaube, sie sollte dorthin gehen, wo sie das Gefühl hat, glücklich zu werden."
"Ob nun die Formel 1 ihr Traum ist, und sie dort eine echte Chance erhalten könnte, Rennen zu fahren, oder ob es die NASCAR ist, oder ob sie bei den IndyCars zufrieden ist - sie sollte einfach dorthin gehen, wo sie glaubt, glücklich und erfolgreich werden zu können."
Frage: "Eine letzte Frage: Warum liebst du die NASCAR?"
Allmendinger: "Da gibt es viele Gründe. Die Fans sind einfach verrückt danach und völlig wahnsinnig. Egal ob sie dich lieben oder hassen, sie sind einfach fantastisch. Und wenn du an jedem einzelnen Wochenende an die Strecke kommst, dann fühlst du dich einfach als ein Teil von etwa ganz Besonderem. Jedes Rennen hat eine unglaublich große Bühne und für mich ist das die schwierigste Motorsportserie der Welt. Wenn du da vorne mitmischen kannst, wenn du da gewinnen kannst, dann hast du wirklich etwas erreicht."

