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Hunter-Reay gewinnt verrückten Iowa-Thriller!
Ein unglaublicher Reifenpoker kippt das Iowa-Rennen: Ryan Hunter-Reay siegt aus dem Nichts vor Josef Newgarden und Pechvogel Tony Kanaan - Montoya stinksauer
(Motorsport-Total.com) - Was war das bitte schön für ein Iowa-Rennen? Tony Kanaan (Ganassi-Chevrolet) kämpfte im Rennverlauf des Iowa Corn Indy 300 in schöner Regelmäßigkeit alle Konkurrenten um Platz eins nieder - und wurde am Ende doch nur tief enttäuschter Dritter. Der Grund war eine späte Gelbphase, die einige Teams nutzten, um noch einmal neue Reifen aufziehen zu lassen. Was dann in den letzten neun Rennen folgte, ähnelte fast einem "Videospiel", wie es Iowa-Sieger Ryan Hunter-Reay (Andretti-Honda) ausdrückte.

© IndyCar
Last-Minute-Sieg: Ryan Hunter-Reay kann sein Glück kaum fassen Zoom
Hunter-Reay ging den letzten Restart nach seinem Boxenstopp nicht mehr in den Top 10 liegend an und schnupfte die vor ihm liegende Meute nach Belieben. Drei Runden vor Schluss lag er in Schlagdistanz zu Kanaan, zwei Runden vor dem Ende fuhr er problemlos am Ganassi-Chevrolet vorbei, dessen verdutzter Pilot wohl gar nicht realisierte, was da gerade geschah. Die nackten Zahlen: Kanaan mit 247 Führungsrunden, Hunter-Reay mit deren zwei. Und: Auch Josef Newgarden (Fisher-Honda) kam mit der Hunter-Reay-Strategie noch auf Platz zwei!
Das Renngeschehen war am Ende also komplett gekippt, was selbst Überraschungssieger Hunter-Reay staunend hinterließ: "Klar war das ein riesiges Pokerspiel", sagte der IndyCar-Champion des Jahres 2012. "Meine Reifen waren steinalt und auf neuen Reifen war das alles nicht zu glauben. Plötzlich hatte meine 28 richtig Feuer und ich kann gar nicht sagen, wie ich das genossen habe: Alle auf alten Reifen und ich auf neuen. Wahnsinn!"
Für Sarah-Fisher-Youngster Newgarden bedeutete Rang zwei die bislang beste IndyCar-Platzierung überhaupt. Wie Sieger Hunter-Reay war auch Newgarden im Rennverlauf nie auffällig geworden. Dann kamen die neuen Reifen ins Spiel: "Das war wohl die verrückteste Rennerfahrung meiner ganzen Karriere", staunte der 23-Jährige. Seine Schilderung: "Ryan erwischte einen guten Restart und ich auch. Und plötzlich waren wir am Ende zur Stelle. Genau dann als es gezählt hat."
Kanaan sprachlos, Montoya stinksauer

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Iowa wurde für Tony Kanaan zu einem ganz bitteren IndyCar-Abend Zoom
Natürlich heißt der große Iowa-Pechvogel Kanaan, der sich sichtlich schwer tat, das Finale aus seiner Sicht zu beschreiben: "Was sollen wir denn machen", schüttelte er den Kopf. "Wir können doch nicht P1 hergeben und an die Box gehen. Es ist superschade, denn wir haben dieses Rennen wirklich dominiert. Scheinbar will uns dieses Jahr einfach nichts gelingen. Aber wir geben nicht auf, wir werden weiter an die Türe klopfen und irgendwann wird es mit dem ersten Sieg klappen."
Eigentlich hatte Kanaan seinen Ganassi-Teamkollegen Scott Dixon im Genick sitzen. Der Neuseeländer hielt sich 250 Runden lang zurück und drehte erst nach einem schnellen Boxenstopp während Gelbphase Nummer fünf so richtig auf. Zeitweise hatte er Kanaan sogar kassiert und lag in Front. Am Ende kam er auf Rang vier ins Ziel und kommentierte den Rennausgang mit einem gequälten Grinsen: "Was waren denn das für hinterhältige kleine Saftsäcke? Wo kamen die denn plötzlich her?" Ein durchaus begründetes kollektives Staunen im Ganassi-Team.
Auch der Grund für die sechste und letzte Gelbphase, die das ganze Reifendrama samt Strategiespiele auslöste, hatte es in sich: Juan Pablo Montoya (Penske-Chevrolet; 16.) wurde von Ed Carpenter (Carpenter-Chevrolet; 5.) geblockt und landete daraufhin in der Streckenbegrenzung. Die Folge dürfte klar sein: Ein stinksaurer Kolumbianer. "Er fuhr den ganzen Tag auf der oberen Linie und plötzlich zieht er runter", lautete der Montoya-Kommentar. Carpenter nahm die Schuld auf sich: "Das tut mir leid. Ich dachte nicht, dass er so nahe ist. Mein Spotter hat mich noch gewarnt, aber da war es schon zu spät. Jetzt möchte ich gerne mit ihm sprechen und hoffe, dass er mir nicht in den Hintern tritt."
Es war der erste Montoya-Ausfall der ganzen Saison 2014 und das passende Abbild für ein harziges Iowa-Wochenende: Nach Handlingsproblemen ein Beinahe-Abflug in der Qualifikation und im ersten Renndrittel dann der Verlust eines Seitenteils des Heckflügels samt Heckflügelwechsel. Als Folge dessen wiederum ein Rundenrückstand, den sein Team über eine gute Boxenstrategie wieder wettmachen konnte. Zum Zeitpunkt seines Abfluges befand sich der Penske-Pilot - trotz aller Widrigkeiten - tatsächlich im Kampf um Platz sechs. Nun ist vermutlich erst einmal der klassische dicke Montoya-Hals angesagt.
Zahllose Rad-an-Radduelle
Denn auch seine beiden Teamkollegen Helio Castroneves und Will Power erwischte es am Ende heftig. Das Penske-Duo lag neun Runden vor Schluss beim letzten Restart hinter Kanaan und Dixon auf den Positionen drei und vier. Auf ihren alten Reifen waren sie jedoch Frischfutter für die Frischbereiften und wurden bis auf die Positionen acht (Castroneves) und 14 (Power) durchgereicht. Dabei war es "Spiderman" Castroneves, der Kanaan in der Anfangsphase des Rennens unter Druck setzen konnte. Auch Power bewarb sich mit schnellen Boxenstopps immer wieder zumindest für eine Podiumsplatzierung.

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Der Start in Iowa: Tony Kanaan und Scott Dixon in Reihe eins Zoom
Generell gesprochen, zeigte sich das Renngeschehen auf dem "Bullring" von Iowa auch im nunmehr achten Jahr ganz Short-Track-typisch. Soll heißen: Mit jeder Menge an engen Zweikämpfen quer durch das gesamte IndyCar-Feld. Das immer währende Duell lautete: Kürzere Innenbahn gegen die längere Außenbahn, die jedoch aufgrund des progressiven Bankings minimale Speedvorteile bot. Das Resultat waren spektakuläre und teilweise haarige Side-by-Sidefights um die Positionen.
Eine weiterer großer Pechvogel war einmal mehr Sebastian Saavedra (17.). Wie bei seiner Pole-Position von Indianapolis ließ der Kolumbianer sein Können auch in Iowa aufblitzen, als er sich in der ersten Rennhälfte von Startplatz 17 aus auf Rang drei (!) nach vorne arbeitete. Dann kam jedoch das klassische Saavedra-Problem: Nach einem Mauerstreifer verlor er sieben Runden und alle Chancen. KV-Teamkollege Sebastien Bourdais (19.) musste seinen Chevy mit Elektrikproblemen früh abstellen.
Castroneves neuer Leader
Auch das Dauerpech von Takuma Sato (22.) ging weiter: Nach einem selbstverschuldeten Quersteher und Ausrutscher von Michail Aljoschin (Schmidt-Honda; 21.) wurde sein Foyt-Honda nach einem Restart in Runde 48 unschuldig mit ins Verderben gerissen. Ähnliches gilt für Marco Andretti (Andretti-Honda; 18.), der nach Texas einen weiteren Motorschaden erlitt. Teamkollege und Iowa-Vorjahressieger James Hinchcliffe landete hingegen auf einem guten sechsten Platz.

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Es kracht: Fahrfehler von Michail Aljoschin (7), Takuma Sato als Opfer Zoom
Dahinter klassierte sich - ebenfalls auf der Hunter-Reay-Strategie - Graham Rahal (Rahal-Honda) als Siebter. Weil auch Ryan Briscoe (9.) und Charlie Kimball (10.) in die Top 10 fuhren, brachte das Ganassi-Team alle vier Autos in die Top 10. Was Teambesitzer Chip Ganassi aber nicht trösten wird, denn dazu glitt ihm der mehr als verdiente Kanaan-Sieg von Iowa zu bitter und wohl auch viel zu überraschend doch noch durch die Finger. Denn eines ist klar: Hunter-Reay hatte im so verrückten Iowa-Finale ganz sicher niemand auf der Rechnung.
In der Gesamtwertung liegt nun Castroneves mit neun Punkten vor Power. Neuer Dritter ist wieder Hunter-Reay. Bereits am kommenden Wochenende geht es bei den IndyCars wahrscheinlich ähnlich spektakulär weiter. Dann gibt es im kanadischen Toronto ein Doppel-Wochenende auf dem dortigen Stadtkurs, der für seine turbulenten Rennen berühmt und berüchtigt ist.

