Was Piquet in diesem Jahr erreichen will
An den Las Vegas Motor Speedway hat Nelson Piquet nur gute Erinnerungen: Der 27-jährige Brasilianer im Interview über seine erste Nationwide-Saison und mehr
(Motorsport-Total.com) - Die beiden Sprint-Cup-Stammpiloten Juan Pablo Montoya und Marcos Ambrose haben es bisher noch nicht geschafft. Auch frühere prominente NASCAR-Wechsler wie Paul Tracy, Dario Franchitti oder Jacques Villeneuve scheiterten an dieser Hürde. Nein, der einzige ehemalige Formelpilot, der in einer der drei nationalen NASCAR-Klassen bisher ein Oval-Rennen gewinnen konnte, heißt Nelson Piquet Jr. Der 27-jährige Brasilianer siegte in der Truck-Saison 2012 gleich zweimal in Michigan und Las Vegas.

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Dreimal stand Nelson Piquet Jr. bisher in der Victory Lane der NASCAR Zoom
Vor allem der Las-Vegas-Triumph ist Piquet bis heute im Gedächtnis geblieben, denn er schlug mit einem spektakulären Überholmanöver in der letzten Runde das NASCAR-Urgestein Matt Crafton. Nach zwei vollen Jahren in der Truck-Serie steigt Piquet nun eine Stufe höher und fährt ab sofort für das Turner/Scott-Team in der Nationwide-Serie. In Daytona und Phoenix holte er die soliden Plätze elf und 15. Am Wochenende steht erneut Las Vegas an - Grund genug für ein ausführliches Interview mit 'Motorsport-Total.com'.
Frage: "Nelson, 2012 war bisher dein bestes Jahr in der NASCAR. Du hast in der Nationwide-Serie ein Rundkursrennen in Elkhart Lake gewonnen und du hast in Michigan und Las Vegas zwei Ovalsiege geholt. Wie zufrieden bist du mit deiner Saison 2012?
Nelson Piquet: "2012 war eine gute Saison, aber ich bin ein Fahrer, der eigentlich nie zufrieden ist. Ich denke immer, dass es noch besser geht. Wir hätten mehr Rennen und mehr Pole-Positionen gewinnen können und wir hätten den Truck-Titel holen können. Ich bin immer hart zu mir selbst und ich möchte auch immer mehr. Aber am Ende war 2012 doch ein gutes Jahr. Es hat dazu geführt, dass sich Sponsoren dafür interessiert haben, mit mir in die Nationwide-Serie aufzusteigen und ein ganz neues Kapitel aufzumachen."
Frage: "Wenn du dir 2012 noch einmal vor Augen führst, was war für dich der größte Schritt nach vorne?"
Piquet: "Das Wichtigste war es, im Vergleich zu 2011 konstanter gewesen zu sein. Aber da geht noch mehr. Diese Meisterschaften sind sehr lang mit vielen Rennen und die Punkteunterschiede zwischen den Piloten sind sehr klein. Es macht also einen gewaltigen Unterschied, wenn du in der Lage bist, die Rennen gut zu Ende zu fahren anstatt mit vollem Risiko zu versuchen, ein Rennen auf Biegen und Brechen zu gewinnen."
Las-Vegas-Sieg als Highlight
"Das Punktesystem hier in den USA belohnt es im Vergleich zu Europa eben genau nicht, wenn du verrückte Dinge versuchst, um ein oder zwei Positionen nach vorne zu kommen. Das ist zum Beispiel einer der Punkte, die ich noch lernen muss. Mich im Rennen selbst zu beruhigen, eben weil die Rennen und die Saison so lange sind."

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In seinem Turner-Truck gewann Nelson Piquet 2012 zwei Oval-Rennen Zoom
Frage: "Wenn du deine Siege 2012 einmal in Relation setzt - was ist mehr wert für dich? Der Rundkurssieg in deinem erst dritten Nationwide-Rennen in Elkhart Lake oder die beiden Oval-Siege von Michigan und Las Vegas bei den Trucks?"
Piquet: "Also Elkhart Lake war schon speziell, weil ich die Strecke und das neue Nationwide-Auto nicht kannte. Ich fuhr auf die Pole-Position und gewann das Rennen, das war schon so etwas wie ein perfektes Wochenende. Aber Las Vegas war ein Oval-Sieg und es gab ein Überholmanöver in der letzten Runde. Das war einer der besten Momente in meiner ganzen Karriere, das ist immer noch ein total verrücktes Gefühl."
"Ich hatte ein beschädigtes Auto, weil mich im engen Verkehr jemand mit meiner Fahrzeugseite an die Mauer gedrückt hat. Das hat am Auto in jeder Ecke zu jeder Menge Untersteuern geführt und wenn du direkt hinter einem Konkurrenten hergefahren bist, dann gab es sogar noch mehr Untersteuern. Insofern gab es für mich nur eine Chance, am führenden Matt Crafton vorbeizugehen, indem ich den Apron traf, weil das dein Auto nach vorne beschleunigt."
"Nur ist das bei einem Tempo um die 300 Stundenkilometer ein sehr riskantes Manöver, weil du dein Auto dabei ganz leicht in einen Dreher schicken kannst. Aber es war die letzte Runde und mir war klar, dass ich es riskieren würde. Einfach aus dem Grund, weil mir ein zweiter oder dritter Platz zu diesem Zeitpunkt egal war. Ich wollte das Ding gewinnen oder es zumindest versuchen. Also bin ich so hart wie es ging nach unten gezogen, während das Auto am Untersteuern war und ich habe den Apron tatsächlich so perfekt getroffen, sodass das Auto einen Schub bekam."
Lernjahr 2013
"Es zog also nach oben und ich wusste, dass Matt da oben war. Die Hinterachse kam ins rutschen, aber ich sagte mit immer wieder, dass ich jetzt nicht den Fuß vom Gas nehmen werde. Und was soll ich sagen? Ich kam um ein paar Zentimeter vor ihm raus. Diesed Manöver werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Insofern war der Ovalsieg von Vegas noch etwas spezieller, denn die Leute hier erwarten ja von mir, dass ich auf den Rundstrecken vorne mitfahre."

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Nelson Piquet Jr. im Gespräch mit MST-Redakteur Pete Fink Zoom
Frage: "Aber mal ganz ehrlich - zum Beispiel in Rockingham hättest du eigentlich auch gewinnen müssen. Sogar gegen Kasey Kahne ..."
Piquet: "Nicht nur Rockingham, auch Pocono war ganz ähnlich. Ich lag das ganze Rennen über in Front und beim letzten Restart passiert ein Massencrash. Überall flogen Autos herum und mich hat es auch erwischt. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich da Zweiter, Dritter oder Vierter wurde. (Dritter; Anm. d. Red.) Aber so ist es hier nun einmal. Es gibt hier viele Restarts und dabei kann immer etwas passieren."
"Das kann aber auch einmal andersherum funktionieren. Irgendwann bist du einmal zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle und gewinnst. Insofern bin ich über Rockingham und Pocono zwar ein bisschen frustriert, aber es bringt mich nicht um. Ich habe dabei viel gelernt und ich weiß jetzt, dass ich dort beim nächsten Mal nicht denselben Fehler wieder machen werde."
Frage: "Sprechen wir einmal über 2013. Du bist von den Trucks in die wesentlich teurere Nationwide-Serie aufgestiegen. Wie gehst du das neue Jahr an? Betrachtest du es als ein Lernjahr?"
Piquet: "Ja, es ist ein Lernjahr. Es gibt neue Strecken, mehr Wettbewerb, neue Fahrer und viel mehr Rennen. Insofern wird es natürlich ein Lernjahr werden, aber ganz sicher will in den Rookie-Titel holen. Und natürlich in der Gesamtwertung am Ende des Jahres unter den Top 5 stehen."
Piquet-Prognose: Drei Saisonsiege
Frage: "Wen schätzt du als die großen Konkurrenten ein? Austin Dillon? Elliott Sadler?"
Piquet: "Beide. Dazu noch Brian Vickers und Regan Smith. Diese vier Jungs fahren Fulltime und sie werden extrem stark sein."

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Im turbulenten Daytona kam Nelson Piquet mit einigen Schrammen ins Ziel Zoom
Frage: "Und Siege? Können wir dieses Jahr von dir den einen oder anderen Sieg erwarten?"
Piquet: "Mindestens drei Siege. Es gibt ja immerhin drei Rundstreckenrennen in Elkhart Lake, Watkins Glen und Mid-Ohio. Aber meine Prognose sind zwei Rundkurssiege und ein Oval-Sieg."
Frage: "Wie glücklich bist du mit deinem Turner-Team? Du bist ja schon vergangenes Jahr hier gefahren ..."
Piquet: "Bis jetzt sieht alles gut aus, es sind viele neue Leute in meiner Mannschaft und wir lernen uns gerade erst kennen."
Frage: "Turner ist eines der Teams, von denen man annimmt, dass sie bald im Sprint-Cup fahren werden. Wie siehst du das?"
Piquet: "Also ich glaube nicht, dass das so schnell passieren wird. Außer sie finden einen richtig großen Sponsor. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass sie es nicht riskieren wollen, die Dinge auf ein noch größeres Level zu bringen."
Vier Jahre Turner
Frage: "Was hältst du von deinen Teamkollegen? Justin Allgaier oder der junge Kyle Larson?"
Piquet: "Kyle Larson ist sehr gut. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir zusammen die Turner-Autos weiterentwickeln können. Er ist ein guter Junge."

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Nelson Piquet Jr. hat bei Turner einen Vierjahresvertrag unterschrieben Zoom
Frage: "Wie sieht es an der Sponsorenfront aus? Du hast einen neuen großen Sponsor ..."
Piquet: "Ja, aber die komplette Saison ist noch nicht verkauft, wir stehen bei etwa 70 Prozent. Es gibt eine Menge Gespräche und ich hoffe doch, dass wir bis zum Saisonende alles in trockenen Tüchern haben werden."
Frage: "Und wie lange läuft dein Vertrag bei Turner/Scott Motorsports?"
Piquet: "Es ist ein sehr langfristiger Vertrag über vier Jahre. Mit einer Ausstiegsklausel, wenn ich es in den kommenden Jahren schaffen sollte, dass sich ein Sprint-Cup-Team für mich interessiert."

