• 23.11.2007 17:05

  • von David Pergler

Michelin versteht Rossis Wechsel überhaupt nicht

Jean-Philippe Weber hat ein turbulentes Jahr hinter sich - Niederlage gegen Bridgestone, Verlust von Valentino Rossi und angedrohte Einheitsreifenregel

(Motorsport-Total.com) - Es war kein einfaches Jahr für die Franzosen. An mehreren Fronten brannte es lichterloh. Um ein Haar wäre Michelin aus dem Wettbewerb ausgestiegen, weil die Einheitsreifenregel drohte. Gegenüber dem 'Motosprint Magazin' sprach der Häuptling der Franzosen, Jean-Philippe Weber über die vielen Feuerstellen und was er darüber denkt.

Titel-Bild zur News: Jean-Philippe Weber

Jean-Philippe Weber hatte 2007 an vielen Fronten gleichzeitg zu kämpfen

"Es hat sich 2007 vieles verändert, es war fast eine kleine Revolution. Zu Beginn sah Ducati unbesiegbar aus, was die Perfomance betrifft, Honda und Yamaha hatten währenddessen Probleme. Soweit es uns betrifft, haben wir selbst viele der feucht-nassen Rennen verloren, während wir auf trockenen Bedingungen Probleme auf zwei Strecken hatten: Laguna Seca und Brünn. Dort funktionierten sowohl unsere Maschinen als auch die Reifen nicht", analysiert Weber zunächst die sportliche Situation von Michelin.#w1#

Unverständnis über Rossi

Bis der große Kracher kam: "Meiner Meinung nach haben wir viele Dinge gegen Saisonende verändert. Doch leider hatte Valentino das Gefühl, dass es nur am Reifen und an nichts sonst lag. Vielleicht ist das eine gute Analyse des Ganzen, vielleicht auch nicht", zuckt Weber mit den Schultern über den Verlust von Michelins Speerspitze.

"Aus meiner Sicht ist seine Entscheidung schwer zu verstehen aber er hat es sich so nun mal ausgesucht. Das könnte eine gute oder eine schlechte Wahl sein, das werden wir bald sehen. Mit Sicherheit gibt es einige Dinge, Dinge psychologischer Natur, welche die Perfomance eines Fahrers drastisch beeinflussen", mutmaßt Weber.

Damit spricht der Michelinboss einen Verdacht aus, ob nicht vielleicht Rossis Gewissheit, mit den Michelinreifen ohnehin unterlegen zu sein, einen Blockadeschalter im Kopf des Superstars umgelegt haben könnte, der es nicht mehr ermöglichte, dass Rossi 100 Prozent abliefern konnte. Möglich wäre das, doch betrachtet man Rossis Leistungen und seinen Kampfgeist in den schwierigsten Situationen wie etwas Valencia oder Sepang, erhält diese Theorie einige Risse.

Jetzt muss man mit dem zurechtkommen, was man hat: "Wir müssen uns mit den Fahrern, die wir haben, nach vorne orientieren." Weber gab auch zu, dass Michelins große Furcht vor der von Dorna angedrohten Einheitsreifenregel hatte, in deren Zuge die Franzosen die MotoGP wohl hätten verlassen müssen.

Angst vor dem Reifenmonopol

"Wir hatten Angst, gehen zu müssen. Es gab da einen Moment, als eine seltsame Situation auftauchte: Dorna schien um jeden Preis diese Einheitsreifenregel herbeiführen zu wollen. Das hat viel Verwirrung bei uns gesorgt." Ein Mosaiksteinchen bei der Analyse der Probleme von Michelin?

Möglich wäre das. Eine drohende Einheitsreifenregel könnte bei Michelin eine Blockade verursacht haben, angesichts eines drohenden, erzwungenen Abzugs nicht alle letzten Geldreserven in die Reifenentwicklung zu verpulvern, nachdem man 2007 ohnehin schon gegen Bridgestone verloren hatte und man 2008 dann "auf der Straße gestanden" wäre. Denn Michelin hätte sich bei einer Ausschreibung als Alleinausstatter wohl nicht beteiligt.

Das wird von Weber ausdrücklich betont: "Wir bei Michelin lieben den Wettbewerb und auch die Vielfalt an Wettbewerbern. Ein einziger Reifen ist nicht unsere Philosophie", erklärt Weber, dass nicht durch Dauerpräsenz, sondern durch Siege das Produkt Michelin beworben werden soll. "Es gab aber einen Moment großer Anspannung, als wir uns fragten, ob wir bleiben oder gehen sollten. Wir waren in Sorge, dass Ezpeleta wirklich den Einheitsreifen will und wir wussten nicht, was wir tun sollten."

Doch zumindest dieser Brandherd erlosch quasi von selbst: "Wir haben abgewartet, was passieren würde, um zu entscheiden, ob wir weiter teilnehmen oder ob wir einfach gehen, aber am Ende hat Carmelo die Entscheidung gefällt, welche in unseren Augen die Richtige ist."