St. Petersburg: Rahal düpiert die IndyCar-Stars!

Graham Rahal schrieb in seinem ersten IndyCar-Rennen Geschichte - Sieg vor Helio Castroneves und dem kämpferischen Polesetter Tony Kanaan

(Motorsport-Total.com) - IndyCar at it's Best: Graham Rahal schrieb heute beim zweiten Saisonlauf der wiedervereinigten US-Königsklasse Geschichte! Der 19-Jährige trug sich in St. Petersburg als jüngster Fahrer aller Zeiten in die Siegerliste der Meisterschaft ein - und das noch dazu bei seinem allerersten Antreten, schließlich hatte er den Saisonauftakt in Homestead nach einem Testunfall auslassen müssen.

Titel-Bild zur News: Podium in St. Petersburg 2008

Graham Rahal auf dem Podium inmitten der IndyCar-Stars Castroneves und Kanaan

Das Finale nach der vierten und letzten Safety-Car-Phase war geprägt von knisternder Erwartung, aber eigentlich nicht von packender Dramatik. Denn der Newman/Haas/Lanigan-Pilot war eindeutig der schnellste Mann auf der Strecke und düpierte die alteingesessenen IndyCar-Stars mit einer Glanzleistung. Sogar Papa Bobby, selbst eine US-Racing-Legende, vergaß da am Kommandostand, dass er eigentlich seinem eigenen Team die Daumen drücken sollte...#w1#

Castroneves und Kanaan von Rahal geschlagen

Rahal zog nach dem letzten Restart Helio Castroneves (Penske) auf und davon. Die Ehre der alten IndyCar-Cracks rettete Polesetter Tony Kanaan (Andretti/Green) als Dritter, denn der Brasilianer zog in der Schlussphase eine fantastische Show ab, schnappte einen Konkurrenten nach dem anderen und arbeitete sich so innerhalb von wenigen Runden noch auf das Podium nach vorne. Das war der würdige Abschluss eines unglaublich turbulenten Nachmittags.

Gestartet wurde nämlich hinter dem Safety-Car, weil es am Start regnete und die klitschnasse Strecke zunächst nicht freigegeben werden konnte. Marty Roth (Roth), der schon in den Trainings mehrere Frontflügel geschrottet hatte, zog angesichts dessen seine Teilnahme zurück und trat gar nicht erst an. Nach elf Runden konnte das Rennen aber endlich freigegeben werden - und Ryan Hunter-Reay (Rahal/Letterman) drehte sich sogar noch vor der grünen Flagge!

Ryan Hunter-Reay

Der Start: Ryan Hunter-Reay drehte sich noch vor dem Überfahren der Linie Zoom

In dieser Tonart sollte es auch weitergehen, denn Ed Carpenter (Vision), Danica Patrick, Marco Andretti (beide Andretti/Green) und Mario Moraes (Dale Coyne) konnten ihre Autos bei den schwierigen Bedingungen nicht so kontrollieren, wie sie sich das eigentlich vorgestellt hatten. Andretti hatte in der ersten Safety-Car-Phase Glück, nicht aus der Führungsrunde zu fliegen, ebenso wie Patrick, die noch ein paar Mal mehr für actionreiche Szenen sorgen sollte, in der zweiten.

Früher Stopp von Leader Kanaan

Spitzenreiter Kanaan kam genau wie Castroneves, Hunter-Reay und einige andere Piloten in der 17. Runde erstmals unter Gelb an die Box, wodurch Justin Wilson (Newman/Haas/Lanigan) die Führung erbte. Diese Freude war aber von nicht allzu langer Dauer, denn der Brite fiel im chaotischen Rennen immer weiter zurück und warf dann in der Schlussphase endgültig alle Chancen auf ein Spitzenresultat weg, als er sich drehte.

Immerhin sammelte Wilson aber als erster Fahrer aus dem ehemaligen ChampCar-Lager Führungskilometer. Begünstigt durch die vielen unterschiedlichen Strategien und die erst langsam abtrocknenden Verhältnisse gelang dieses Kunststück später auch Enrique Bernoldi (Conquest) und Ernesto Viso (HVM), die früh auf Slicks wechselten, dadurch weit nach vorne gespült wurden und am Ende nach zwei Stunden Fahrzeit die hervorragenden Positionen fünf und vier erreichten.

Rahal mit tollen Überholmanövern

In der 27. Runde zündete der spätere Sieger Rahal seinen Turbo: Der Amerikaner ging mit spektakulären Manövern erst an Will Power und eine Runde später an Oriol Servia (beide KV) vorbei und schob sich damit auf den dritten Rang nach vorne. In Runde 64 schnappte er sich dann beim dritten Restart - wegen eines Unfalls von Ryan Briscoe (Penske), der nach langer Führung innen die Mauer touchierte und außen in die Barrieren krachte - Hunter-Reay und damit den ersten Platz.

Danica Patrick

Danica Patrick stand auf verlorenem Posten - und neben der Strecke... Zoom

Diesen sollte Rahal bis zur Zieldurchfahrt nach 83 der ursprünglich geplanten 100 Runden - das Limit von zwei Stunden wurde voll ausgereizt - nicht mehr abgeben. Zwar wurde es unmittelbar nach der letzten Safety-Car-Phase wegen einer Kollision zwischen Vitor Meira (Panther), Franck Perera (Conquest) und Townsend Bell (Dreyer & Reinbold) noch einmal knapp, aber abgesehen von einem kleinen Rutscher in der ersten Kurve behielt der sensationelle IndyCar-Rookie unter Druck kühlen Kopf.

Rahal hatte Glück, dass das Safety-Car am Ende noch einmal rauskommen musste, weil es ansonsten mit dem Treibstoff knapp hätte werden können. Davon kann ihm Hunter-Reay ein Liedchen vorsingen, denn der Rahal/Letterman-Pilot büßte erst das mögliche Podium gegen Castroneves und Kanaan ein und rollte dann wenige Sekunden vor Ablauf der maximalen Rennzeit mit leerem Tank aus. Gewertet wurde er als 17.

Sechs ChampCar-Piloten in den Top 10

Hinter Rahal, Castroneves, Kanaan, Viso und Bernoldi fuhr Hideki Mutoh (Andretti/Green) als Sechster ein starkes Resultat ein, gefolgt von Servia, Power, Wilson und Patrick, die es trotz ihrer zahlreichen Fehler irgendwie schaffte, sich immer wieder heranzurobben. Auffallend: In den Top 10 landeten nicht weniger als sechs Piloten, die eigentlich in der ChampCar-Serie an den Start gegangen wären - durchaus ein starkes Lebenszeichen der Totgesagten.

Ed Carpenter

Auch eines der vielen Opfer der nassen Strecke zu Rennbeginn: Ed Carpenter Zoom

Dafür musste die Truppe von Chip Ganassi eine bittere Schlappe hinnehmen, denn Scott Dixon schied nach einem überflüssigen Mauerkuss in der 75. Runde mit kaputter Radaufhängung hinten links aus. Stallkollege Dan Wheldon sah zumindest die Zielflagge, setzte aber als Zwölfter keine Akzente. Besonders bitter: Der Ex-Champion lag bis kurz vor Schluss an siebenter Stelle, ging dann aber noch sang- und klanglos unter.

In der Meisterschaft führt nach den ersten beiden von insgesamt 16 IndyCar-Rennen in dieser Saison Castroneves mit 72 Punkten vor Titelverteidiger Dixon (62) und Kanaan (59). Bester ChampCar-Fahrer ist Rahal (6.) mit seinen heutigen 50 Zählern. Fazit: Nachdem die IndyCar-Platzhirsche ihr Revier auf dem Oval von Homestead noch gut verteidigen konnten, wilderten heute auf dem Straßenkurs von St. Petersburg einige junge, hungrige ChampCar-Wölfe...