• 20.07.2008 22:12

  • von Pete Fink

Penske-Doppelsieg durch Briscoe und Castroneves

Ryan Briscoe gewann ein unterhaltsames Mid-Ohio-Rennen vor Helio Castroneves - Justin Wilson und Bruno Junqueira als große Pechvögel

(Motorsport-Total.com) - Eine schnell abtrocknende Strecke, viele Dreher und als Folge der Umstände auch viele unterschiedliche Benzinstrategien boten in Mid-Ohio ein phasenweise hoch unterhaltsames IndyCar-Rennen, in dem am Ende die beiden Penske von Ryan Briscoe und Helio Castroneves die Oberhand behielten.

Titel-Bild zur News: Helio Castroneves Ryan Briscoe Penske

Doppelsieg: Ryan Briscoe gönnt Helio Castroneves eine Champagner-Dusche

Während Scott Dixon (Ganassi) als Dritter seine Position als Gesamtführender absichern konnte, entpuppten sich Justin Wilson (Newman/Haas) und Bruno Junqueira (Dale Coyne) als die beiden großen Pechvögel des Rennens, das allerdings noch einige weitere - teilweise wetterbedingte - Unglücksraben aufwies.#w1#

Denn die IRL-Offiziellen deklarierten das Honda Indy 200 nach zwei ausgiebigen Schauern im Vorfeld als Regenrennen, weswegen alle Piloten auf Regenreifen starten mussten. Doch 28 Grad Außentemperatur und die unwiderstehlich durch die Wolken blinzelnde Juli-Sonne trockneten die 3,633 Kilometer lange Berg- und Talbahn in Mid-Ohio sehr schnell ab. Das hatte Folgen.

Vitor Meira (Panther), Darren Manning (Foyt) und Will Power (KV) fuhren bereits am Ende der ersten Runde an die Box zum Reifenwechsel, und drehten anschließend auf ihren Slicks natürlich viel schnellere Rundenzeiten. Als dann das IndyCar-Establishment reagierte, waren die drei Außenseiter aber bereits an der kompletten Spitzengruppe vorbeigezogen.

Justin Wilson als tragische Figur

Einer der ganz großen Verlierer von Mid-Ohio war Justin Wilson (Newman/Haas), der auf seinen Regenreifen zwar zunächst von Startplatz vier aus auf Position eins nach vorne fahren konnte, nach seinem Stopp jedoch durch die Wiese ratterte und zwischenzeitlich bis auf Platz 17 zurückfiel.

Justin Wilson Mid-Ohio

Justin Wilson erlebte ein hoch turbulentes Mid-Ohio-Rennen Zoom

Ähnlich schlimm erwischte es Ryan Briscoe, der in seinem Penske viel zu lange auf den überfälligen Reifenwechsel wartete und zunächst bitter dafür bestraft wurde, denn der Australier war der letzte der Top-Leute an der Box und kam nur auf Position 15 wieder auf die Strecke zurück.

Hinter dem Spitzentrio lagen nach dem ersten Rennviertel der insgesamt 85 Runden Marco Andretti (Andretti-Green), Polesetter Helio Castroneves (Penske), Scott Dixon (Ganassi), Tony Kanaan (Andretti/Green) und Lokalmatador Graham Rahal (Newman/Haas).

Die Strecke war mittlerweile komplett abgetrocknet und da Mid-Ohio mit den Kurven zwei und vier nur zwei echte Überholmöglichkeiten aufweist, war in der Folge ein klassisches Prozessionsfahren angesagt. Die drei Außenseiter Meira, Manning und Power hielten die dahinter versammelten IndyCar-Asse auf Distanz.

Stetige Positionswechsel

Ein abgerissener Heckflügel von Mario Dominguez (Pacific Coast Motorsport) sorgte in Runde 27 erst für eine Schrecksekunde und anschließend für eine Gelbphase, die das Klassement wieder komplett durcheinanderwirbelte. Die beiden Briten Wilson und Dan Wheldon (Ganassi) gingen nicht gar nicht zum Tanken und bildeten nun die Spitze.

Start Mid-Ohio

Der Start erfolgte in Mid-Ohio auf noch ziemlich nasser Fahrbahn Zoom

Doch natürlich lag das Duo damit auch weit außerhalb der normalen Spritsequenz, während Briscoe extrem davon profitierte, denn der Penske-Pilot war kurz vor der Gelbphase an der Box gewesen und etablierte sich nun als neuer Dritter. Gleiches galt für den Dale-Coyne-Piloten Mario Moraes auf Platz vier.

Dann hatte Wilson erneut Pech und nahm seinen Landsmann Wheldon gleich mit: Milka Duno (Dreyer and Reinbold) drehte sich unmittelbar vor der Boxenanlage, und damit wurden die beiden Briten wiederum weit zurückgeworfen, denn sie mussten nun dringend zum Service. Sie kamen hinter der unauffälligen Danica Patrick nur auf den Plätzen 16 und 17 wieder auf die Strecke zurück.

Doch die Leiden der beiden britischen W's gingen unvermindert weiter: Wilson touchierte beim Restart Dominguez und drehte sich, was im hinteren Mittelfeld natürlich eine Kettenreaktion auslöste, in die auch Wheldon und der nach einem vorangegangenen Dreher zurückgefallene Andretti verwickelt wurden.

Junqueira bremst, Briscoe profitiert

Die neue Reihenfolge zu Rennhalbzeit lautete: Briscoe, Moraes, Power, Castroneves, Dixon, Meira und Manning. Das Spritfenster in Mid-Ohio betrug etwas über 30 Runden und just zu diesem Zeitpunkt - 30 Umläufe vor dem Ende - ging fast das gesamte Feld unter Grüner Flagge sukzessive zum letzten Mal zum Spritfassen.

Ryan Briscoe Helio Castroneves

Ryan Briscoe und Helio Castroneves räumten in Mid-Ohio alles ab Zoom

Moraes löste kurze Zeit später mit einem Ausrutscher eine weitere Gelbphase aus, und musste ein bis dato starkes Rennen vorzeitig beenden. Sein Dale-Coyne-Teamkollege Bruno Junquiera hingegen sparte sich diesen Tankstopp, und fand sich plötzlich zwischen den beiden Penskes von Briscoe und Castroneves auf Platz zwei wieder.

Briscoe war nun natürlich der große Profiteur, denn Junquiera hielt seine eigentlich übermächtigen Verfolger Castroneves und Dixon massiv auf. Hartnäckig verteidigte der Pokerspieler aus Brasilien seine Position, so dass Briscoe vorne in Riesenschritten enteilen konnte, während sich Castroneves und Dixon die Zähne am Dale-Coyne-Dallara ausbissen.

Natürlich hoffte Junquiera auf eine weitere Gelbphase, aber diese sollte nicht kommen - und acht Runden vor dem Ende war der brasilianische Zauber vorbei: Die Tankstelle rief, und Junqueira wurde bis auf Platz 13 durchgereicht. Briscoe wiederum wird den Dale-Coyne-Piloten wohl in sein Abendgebet einschließen, denn der Australier hatte zwischenzeitlich zehn Sekunden Vorsprung herausgefahren.

Dixon souveräner Tabellenführer

Der Penske-Pilot gewann nach Milwaukee sein zweites Saisonrennen, während Polesetter Castroneves für den ersten Doppelsieg der Rot-Weißen seit der Saison 2005 sorgte. Tabellenführer Dixon hingegen sicherte seine deutliche Gesamtführung durch einen grundsoliden dritten Platz ab.

Helio Castroneves Scott Dixon

Helio Castroneves vor Scott Dixon - in der Tabelle ist es genau anders herum Zoom

Will Power und Oriol Servia (beide KV) bescherten ihren Teambesitzern Kevin Kalkhoven und Jimmy Vasser zwei Top-5-Resultate vor Vitor Meira (Panther) und dem besten AGR-Dallara von Tony Kanaan. Darren Manning (Foyt), Hideki Mutoh (AGR) und Ryan Hunter-Reay (Rahal Letterman) rundeten die Top 10 ab.

In der Gesamtwertung hat Dixon fünf Rennen vor Saisonende nun 58 Punkte Vorsprung auf Castroneves. Neuer Gesamtdritter ist Tony Kanaan, der um einen Zähler an Dan Wheldon vorbeizog. Allerdings haben beide bereits 90 Zähler Rückstand auf den Neuseeländer - in Sachen Aufholjagd auf den IndyCar-Titel 2008 ein äußerst schwieriges Unterfangen.