Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Enea Bastianini

Die Schulterverletzung war und ist ein großes Handicap - Aber Bastianini findet mit der GP23 kein Gefühl - Überspringen eines Modelljahrs schwieriger als gedacht?

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Enea Bastianini

Enea Bastianini findet mit der aktuellen Ducati GP23 kein optimales Gefühl Zoom

Spielberg war wie in jedem Jahr wieder ein ganz großes Fest. Rund 93.000 Besucher am Sonntag und 173.000 am gesamten Wochenende sind wieder tolle Zahlen gewesen! Der Grand Prix war nicht der spektakulärste, aber nicht jedes Rennen kann bis zur letzten Kurve super spannend sein.

Lag das an der neuen Reifendruckregel? Jeder Fahrer hatte nach dem Rennen eine andere Meinung. In der Sommerhitze war der Druck im Vorderreifen generell kritisch. Offiziell wurde nicht gemeldet, dass ein Fahrer außerhalb des neuen Reglements war.

Action gab es dafür im Sprint. Am Samstag waren einmal mehr die Rennkommissare Gegenstand von Diskussionen. Wie sie sich auswürfeln, ob es eine Strafe gibt oder nicht, das wissen nur sie selbst. Ich bin es ehrlich gesagt leid, mir darüber den Kopf zu zerbrechen.

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema unserer traditionellen Montagskolumne. Nach Silverstone habe ich über Joan Mir geschrieben, dass ich mir langsam Sorgen um seine Karriere mache. In Spielberg ist er am Sonntag wieder gestürzt - zum 14. Mal in dieser Saison.

Sorgen mache ich mir langsam auch um Enea Bastianini. Im vergangenen Herbst habe nicht nur ich damit gerechnet, dass wir ein Ducati-Stallduell zwischen ihm und Francesco Bagnaia um den WM-Titel sehen könnten. Aber es ist alles anders gekommen.

Zunächst möchte ich vorweg schicken, dass ich mit Bastianini nicht zu hart ins Gericht gehen möchte. Die Fraktur des rechten Schulterblatts beim unglücklichen Unfall in Portimao war natürlich schwerwiegend und wirkt sich bis heute aus.

Bastianinis Saison begann praktisch erst in Silverstone. In Spielberg hat er außerdem festgehalten, dass seine Schulter immer noch nicht im Optimalzustand ist. Deswegen dürfen wir seine Performance nicht zu kritisch sehen. Er braucht einfach weiterhin noch Zeit.

Enea Bastianini, Johann Zarco

Seine Stärken von der GP21 kann Bastianini mit der GP23 nicht umsetzen Zoom

Aber es ist ein anderer Aspekt, den ich heute besprechen möchte. Schon bei den Vorsaisontests hatte Bastianini Mühe, ein gutes Gefühl für die aktuelle GP23 zu finden. Das setzt sich bis heute fort. Im Vorjahr war mit der GP21 die Bremsphase und der Kurveneingang seine große Stärke.

Und das kann er mit dem aktuellen Motorrad nicht umsetzen. Auch in Spielberg wurde keine optimale Abstimmung sowohl mechanisch beim Bike als auch elektronisch für die Motorbremse gefunden. Der Reifenverschleiß war zudem hoch.

Am Sonntag saß Bastianini ratlos bei seiner Medienrunde, denn er wusste nicht, warum nichts funktioniert. Und er wusste auch nicht, was sie noch probieren können, denn bisher hat nichts sein Gefühl verbessert.

Ähnliches Phänomen bei Morbidelli

Vielleicht haben ich, wir und auch Ducati unterschätzt, dass es doch ein großer Schritt ist, wenn man ein Motorrad überspringt. Denn Bastianini wechselte von der GP21 auf die GP23 und hat die GP22 "übersprungen". Bagnaia ist dagegen immer mit der Entwicklung mitgewachsen.

Franco Morbidelli

Seit Morbidelli im Yamaha-Werksteam ist, kann er nicht an alte Performance anknüpfen Zoom

Ein ähnliches Phänomen haben wir auch bei Yamaha gesehen. 2020 wurde Franco Morbidelli mit der M1 von 2019 Vizeweltmeister. Für 2021 erhielt er ein kleines Upgrade und war bis zu seiner Knieverletzung und langen Operationspause auch noch konkurrenzfähig.

Nach der Pause saß Morbidelli dann im Werksteam auf der aktuellsten Spezifikation und hatte Mühe. Das Motorrad war ganz anders zu fahren. Er ist im Gegensatz zu Fabio Quartararo nicht mit der Entwicklung, auch wenn sie bei Yamaha nicht so groß war, mitgewachsen.

Beeinflusst das die Entscheidung von Bezzecchi?

Deshalb frage ich mich, ob die Beispiele Bastianini und Morbidelli auch Einfluss auf die Entscheidung von Marco Bezzecchi haben könnten. Sollte er zu Pramac wechseln, dann würde er im nächsten Jahr auf der aktuellen GP24 sitzen.

Er würde also von der GP22 auf die GP24 wechseln und dabei die aktuelle GP23 überspringen. Mit einem Wechsel zu Pramac würde Bezzecchi auch in ein für ihn neues Team wechseln. Das sind perspektivisch gesehen zwei Unsicherheitsfaktoren. Einen kann man riskieren, aber zwei?

Marco Bezzecchi

Entscheidet sich Bezzecchi gegen die GP24 und Pramac und bleibt bei VR46? Zoom

Die Alternative für Bezzecchi lautet, im familiären Umfeld von VR46 zu bleiben und die aktuelle GP23 von Bagnaia zu erhalten - inklusive aller Daten und Erfahrungen von allen Strecken in diesem Jahr.

Ist das die bessere, sichererer Wahl, die im nächsten Jahr die besten Erfolgschancen ermöglicht? In Spielberg zeichnete sich ab, dass Bezzecchi wahrscheinlich diese Variante wählen und bei VR46 bleiben wird.

Und wer ist im nächsten Jahr der zweite Pramac-Fahrer? Es ist das vielleicht beste Motorrad im Feld in einem der besten Teams frei. Pramac führt weiterhin die Teamwertung an. Geht dieser Platz an Morbidelli? Eine zweite Chance, einen Neustart seiner Karriere würde er sich verdienen.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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