• 25.08.2008 03:09

  • von Pete Fink

Spannung im Titelkampf: Castroneves siegt - Dixon patzt!

Der IndyCar-Titelkampf 2008 wird plötzlich wieder spannend - Helio Castroneves gewinnt, Scott Dixon patzt und eine starke Danica Patrick auf Platz fünf

(Motorsport-Total.com) - Endlich konnte der "Spiderman" wieder klettern - und wenn es nur ein kleines Treppengeländer vor der Haupttribüne war, denn hinter der Boxengasse von Sonoma gab es keinen Zaun für Helio Castroneves. Auf diesen Tag musste der Brasilianer fast eineinhalb Jahre, oder 29 IndyCar-Rennen lang warten, denn seit St. Petersburg 2007 hatte der Penske-Pilot nicht mehr gewinnen können.

Titel-Bild zur News: Helio Castroneves

Helio Castroneves bejubelte seinen ersten IndyCar-Saisonsieg ausgiebig

Diese Negativserie riss am Sonntagabend auf dem Infineon Raceway - und das hatte Konsequenzen, denn damit ist plötzlich auch die IndyCar-Titelentscheidung wieder ein großes Stück spannender geworden. Grund: Der klare Favorit Scott Dixon (Ganassi) patzte in Kalifornien - und wurde am Ende farbloser Zwölfter.#w1#

Bei noch zwei ausstehenden Saisonrennen in Detroit und auf dem Chicagoland Speedway sandte Castroneves also ein ganz deutliches Signal in Richtung Dixon und Chip Ganassi Racing, denn der Brasilianer verkürzte seinen Rückstand in der Gesamtwertung mit einem Schlag von 78 auf nur noch 43 Punkte.

Nach der Horrorwoche mit zwei verbrannten Einsatzautos hatte Roger Penske gleich zweifachen Grund zur Freude, denn hinter Castroneves sorgte Ryan Briscoe für einen letztlich ungefährdeten Doppelsieg der Rot-Weißen, die das gesamte Kalifornien-Wochenende klar dominiert hatten.

Penske von Anfang an klar überlegen

Start Sonoma

Start in Sonoma: Die zwei Penske fuhren von Beginn an vorne weg Zoom

Beide Penske-Dallara starteten aus Reihe eins, und mangels sonstiger Vorkommnisse entpuppte sich das erste Rennviertel als Formel-1-ähnliche Prozession. Das Feld fuhr wie an einer Perlenschnur aufgezogen hintereinander her, und lediglich vier Hinterbänkler durchbrachen die Langeweile, indem sie ihren ersten Boxenstopp vorzogen.

Das sollte sich lohnen, denn mit Dan Wheldon (Ganassi; 4.), Ernesto Viso (HVM; 6.), Vitor Meira (Panther; 7.) und Buddy Rice (Dreyer and Reinbold; 11.) machte jeder dieser vier Piloten nach den 80 Runden einen Riesensatz nach vorne. Der Venezuelaner Viso ergatterte sich im Rennverlauf sogar einige strategiebedingte Führungsrunden.

Nach 16 Umläufen sorgte dann Privatier Mary Roth mit einem Dreher für die erste und einzige Gelbphase des Sonoma Indy 300, die das Geschehen richtig in Schwung bringen sollte. Denn bei Penske teilte man die Strategie nun auf: Ryan Briscoe blieb - genau wie Tony Kanaan und Danica Patrick (beide Andretti-Green) - auf der Strecke, während der Rest der Spitzengruppe, angeführt von Castroneves zum Tanken fuhr.

Dixon lag zu diesem Zeitpunkt noch auf Position fünf. Das Ganassi-Team schien sich darauf verständigt zu haben, dass der auf der Strecke hinter Titelkonkurrent Castroneves liegende Neuseeländer jeden strategischen Zug des Penske-Piloten mit machen sollte, denn Dixon ging auch in der Folge immer genau dann zum Service, wenn der Brasilianer ebenfalls abbog.

Dixon im Mittelfeld chancenlos

Helio Castroneves

Nur der Zaun fiel für den siegreichen "Spiderman" etwas mickrig aus... Zoom

Vielleicht wollte man so verhindern, dass sich Castroneves einen strategischen Vorteil erarbeiten konnte, doch dieser Plan hatte einen entscheidenden Haken: Der Penske-Dallara war um Längen schneller als der Ganassi-Bolide und dies hatte zur Folge, dass der Abstand der beiden Titelkontrahenten rapide anwuchs.

Denn obwohl Castroneves und Dixon nach ihrem ersten Stopp beide im Mittelfeld auf die Strecke zurückkamen, konnte der Penske-Pilot einige Hinterbänkler überholen, während Dixon hängen blieb. Sein Auto war in Sonoma unter dem Strich einfach nicht schnell genug.

So wurde rasch klar, dass die Castroneves-Konkurrenz um den Sonoma-Sieg vor allem in der Person von Teamkollege Briscoe zu suchen war. Strategiebedingt sicherte sich der Australier auch einige Führungsrunden, aber gegen den entfesselt fahrenden Castroneves war heute kein Kraut gewachsen.

Denn als Briscoe zu seinem zweiten und letzten Tankstopp abbog, vergrößerte Castroneves bei freier Fahrt seinen Vorsprung mit jeder Runde. Sobald die Penske-Crew sicher war, dass auch der Brasilianer seinen letzten Serviceaufenthalt durchführen können würde, und trotzdem vor Briscoe wieder herausfahren würde, holte man den "Spiderman" an die Box.

Danica Patrick solide auf Platz fünf

Danica Patrick

Danica Patrick bewies in Sonoma mit Platz fünf ihre Rundkurs-Qualitäten Zoom

Dessen dritter Stopp geschah in Runde 57 und von diesem Zeitpunkt an fuhr Castroneves seinen so lange ersehnten ersten Saisonsieg sicher nach Hause. Briscoe wurde ungefährdeter Zweiter vor Tony Kanaan, der die gleiche Zwei-Stopp-Strategie wie der ehemalige Formel-1-Testfahrer von Toyota wählte. Nur mit dem Unterschied, dass auch die Andretti-Green-Truppe keine Chance gegen den Sonoma-Speed der beiden Penske-Boys hatte.

Dan Wheldon wiederum wurde durch seine gute Strategie und eine fehlerlose Fahrt bis auf Platz vier nach vorne gespült. Danica Patrick bewies einmal mehr, dass auch sie in der Lage ist, schnell um einen Rundkurs zu fahren, und wurde mit der gleichen Zwei-Stopp-Strategie wie Briscoe und Kanaan hervorragende Fünfte.

Hinter Viso und Meira landeten die beiden Newman-Haas-Autos von Graham Rahal und Justin Wilson auf den Positionen acht und neun, während Mario Moraes als Zehnter ein Top-10-Resultat für das kleine Dale-Coyne-Team holen konnte. Dixon hatte - einmal im Mittelfeld abgetaucht - keine Chance mehr sich gegen die Hinterbänkler durchzusetzen, und verlor als Zwölfter viel Boden auf Castroneves.

Das führt nun zu einem pikanten Rechenspiel: Sollte Castroneves am kommenden Wochenende in Detroit wieder mit der maximalen Punktzahl von 53 Zählern gewinnen, und Dixon gleichzeitig einen frühen Ausfall - und damit nur zehn Punkte - hinnehmen müssen, dann würde in der IndyCar-Gesamtwertung vor dem Saisonfinale tatsächlich Gleichstand herrschen...