• 18.01.2008 18:08

Lorenzo: "Werde vor allen anderen stehen!"

Jorge Lorenzo im Interview über seine erste MotoGP-Saison auf Yamaha, seinen Teamkollegen und seine Langzeitziele in der Königsklasse

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jorge, was hast du empfunden, als du zum ersten Mal auf der MotoGP-Yamaha gesessen bist?"
Jorge Lorenzo: "Mein erster Eindruck, als ich auf der M1 gesessen bin, bestand aus Stolz und Ehre! Ich war schon stolz darauf, mit 20 Teil des Yamaha-Werksteams zu sein, aber als ich dann tatsächlich mit dem Motorrad fahren durfte, sagte ich zu mir selbst: 'Jetzt geht es los, jetzt liegt es an dir!' Ich war sehr bewegt, aber gleichzeitig neugierig darauf, wie sich so ein Motorrad mit so viel Leistung verhält."

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo steht vor seiner ersten Saison in der Königsklasse MotoGP

"Alle, die meinen Job machen, träumen von so etwas, und ich bin einer von wenigen, die dieses Glück haben. Ein paar Sekunden später wurde mir aber auch klar, dass ich dieses Motorrad verdiene, weil ich in meiner Karriere viel erreicht habe. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei Yamaha dafür bedanken, dass sie mir diese Chance geben, und ich möchte ihnen das zurückgeben."#w1#

Formkurve stark ansteigend

Frage: "Wie ist der Winter für dich verlaufen? Hattest du Spaß und hast du mehr Fortschritte als erwartet gemacht?"
Lorenzo: "Das Wintertestprogramm begann gut und endete besser. Nach den ersten zwei Tagen auf der M1 fühlte ich mich immer wohler, sie fühlte sich immer normaler für mich an. Ich denke, dass ich mich seit dem ersten Test sehr gesteigert habe und dass ich früher oder später sehr schnell sein werde. Ich weiß nicht, wann es soweit ist, denn ich gewöhne mich noch ans MotoGP-Motorrad, aber ich bin mir sicher, dass wir am Ende einen tollen Job machen werden."

"Ich habe mich vom ersten bis zum dritten Test um eine Sekunde gesteigert." Jorge Lorenzo

"Ich hatte auf der M1 von Anfang an eine gute Zeit, vor allem bei meinem Wheelie, den ich über fast einen Kilometer ziehen konnte! Vielleicht hätte ich am Beginn des Winters ein bisschen schneller sein können, aber dann habe ich mich viel schneller gesteigert als erwartet. Besonders in Jerez war ich wirklich schnell, so dass ich sagen kann, dass ich mich vom ersten bis zum dritten Test um eine Sekunde gesteigert habe. Das ist nicht schlecht!"

Frage: "Was denkst du über dein neues Team und deinen neuen Teamkollegen Valentino Rossi?"
Lorenzo: "Das, was mich am meisten überrascht hat, war die familiäre Atmosphäre. Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber trotz des warmen Willkommensgrußes ist die Truppe auch extrem professionell. Ich denke, dass ich im besten Team der Welt bin. Das Umfeld ist perfekt: Die Ingenieure arbeiten hart, das Motorrad, die Mechaniker - sogar das Essen - alles passt, ist perfekt! Auch wenn ich aus einem professionellen Team komme, ist die MotoGP noch einmal eine andere Liga."

"Valentino? Was soll ich zu ihm sagen? Er ist der kompletteste Fahrer der Welt. Er hat alles: Er ist der Beste auf der Bremse, auf den Geraden, in den Kurven, in Sachen Pace. Er geht früher auf das Gas als alle anderen, macht seine Show auf und abseits der Strecke. Er ist perfekt! Es wird schwierig, sein Niveau zu erreichen, aber ich werde natürlich mein Bestes geben und es versuchen."

Bremsen fällt Lorenzo am schwersten

Frage: "Was fällt dir an der Umstellung auf die MotoGP-Motorräder am schwersten und was am einfachsten?"
Lorenzo: "Das Schwierigste waren die Bremsen, vor allem bei harten Bremsmanövern. Auch wenn ich mich schon sehr gesteigert habe, ist noch mehr drin. Das ist nur eine Frage der Zeit und des Testens. Die Kraftentfaltung und das Beschleunigungsmanagement fallen mir weniger schwer, aber am Bremsen muss ich wirklich noch arbeiten, denn da kann man einen Unterschied bewirken. Aber seit meiner ersten Fahrt auf der M1 habe ich mich enorm gesteigert, was bedeutet, dass ich das Motorrad immer besser verstehe. Da hilft mir auch das Team sehr. Während der ersten Rennen muss ich noch meinen Fahrstil feintunen und ein paar Dinge einrichten, bis alles perfekt passt."

"Schon beim ersten Test war mir klar, dass ich mich voll auf die Reifen verlassen kann." Jorge Lorenzo

Frage: "Wie kommst du mit den Michelin-Reifen zurecht?"
Lorenzo: "MotoGP-Motorräder sind kraftvoller als eine 250er, also ist es normal, dass auch die Reifen mehr Grip haben. Schon beim ersten Test war mir klar, dass ich mich voll auf die Reifen verlassen kann, mehr als in der 250er-WM. Die Michelin-Reifen sind nicht unberechenbar, sondern sie sind gutmütig und es gibt keine unvorhersehbaren Reaktionen, was positiv für mich ist, weil ich Risiken eingehen kann. Ich bin mir sicher, dass Michelin wieder nach vorne kommen wird, denn sie haben sich über den Winter sehr angestrengt und ich bin zuversichtlich, dass es dieses Jahr zwischen Michelin und Bridgestone keinen Unterschied mehr geben wird."

Frage: "Was ist deine schönste Erinnerung an deine bisherige Rennfahrerkarriere?"
Lorenzo: "Witzig, denn der schönste Moment war die Unterschrift bei Yamaha, auch wenn du vielleicht etwas anderes glaubst! Natürlich habe ich auch eine Million Erinnerungen an den ersten WM-Titel, aber das kann ich nicht in Worten beschreiben. Die andere schöne Erinnerung ist mein WM-Titel 2007. Das sind die Erinnerungen, die ich mein ganzes Leben mitnehmen werde."

Frage: "Was ist deine Lieblingsstrecke und in welchem Land fährst du am liebsten?"
Lorenzo: "Meine Lieblingsstrecke ist definitiv Assen. Ich habe dort schon dreimal gewonnen und die Strecke passt auch am besten zu meinem Fahrstil. Und ich mag Strecken, die einfach schön sind, zum Beispiel in meinem Spanien. Von den spanischen Strecken ist mir Jerez am liebsten, denn ich liebe es, dort zu fahren, aber Barcelona und Valencia sind auch toll."

Spanische Rennen ein echtes Highlight

"Eine Weltmeisterschaft ohne diese drei Rennen kann ich mir gar nicht vorstellen. Jedes Rennen auf einer spanischen Strecke ist unvergesslich für mich. Man kommt sich vor wie mitten in einer Arena und ich spüre immer die Wärme eines jeden einzelnen Fans. Es gibt nichts Schöneres als in Spanien zu fahren!"

Yamaha YZR-M1

So sieht der neue Arbeitsplatz von Jorge Lorenzo auf der Yamaha YZR-M1 aus Zoom

Frage: "Wie verbringst du deine Freizeit, wenn du keine Rennen fährst? Welche Hobbys und Sportarten magst du?"
Lorenzo: "Wenn ich nicht auf dem Motorrad sitze, spiele ich Videospiele, ich höre Musik, surfe im Internet oder bin bei Freunden. Das mache ich normalerweise zu Hause. Fußball war auch eine Leidenschaft von mir, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr, mir die Spiele anzuschauen. Ich bin ein Fan von 'Barca'. Manchmal sehe ich die Spiele noch, wenn ich nicht bei einem Grand Prix bin. Weil in meinem Team viele Italiener sind, möchte ich auch sagen, dass ich auch ein Fan von Inter Mailand bin. Und neben Fußball spiele ich auch gerne Tennis, was nützlich ist, um in Form zu bleiben."

Frage: "Kannst du uns mehr über dein Trainingsregime erzählen?"
Lorenzo: "Mein Trainingsprogramm ist sehr streng, aber zum Glück gehe ich gerne ins Fitnesscenter, so dass ich sehr gut in Form bin. Normalerweise trainiere ich jeden Tag vier Stunden. Mein Tagesprogramm beinhaltet kardiovaskuläres Training, Stretching, Dehnübungen, Bauchmuskeltraining und das Heben von Gewichten. Ich habe einen persönlichen Trainer, der mit mir reist, und die harte Arbeit lohnt sich doch, nicht wahr?"

Frage: "Was hältst du vom ersten Nachtrennen in Katar?"
Lorenzo: "Ich halte das für eine sehr interessante Initiative, sehr ungewöhnlich, aber ich freue mich schon sehr darauf und bin gespannt, wie es wird, in der Nacht zu fahren. Ich denke, die Fans vor Ort und an den TV-Geräten werden es als sehr aufregend empfinden. Meine einzige Sorge ist, dass an dem Tag in Spanien eine wichtige Wahl stattfindet, also hoffe ich, dass trotzdem genug Fans zuschauen werden. Aber so oder so wird es großartig für 'Todo el Mundo'!"

Frage: "Was ist dein Saisonziel? Podestplätze, ein Sieg?"
Lorenzo: "Insgesamt gesehen denke ich, dass es das Wichtigste ist, die Ziele irgendwann zu erreichen. Wann man das schafft, ist weniger wichtig. Normalerweise kommen die guten Leute sehr schnell an, aber das Wichtigste ist, dass man seine Ziele in Gesundheit erreicht. Ich weiß nicht, ob ich meine Ziele in ein oder zwei Jahren erreichen kann, aber ich weiß, dass ich früher oder später vor allen anderen stehen werde!"