Hintergrund: Wie eine Software dabei hilft, die MotoGP sicherer zu machen
Mit einem speziell entwickelten Programm können Stürze simuliert werden - Diese Informationen helfen dabei, Sturzräume zu definieren und richtig abzusichern
(Motorsport-Total.com) - Seit der vergangenen MotoGP-Saison verwendet die Sicherheitskommission eine Software, die von der Universität Padua (Italien) speziell für die Motorrad-Weltmeisterschaft entwickelt worden ist. Das Ziel dahinter ist, die Sturzräume der Rennstrecken zu optimieren.
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Die Größe der Sturzräume muss auf die immer schnelleren Bikes angepasst werden Zoom
Die Entwicklung dieser Software hat vor fünf Jahren begonnen und wurde in der Praxis auch schon oft zu Rate gezogen, um die Sicherheit zu verbessern. Denn die MotoGP-Prototypen werden Jahr für Jahr schneller.
Reihenweise purzeln die Rundenrekorde. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Sturzräume. "Die Geraden scheinen immer kürzer zu werden und die Mauern kommen immer näher." Dieser Satz ist regelmäßig von den MotoGP-Fahrern zu hören.
Deswegen werden die Auslaufzonen bestimmter Kurven nicht mehr als sicher erachtet, obwohl sie das vor wenigen Jahren noch waren. Aufgrund dieser Bedenken haben sich MotoGP-Sportdirektor Carlos Ezpeleta und Technologiedirektor Corrado Cecchinelli an die Universität Padua gewandt.
Die Antwort ist eine speziell entwickelte Software, die mit Archivdaten von MotoGP-Promoter Dorna Sports, dem Motorrad-Weltverband FIM, den Teams und Fahrern sowie von den diversen Ausrüsterfirmen gefüttert wurde.
"Wir haben nach einem Tool gesucht, um ein Streckenprofil in ein AutoCAD einzutragen und damit die idealen Sturzräume zu berechnen, und um zu checken, ob die bestehenden noch ausreichend sind", so Ezpeleta über die Idee hinter dieser Software.
"Wir haben mit Corrado darüber gesprochen. Er trat dann in Kontakt mit den Spezialisten in Padua, die bei Bewegungsstudien die Besten sind", sagt der Sportdirektor gegenüber der spanischen Edition von Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com.
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Carlos Ezpeleta spricht über die Vorteile des Computermodells Zoom
In den vergangenen fünf Jahren hat die Software große Entwicklungssprünge gemacht. Der Ausgangspunkt war, die Linie des Motorrads auf der Strecke so akkurat wie möglich zu simulieren. Dazu wurde der Speed implementiert.
Im nächsten Schritt wurden Sturzdaten miteinbezogen. Damit konnte berechnet werden, was mit dem Fahrer nach einem Sturz passiert, mit welcher Geschwindigkeit er über den Asphalt rutschen und wo er landen würde.
"Am wichtigsten ist, dass das Programm zu diesem Zeitpunkt schon zwischen Motorrad und Fahrer unterscheiden konnte", erklärt Cecchinelli. Dazu wurde die Software mit den Daten von unzähligen Stürzen der vergangenen zehn Jahre gefüttert.
Programm eine Unterstützung der Menschen
Die Software arbeitet natürlich mit statistischen Modellen. Fehler können nicht komplett ausgeschlossen werden, aber im Zuge der Weiterentwicklung der Software wird die Fehlerrate immer geringer.
Aber natürlich gibt es auch Situationen, in denen die Software die Informationen der Daten anders interpretiert als es in der Realität der Fall wäre. "Zum Beispiel rutscht ein Fahrer anders über ein Kiesbett, wenn es trocken oder nach nächtlichem Regen komplett nass ist."
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Tome Alfonso ist für FIM-Homologation und Streckensicherheit zuständig Zoom
"Oder bei bestimmten Unfällen versteht das Programm nicht, dass der Fahrer in eine bestimmte Richtung geschleudert wird", hält Tome Alfonso fest, der sich um die FIM-Homologation der Rennstrecken kümmert.
Aber trotzdem ist das Programm ein wichtiges Hilfsmittel geworden. "Die Rennstrecken werden immer noch von Menschen abgenommen. Aber diese Software ist eine große Hilfe, wenn man Entscheidungen treffen muss."
"Wenn man alles auf Mathematik, auf wissenschaftlicher Basis analysiert, dann wird alles einfacher. Das macht unsere Arbeit einfacher, denn wir wissen, worauf wir achten müssen und können viele Dinge bestätigen."
Spielberg-Schikane mit diesem Programm designt
Als im vergangenen Jahr zum ersten Mal Indien besucht wurde, konnten vorab Simulationen durchgeführt werden. Als Alfonso und seine Kollegen vor Ort waren, wussten sie schon genau, welchen Stellen und Sturzräumen sie sich widmen mussten, um die Sicherheit zu verbessern.
Ein weiteres Beispiel ist die neue Schikane auf dem Red-Bull-Ring zwischen den Kurven 1 und 3. Beim Design dieser Schikane wurde die Software benutzt, um verschiedene Varianten zu simulieren und beim beschränkten Platz auch die Größe der Sturzräume zu berechnen.
© Red Bull Ring / Red Bull Content Pool
Seit 2022 fährt die MotoGP in Spielberg durch diese Schikane Zoom
"Das hat gut funktioniert, weil es bei der Strecke Einschränkungen gab und auch, weil das Layout für die Formel 1 nicht verändert werden sollte", so Ezpeleta. "Verschiedene Versionen wurden mit der Software geprüft, bis wir zum finalen Vorschlag gekommen sind."
Die aktuellen MotoGP-Motorräder verfügen zwar über GPS-Sender, aber ab dem neuen Reglement 2027 wird es viel genauere Sensoren und ein besseres System geben. Diese Daten werden allen Teams und auch den TV-Stationen zur Verfügung stehen.
Und natürlich werden diese genaueren Daten auch in dieses Software-Modell implementiert werden. "Dieses GPS wird uns echte Daten über Schlupf, Geschwindigkeit, Flugbahn und so weiter liefern. Deshalb haben wir uns sehr dafür eingesetzt, dass das in das Reglement 2027 kommt", betont Ezpeleta.
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