STW-Finale Nürburgring 1999: Runden-Protokoll des Titel-Dramas

Das STW-Finale 1999 auf dem Nürburgring war an Dramatik nicht überbieten - Protokoll eines Rennens, das ganze Drehbücher füllen könnte

(Motorsport-Total.com) - Die Eskalation kannte keine Grenzen. Das dramatische STW-Finale 1999 auf der Sprintstrecke des Nürburgrings ist bis heute fest im kollektiven Motorsportgedächtnis verankert. Das Rennen begann schon dramatisch, kühlte dann etwas ab, bis die Spannung am Ende ihren Höhepunkt erreichte. Das Protokoll eines wahnwitzigen Rennens.

Titel-Bild zur News: Christian Abt kreuzt nach der Bergung die Ziellinie

Christian Abt kreuzt nach der Bergung die Ziellinie Zoom

Start: Wie erwartet nutzt Christian Abt den Allradvorteil und zieht an Uwe Alzen vorbei. Doch der Start ist bei weitem nicht so überlegen, wie er hätte sein können, denn Alzen erwischt einen für einen Fronttriebler perfekten Start und zeigt sich schon vor der Querspange ein erstes Mal.

Runde 1: Alzen ist dank seines guten Starts in Schlagdistanz und übernimmt vor der Veedol-Schikane die Führung. Abt fährt ihm vor der Schikane ins Heck und schiebt den Opel Vectra geradeaus durch die Schikane. Es ist unklar, ob die Befestigung des Sponsorenschildes am Vectra von Alzen bereits hier zumindest angebrochen wird. Alzen behält die Führung.

Weiter Runde 1: Eric Helary greift in der Zielkurve den durch die Kollision verlangsamten Abt an. Dieser lässt keinen Platz, doch auch Helary bremst zu spät. Abt wird nach außen gedrängt, Helarys linkes Vorderrad knickt ein - Feierabend. Am Kurvenausgang kommen sich der langsamer werdende Abt und Manuel Reuter in die Quere. Abt zieht in Reuter hinein, der weicht theatralisch bis fast an die Boxenmauer aus und fährt mit Opel-Power vorbei. Abt verliert auch den dritten Platz an Tom Kristensen.

Runde 2: Schon in der Querspange holt sich Abt den dritten Platz von Kristensen zurück, der einen aussichtslosen Versuch unternimmt, Reuter außen zu überholen und offenbar nicht mit dem überragenden Einlenkverhalten des Abt-Audis gerechnet hat.

Runde 3: Wieder Tatort Querspange: Abt hat Reuter eingeholt, der den Audi beschäftigen soll, damit Alzen an der Spitze einen Vorsprung erhält, von dem er später zehren kann, und von hinten weitere Autos an Abt herankommen. Abt hat keine Lust auf dieses Spiel, fährt Reuter von hinten aufs Eck, schiebt sich innen vorbei und macht sich am Kurvenausgang breit. Rad-an-Rad-Kollision, Audi OK, Opel K.O.

Runde 4: Der führende Uwe Alzen fährt in der Veedol-Schikane erneut geradeaus, diesmal ohne Hilfe eines Konkurrenten. Möglicherweise werden die Halterungen des Sponsorenschildes erst hier angeknackst, vielleicht sind sie sogar noch intakt. Ansonsten bleibt der Vorfall ohne Folgen.

Runde 8: Die Situation an der Spitze hat sich beruhigt, doch Abt fährt schneller als Alzen und Kristensen schneller als beide. Gleichzeitig erhält Roland Asch eine Stop-and-Go-Strafe wegen Frühstarts.

Runde 17: Kaum hat sich die Spitzengruppe zusammengefunden, unterläuft Christian Abt in der Veedol-Schikane ein grober Fehler. Er räumt den Reifenstapel ab, der rechte Vorderreifen beginnt am Innenkotflügel zu schleifen.


STW Nürburgring 1999: Das Skandal-Finale in voller Länge

Runde 18: Auf der Start-Ziel-Geraden beult Abt den Kotflügel mit hektischen Lenkbewegungen wieder aus. Beobachter glauben, der Reifen sei geplatzt. Zwei, drei Runden lang sollte es noch leicht qualmen, doch wieder gelingt es einem Abt-Audi - beileibe nicht zum ersten Mal in dieser Saison -, einen am Reifen schleifenden Kotflügel wieder vom Reifen zu trennen.

Runde 20: Tom Kristensen überholt den immer noch leicht qualmenden Audi von Christian Abt. Abt hat den Titel nun nicht mehr selbst in der Hand. Sollte Kristensen Alzen überholen, wäre Abt Meister. Sollte Alzen vorne bleiben und Abt Dritter werden, wäre Alzen Meister.

Runde 22: Kritische Überrundung für Christian Abt: Olaf Pleuger, der ihn in Hockenheim abgeschossen hatte, fährt diesmal brav beiseite und lässt den Tabellenführer passieren.

Runde 25: Nach mehrmaligem Ignorieren der Stop-and-Go-Strafe wird Roland Asch die schwarze Flagge gezeigt. Den Irmscher-Piloten kümmert das nicht, er fährt einfach weiter und kommt dem angeschlagenen Christian Abt immer näher.

Runde 27: Die Boxencrew von Abt Sportsline bereitet sich auf einen Boxenstopp vor. Es besteht die Befürchtung, dass Christian Abt reingeholt werden muss, der rechte Vorderreifen könnte doch zu stark beschädigt sein. Abt fährt aber weiter.

Runde 28: Kris Nissen, nicht Christian Abt, kommt zum Boxenstopp, nach Angaben des Teams wegen eines Reifenschadens. Er kommt dicht hinter dem führenden Tom Kristensen wieder auf die Strecke.

Runde 29: Wieder fährt Alzen in der Veedol-Schikane geradeaus, wieder ohne fremde Hilfe. Diesmal kracht das Sponsorenschild runter und schiebt sich vor die rechte vordere Bremsbelüftung.

Runde 30: Alzen spürt den Effekt unmittelbar und wird auf der Bremse sofort schwächer. Kristensen ist nun in Schlagdistanz zum immer mehr abbauenden Opel. Schon in der Zielkurve zieht Kristensen an Alzen vorbei und macht Abt zum Champion.

Runde 31: Auch Abt zieht an Alzen vorbei, der kaum noch bremsen kann. Alzens Hoffnungen gehen gegen Null, doch nur zwei Kurven später segelt Abt von der Strecke und schießt durchs Kiesbett. Alzen ist wieder Zweiter, Abt Dritter, was für Abt immer noch zum Titel reichen würde.

Runde 32: Kristensen überrundet Nissen, der nun direkt vor Alzen und Abt fährt. Gleichzeitig nähert sich der bereits disqualifizierte Asch mit Siebenmeilenstiefeln, während Alzen und Abt versuchen, ihre ramponierten Autos ins Ziel zu bringen.

Runde 33: Drei Kurven vor Schluss eskaliert die Situation. Der überrundete Nissen bremst vor der Veedol-Schikane auf der Kampflinie und zieht nach rechts. Alzen, der praktisch keine Bremsen mehr hat, knallt Nissen ins Heck. Auch am dritten Holzer-Opel bricht die Vorderradaufhängung. Abt überholt beide, Asch weicht geradeaus durch die Schikane aus und bleibt voll am Gas. In der Zielkurve fährt Asch Abt ins Heck und schickt den Audi ins Kiesbett. Alzen schleppt sich auf drei Rädern als Zweiter hinter Kristensen über die Ziellinie, Abt wird geborgen und kommt als Elfter ins Ziel. In der provisorischen Wertung ist Alzen STW-Meister 1999.

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