• 05.06.2017 12:24

  • von Maria Reyer & David Emmett

Wutausbruch & Schadenfreude: Pedrosa ärgert Crutchlow

Dani Pedrosa schoss mit einem Fehler in der letzten Rennrunde in Mugello Cal Crutchlow ins Kiesbett - Der Brite hält daraufhin eine Wutrede und zwitschert

(Motorsport-Total.com) - Vor zwei Wochen in Le Mans hatten sie noch Glück, am gestrigen Sonntag in Mugello ging das Manöver schief: Dani Pedrosa schoss Honda-Kollegen Cal Crutchlow bei einem übermotivierten Überholmanöver in der letzten Rennrunde beim Grand Prix von Italien ab. Daraufhin gestikulierte der Brite wutentbrannt im aufgewirbelten Staub im Kiesbett vor laufenden TV-Kameras. (Der Grand Prix von Italien in der Chronologie!)

Titel-Bild zur News: Dani Pedrosa, Cal Crutchlow

Dani Pedrosa stellt Cal Crutchlows Gemüt in Mugello auf die Probe... Zoom

Im Nachhinein erklärt Crutchlow seinen Ärger über Pedrosas Fahrfehler: "Er hat mich angelogen!" Und auch auf Twitter rechtfertigt der schlagfertige LCR-Pilot seine Schadenfreude über Pedrosas verlorenen zweiten WM-Platz. Ein Wochenende zum Vergessen für Honda. "Wir hätten auch einfach zu Hause bleiben können", lautet das Fazit des 31-Jährigen.

Doch was war passiert? Während Ducati und Yamaha den Sieg untereinander ausmachten, konnte Honda nicht mithalten. Sogar Weltmeister Marc Marquez musste sich mit dem sechsten Platz begnügen. Wie auch der Spanier litten Crutchlow und Pedrosa unter wenig Grip auf der Vorderachse. Sie brachten die Michelin-Pneus nicht auf Temperatur. "Wir konnten die schwierige Situation heute ziemlich gut kontrollieren. Dieses Wochenende waren die Reifen wirklich schlimm", bestätigt Crutchlow gegenüber 'crash.net'.

"Kein Gefühl auf der Front": Top 10 außer Reichweite

"Das Bike war auch nicht fantastisch, für keinen Honda-Fahrer. Es kommt nicht oft vor, dass man Marc in Schwierigkeiten sieht. Ich wollte das Beste aus der Situation machen, nachdem wir kein Gefühl auf der Front hatten", schildert er. Am Ende des Rennens hatte er sogar eine "fantastische" Pace, berichtet der Brite.


Fotos: MotoGP in Mugello


Durch Startplatz 13 fand er sich jedoch in einer schwierigen Ausgangsposition. "Ich habe mich durch den Crash im dritten Training selbst behindert. Dann im Rennen habe ich zu viel Zeit verloren, das war's dann. Ich habe Positionen verloren, und musste diese erst zurückgewinnen." Denn zu Rennbeginn ging es für ihn zurück bis auf Platz 15, erst in Runde 15 traf er im direkten Duell auf Pedrosa, den er überholen konnte.

"Am Ende des Rennens dachte ich, ich könnte noch auf Pirro, Lorenzo und Iannone aufschließen." Die Italiener komplettierten die Top 10, Crutchlow duellierte sich mit dem Spanier um Rang elf. "Ich zog Dani hinter mir mit und der Dank dafür war, dass er mich in der letzten Runde ins Aus mitriss. Ich konnte nichts machen." In Scarperia (Kurve 10) versuchte es der Honda-Werkspilot innen, verlor jedoch die Front und rutschte in die Kundenhonda. Nachdem beide ins Kiesbett purzelten, ging Crutchlow Pedrosa an.

Crutchlow kontert auf Twitter: "Soll ich ihn etwa küssen?"

Seinen Wutausbruch begründet der WM-Zehnte wie folgt: "Ich sprach mit ihm unmittelbar danach. Zuerst meinte er, dass etwas passiert sei. Ich wurde wütend, weil es so rüberkam, als wäre es nicht seine Schuld gewesen. Etwas Mysteriöses hätte sich dazu entschieden, mich rauszukegeln. Das machte mich sehr wütend, da er mich angelogen hat", behauptet der 31-Jährige. "Wenn du einen Fehler machst, dann machst du einen Fehler." In einem Interview mit dem Sender 'BT Sport' schoss er nach. Er sei froh, dass Pedrosa seinen zweiten WM-Platz durch den Crash verloren habe. Auf Twitter rechtfertigt er sich: "Was wollt ihr denn? Soll ich ihn küssen?"

Die Entschuldigung von Pedrosa nimmt Crutchlow dennoch an. "Ich kann mein Ergebnis jetzt nicht mehr dadurch verbessern, ihm eine reinzuhauen", schiebt er nach. "Manchmal gelingt es eben nicht, Leute zu überholen. Das verstehe ich. Ich war offensichtlich angepisst zu diesem Zeitpunkt, aber ich verstehe es. Ich bin unverletzt, er ist unverletzt und wir können zumindest beide am kommenden Wochenende wieder fahren." Doch ganz so glimpflich verlief der Crash dann doch nicht, denn der Brite kugelte sich dabei kurz die Schulter aus.

Pedrosa wirkt in seiner Medienrunde nachdenklich und ratlos. Er schildert den Crash nüchtern: "In der letzten Runde war ich in der Gruppe mit Cal. Wir hatten beide Probleme. Ich wollte ihn überholen, habe dabei aber einen Fehler gemacht. Ich war zu spät auf der Bremse. Ohne den Grip bin ich über die Front gestürzt. Ich habe nicht hart gepusht, hatte aber einfach keinen Grip und riss Cal mit ins Kiesbett." Das sei kein schönes Gefühl, wenn man einen Fehler macht und jemand anderer dafür bezahlen muss. "Wir sind beide okay nach dem Crash, das ist positiv. Es tut mir sehr leid", wiederholt der 31-Jährige.

Harte Kritik an Michelin: "Hätten auch zu Hause bleiben können"

Der Spanier startete vom aussichtsreichen fünften Startplatz, fand sich nach der ersten Runde jedoch nur noch auf dem zehnten Platz wieder. "Das war ein sehr schwieriges Rennen. Ich weiß nicht warum, aber heute hatte ich gar kein Gefühl auf den Reifen. Ich hatte keinen Grip hinten und keinen Grip vorne. Ich konnte nichts machen, um das zu verbessern. Ich bin dadurch immer weiter zurückgefallen. Ich wollte nur noch ins Ziel kommen. Die Pace und das Gefühl waren einfach nicht gut", lautet sein vernichtendes Resümee.

Schon das gesamte Wochenende über hatte Honda Probleme mit dem Grip. Crutchlow geht daher mit Michelin hart ins Gericht: "Es wäre sowieso schwierig geworden, die Ducatis zu schlagen mit der Reifenwahl. Der härteste Vorderreifen war viel zu weich für Dani, wie sollen also Marc, Jack (Miller; Anm. d. Red.) und ich damit umgehen? Es war sinnlos, hier überhaupt aufzukreuzen - speziell nach dieser letzten Runde. Wir hätten auch einfach zu Hause bleiben können, weil wir das gesamte Wochenende unserer Form auf dem Vorderreifen nachgelaufen sind. Ich frage mich, wann sie beginnen werden, uns als Hersteller zu helfen, schließlich helfen sie auch allen anderen."

Pedrosa bekräftigt die Aussagen seines Unfallkontrahenten: "Ich hatte das gesamte Wochenende Probleme mit dem Grip. Heute war es aber noch schlimmer. Ich hatte wirklich Probleme, das Bike auf der Strecke zu halten." Das Bike habe sich auf den Geraden "wie verrückt" bewegt. Pedrosa konnte die RC213V kaum unter Kontrolle bringen. "Das war eines der längsten Rennen", muss er mit Bedauern feststellen.