Uncini: "Ich hatte sehr viel Glück"

Der ehemalige 500ccm-Weltmeister Franco Uncini erinnert sich an seinen schweren Unfall 1983 in Assen und spricht über seine Arbeit als Sicherheitsberater der FIM

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn es in den vergangenen beiden Saisons der Motorrad-Weltmisterschaft jeweils einen tödlichen Unfall gab, so hat sich die Sicherheit des Sports in den vergangenen Jahrzehnten doch drastisch erhöht. Einen Beitrag dazu hat auch Franco Uncini geleistet. Der Italiener, der 1982 den WM-Titel in der 500ccm-Klasse gewann, berät den Motorradweltverband FIM seit 1993 in Sicherheitsfragen und arbeitet auch auch heute noch in der Sicherheitskommission mit, die von Loris Capirossi geleitet wird.

Titel-Bild zur News: Franco Uncini

Franco Uncini berät die FIM seit 1993 in Sicherheitsfragen Zoom

Auch aktuelle Grand-Prix-Piloten beteiligen sich an den Beratungen, wobei Uncini vor allem Valentino Rossi herausstellt: "Stoner hat früher daran teilgenommen, Pedrosa, Dovizioso und Lorenzo nehmen manchmal teil, aber Rossi ist immer mit dabei", sagt Uncini im Gespräch mit der 'GPWeek'. Allerdings seien die Diskussionen nicht mehr so intensiv wie in früheren Jahren, "denn die meisten Strecken sind sehr, sehr sicher", so Uncini, der erklärt, dass vor allem die Auslaufzonen im Mittelpunkt der Bemühungen stehen.

"Die meisten Strecken sind sehr, sehr sicher." Franco Uncini

Der heute 57-Jährige weiß aus eigener Erfahrung, wie gefährlich der Motorradsport sein kann. 1983 überlebte er mit Glück einen schweren Unfall in Assen. Nach einem Sturz wollte sich Uncini von der Strecke retten und wurde dabei vom Motorrad von Wayne Gardner erfasst. "So etwas kann man nicht verhindern. Es war ein ähnlicher Unfall wie der von Marco Simoncelli. Ein anderer Ablauf, aber sehr ähnlich", erinnert sich Uncini.


Franco Uncinis Unfall 1983 in Assen

Wie sein im vergangenen Jahr verstorbener Landsmann verlor auch Uncini beim Aufprall den Helm: "Die Nieten, die den Kinngurt am Helm befestigen, sind einfach ausgerissen." Anschließend schlug der Italiener mit dem Gesicht auf die Strecke auf und fiel ins Koma, aus dem er jedoch ohne bleibende Schäden erwachte. "Meine Nase sah vorher besser aus", scherzt Uncini mit fast 30 Jahren Abstand über den schweren Unfall. Der Italiener weiß aber auch: "Ich hatte sehr viel Glück. Ich hätte um ein Haar mein Leben verloren."

Uncini erklärt, dass im Bereich der persönlichen Schutzausrüstung in den vergangenen drei Jahrzehnten große Fortschritte gemacht worden seien: "Die Helme sind viel besser, die Lederkombis auch." Die Zusammenarbeit mit den Fahrern habe sich im Gegensatz zu früher kaum verändert, doch seien die Piloten heute gezwungen, während der Rennen mehr zu riskieren: "Heute muss ein Fahrer 110 Prozent geben, um zu gewinnen. Vor 20, 30 oder 50 Jahren musstest du nicht über das Limit herausgehen", so Uncini. Den Hauptunterschied machten die Strecken, die heute wesentlich sicherer seien.

"Die Helme sind viel besser, die Lederkombis auch." Franco Uncini

Diskussionsbedarf sieht er jedoch beim Thema Reifen: "Ich war lange Zeit für einen Einheitsreifen, da es Probleme mit einigen Herstellern gab", erklärt der Italiener. Allerdings würden dadurch neue Probleme entstehen, weil die Reifen nicht mit jedem Motorrad harmonieren. Auch das Verhalten von Bridgestone kritisiert Uncini in diesem Zusammenhang: "Vor zwei oder drei Jahren gab es Beschwerden, der Reifen sei zu hart und zu schwierig zu fahren. Bridgestone entgegnete darauf: 'So ist der Reifen, ihr müsst eure Abstimmung anpassen'. Ich weiß nicht, ob das eine gute oder schlechte Idee ist."

Die hochgezüchtete Elektronik der heutigen MotoGP-Motorräder sieht Uncini jedoch positiv. Von Traktions- oder Wheeliekontrolle könne auch die Sicherheit im Straßenverkehr profitieren: "Die Elektronik wird oft kritisiert, aber ich finde sie gut und würde sie gerne auch in Straßenmotorädern sehen. Das würde Unfälle verhindern. Ich würde es begrüßen, wenn daran weiter entwickelt würde", erteilt der Italiener einer Einheits-Elektronik eine Absage: "Das wäre nicht so gut, auch wenn es das Feld näher zusammenbringen würde."

Im Gegensatz zu einigen Fahrern und Experten sieht Uncini auch die Einführung der CRT-Motorräder als gelungen an: "Im Training sind die besten CRT teilweise nur 1,6 Sekunden hinter der Spitze. Und das in ihrem ersten Jahr", lobt der Italiener die Teams. "In der nächsten Saison werden sie noch näher dran sein. Ich denke, CRT war eine gute Entscheidung."