• 05.04.2009 23:00

  • von Pete Fink

St. Pete: Briscoe gewinnt turbulenten Saisonauftakt!

Ryan Briscoe gewann in St. Petersburg vor Ryan Hunter-Reay und Justin Wilson - Danica Patrick und Scott Dixon nach Unfällen ausgeschieden

(Motorsport-Total.com) - So kann es gerne weitergehen! Ryan Briscoe (Penske) gewann in St. Petersburg einen äußerst unterhaltsamen IndyCar-Saisonauftakt 2009, der trotz eines vermeintlich engen Stadtkurses viele Überholmanöver und Feindkontakte bot. Insgesamt kamen nur elf der 22 gestarteten Piloten ins Ziel, unter anderem erwischte es dabei mit Champion Scott Dixon (Ganassi) und Danica Patrick (Andretti-Green) zwei Topstars der IndyCar-Szene.

Titel-Bild zur News: Ryan Briscoe Ryan Hunter-Reay

Ryan Briscoe hielt im Finale auch den Attacken von Ryan Hunter-Reay stand

Briscoe wiederum wurde durch die Steueranschuldigungen rund um Helio Castroneves über den Winter zur Nummer eins im Team von Roger Penske. Zum Saisonauftakt in St. Petersburg unterstrich der Australier eindrucksvoll, dass er 2009 als ernsthafter Titelkandidat gelten will und muss.#w1#


Fotos: IndyCars in St. Petersburg


Denn während Top-Favorit Dixon (16.) patzte, und nach einer Kollision samt Abflug nicht die Zielflagge sah, setzte sich Briscoe gleich zweimal mit beherzten Restarts gegen Justin Wilson (Dale Coyne; 3.) durch. Der entscheidende Angriff des rot-weißen Penske-Dallara geschah 13 Runden vor dem Ende, als Briscoe den zu diesem Zeitpunkt führenden Wilson vor Turn 1 ausbremsen konnte.

Der lange Brite war danach offenbar so irritiert, dass er wenige Kurven später einen Fahrfehler beging, weshalb auch Ryan Hunter-Reay (Vision; 2.) durchschlüpfen konnte. Briscoe zeigte danach bei zwei weiteren Restarts gute Nerven und überstand die Angriffe Hunter-Reays.

Vierter wurde IndyCar-Rückkehrer Dario Franchitti, dessen in Florida grün lackierter Ganassi-Dallara über weite Strecken in ein herzhaftes Gefecht mit seinem alten Kumpel und ehemaligen Teamkollegen Tony Kanaan (Andretti-Green; 5.) verwickelt war.

Crash gleich in Kurve eins

Graham Rahal Justin Wilson Tony Kanaan

Gleich kracht's: Graham Rahal führte das IndyCar-Feld in Runde eins Zoom

Mit knapp 30 Grad zeigte sich der Sunshine-State Florida am Rennsonntag in St. Petersburg von seiner allerbesten Seite, und auch die 22 IndyCar-Piloten legten sich von Anfang an mächtig ins Zeug: Unmittelbar nach dem rollenden Start schepperte es gleich in der ersten Kurve.

Polesetter Graham Rahal (Newman/Haas/Lanigan-Racing; 7.) kam schlecht weg und wurde von Justin Wilson sofort angegriffen. Dahinter übertrieb es Franchitti, der nach innen stieß. Rahal musste ausweichen und verlangsamte, prompt schubste Kanaan den Pole-Mann in einen Dreher. Wilson sagte "Danke schön", und setzte sich gefolgt von Franchitti und dem Penske-Duo Briscoe und Will Power in Front.

Im Kuddelmuddel dahinter erwischte es auch Mike Conway (Dreyer and Reinbold; 24.), dessen erstes IndyCar-Rennen nur wenige Meter dauern sollte: Ein Aufhängungsschaden zwang den Briten zur Aufgabe. Auch Kanaan und Rahal mussten zum Nasenwechsel an die Box, und hingen in der Folgezeit weit hinten im Feld fest. Vorne geschah zunächst nichts Besonderes, die Spitze belauerte sich. Das änderte sich erst in Runde 32, als gleich drei Kollisionen fast simultan abliefen.

Heftige Kollision zwischen Patrick und Matos

Nach dem Crash mit Danica Patrick: Nachdenkliche Miene bei Raphael Matos Zoom

Den Anfang machte Conquest-Pilot Alex Tagliani (10.), der sich am Foyt-Dallara von Vitor Meira (9.) einen Reifen aufschlitzte, und einen Ausflug in einen der Notausgänge unternehmen musste. Nur wenige Sekunden später gerieten Mario Moraes (KV; 21.) und Hideki Mutoh (AGR; 15.) aneinander, doch der große Aufreger sollte eine Runde später folgen.

Hinterbänkler Stanton Barrett (Team 3G; 12.) wurde von Danica Patrick (AGR; 19.) überrundet, was der Rennamazone ein wenig Schwung nahm. Direkt dahinter witterte Raphael Matos (Luczo Dragon; 20.) eine Überholchance, die wahrscheinlich nur der Brasilianer sah.

In einem schnellen Rechtsknick schob er seine Nase innen in den Andretti-Green-Dallara Patricks, die von diesem überflüssigen Manöver sichtlich überrascht war. Matos' Vorderreifen verhakten sich mit Patricks Hinterreifen, beide rutschen in der folgenden Linkskurve geradeaus, und schlugen seitlich hart in die Reifenstapel ein. Beide Autos wurden dabei komplett zerstört, passiert ist jedoch nichts.

Briscoe überrumpelt Wilson beim Restart

Justin Wilson Dale Coyne

Justin Wilson bot in St. Petersburg eine ausgezeichnete Vorstellung Zoom

Die folgende Gelbphase hatte auch für das Renngeschehen an der Spitze große Auswirkungen: 33 Runden sind bei 100 Runden Renndistanz natürlich ein perfektes Zeitfenster für eine Zwei-Stopp-Strategie, die unter anderem Briscoe, Dan Wheldon (Panther; 14.) und Hunter-Reay nutzten. Sekunden später kam dann das Full-Course-Yellow, und als die Rennspitze um Wilson an die Box zum Tanken ging, blieben diese drei Piloten, sowie Ernesto Viso (HVM; 17.) und Robert Doornbos (Newman/Haas; 11.) auf der Strecke.

Penske-Neuzugang Will Power (6.) ging an die Box zum Tanken - und verpasste prompt seinen Boxenstall. Das hatte jedoch nicht nur Konsequenzen für den Australier, sondern auch für Scott Dixon, dessen Boxenmannschaft wenige Meter weiter auf den Neuseeländer wartete. Nur blockierte Power auch den Ganassi-Boxenplatz, was beide Piloten weit zurückwarf.

Während Briscoe als neuer Führender beim folgenden Restart freie Bahn hatte und vorne wegfuhr, mussten sich Wilson und Franchitti - jetzt auf P6 und P7 - durch den Verkehr wühlen. Das gelang dem Dale-Coyne-Piloten wesentlich besser als dem Schotten: Wilson kassierte Doornbos und Hunter-Reay, blieb dann aber an Viso hängen, während der jetzt zweitplatzierte Wheldon zur Rennhalbzeit diese sechsköpfige Verfolgergruppe hinter sich herzog.

Wilson überholt Briscoe an der Box

Ryan Hunter-Reay Ryan Briscoe

Ryan Hunter-Reay saß Spitzenreiter Ryan Briscoe am Ende in dessen Heck Zoom

Wieder entpuppte sich die Reihenfolge als fest zementiert, bis nach zwei Renndritteln die zweite Runde der Boxenstopps anstand. Viso tankte sehr früh und fiel später weit zurück, in Runde 68 folgten Briscoe und Wheldon. Das wiederum eröffnete Wilson nun für einige Umläufe freie Bahn. Drei superschnelle Runden reichten dem Briten, um bei seiner Boxenausfahrt haarscharf vor Briscoe und Wheldon als neuer Führender auf die Strecke zurückzukehren.

Ab diesem Zeitpunkt spielten die zahlreichen Restarts eine entscheidende Rolle für die endgültigen Platzierungen. Nach einem Ausrutscher von Ed Carpenter (Vision; 18.) griff Ryan Hunter-Reay den vor ihm fahrenden Wheldon erfolgreich an, auch Tony Kanaan und Dario Franchitti zogen mit. Zwei Runden später bremste Franchitti dann Kanaan ebenfalls am Ende der Start-/Zielgeraden aus.

Kurz danach erwischte es Scott Dixon an der gleichen Stelle wie Carpenter, weil sich der im Mittelfeld fahrende amtierende IndyCar-Champion mit Hideki Mutoh ins Gehege kam. Zwei Kurven später quittierte Dixons Aufhängung ihren Dienst, und die Reifenstapel von Turn 3 erhielten erneut Besuch.

Briscoe bei den Restarts unschlagbar

Ryan Briscoe

Zielflagge: Ryan Briscoe gewann das IndyCar-Rennen von St. Petersburg Zoom

Beim folgenden Restart in Runde 87 geschah dann das letztlich entscheidende Manöver: Briscoe schnupfte Wilson in Turn 1, zwei Kurven später kam dessen Dale-Coyne-Dallara quer, und auch Hunter-Reay quetschte sich an Wilson vorbei. Damit waren die Positionen der ersten Fünf bezogen: Briscoe, Hunter-Reay, Wilson, Franchitti und Kanaan.

Doch St. Petersburg hatte noch einen allerletzten Aufreger zu bieten, denn auch Robert Doornbos zeigte sich bei seinem ansonsten farblosen IndyCar-Debüt einmal, als er Wheldon für Platz sechs angriff. Beide Boliden verhakten sich, Wheldon kam komplett quer und landete breitseits auf dem Vorderbau von Hideki Mutoh.

Auch Will Power bekam dabei einen Streifschuss ab, rettete Platz sechs jedoch vor Polesetter Graham Rahal, Darren Manning (Dreyer and Reinbold), Vitor Meira (Foyt) und Alex Tagliani (Conquest). Das Fazit: St. Petersburg bot zum Auftakt 2009 ein turbulentes Straßenrennen feinster Güteklasse, was Appetit für den zweiten IndyCar-Auftritt in zwei Wochen machte. Dann geht es auf den Straßen von Long Beach zur Sache.