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Warum ist ein GP2-Fahrer für die Formel 1 bereit?
Didier Perrin, der Technische Direktor der GP2-Serie, im Interview über das aktuelle Auto und die Frage, warum ein GP2-Fahrer bereit für die Formel 1 ist
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Zwei Wochenenden in der Saison 2007 sind absolviert und wir haben bereits vier großartige Rennen gesehen. Wie zufrieden sind sie mit dem aerodynamischen Paket und den Updates für das GP2-Auto?"
Didier Perrin: "Ich bin mehr als zufrieden, denn unsere Ziele mit dem neuen Kit waren zum einen unsere Performance zu verbessern, damit wir den Abstand zur Formel 1 in etwa halten. Das war ein Erfolg, denn unser Pole-Mann in Barcelona hatte weniger als sechs Sekunden Rückstand zur Mitte des Formel-1-Feldes."

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Didier Perrin ist mit dem aktuellen GP2-Auto sehr zufrieden
"Zum Zweiten wollten wir die Teams dazu zwingen, Setup-Änderungen gegenüber der Saison 2006 vornehmen zu müssen. Denn wir wollten, dass zu Saisonbeginn alle die gleichen Vorraussetzungen haben. Nun haben wir vier verschiedene Sieger aus vier verschiedenen Teams in unseren vier ersten Rennen, daher ist klar, dass wir auch unser zweites Ziel erreicht haben."#w1#
Frage: "Sowohl Bahrain, als auch Barcelona waren sehr heiße Rennen gleich zu Saisonbeginn. Wie zufrieden sind sie mit dem Level der Zuverlässigkeit?"
Perrin: "Als Technischer Direktor der GP2-Serie bin ich wahrscheinlich die am schwierigsten zu befriedigende Person was das Thema Zuverlässigkeit anbelangt. Ich bin nur glücklich, wenn überhaupt kein Zuverlässigkeitsproblem ein Rennen beeinflusst, was zum Beispiel im zweiten Barcelona-Rennen der Fall war, obwohl nur 15 Autos die Ziellinie gesehen haben."
"Heiße Temperaturen machen die Aufgabe sowohl für die Teams, als auch für die Fahrer schwerer, weil die Fehlerrate, die das Auto toleriert, nach unten gesetzt wird. 2006 erlitten nur 2,4 Prozent aller gestarteten Autos einen Motorschaden. Man könnte also sagen, dass die GP2-Serie ein ordentliches Level an Zuverlässigkeit erreicht hat. Aber diese Sichtweise mag ich nicht, und zusammen mit unseren Partnern versuchen wir andauernd die Zuverlässigkeit zu verbessern, und das werden wir auch 2007 unternehmen."
Frage: "Wir haben 2007 eine ungewöhnlich hohe Zahl an missglückten Starts gesehen, sowohl in Bahrain, als auch in Barcelona. Können sie die Gründe für Startprobleme erklären?"
Perrin: "Zum ersten muss man die Tatsache bedenken, dass die GP2-Autos im Unterschied zur Formel 1 nicht mit dutzenden elektronischen Hilfsmitteln ausgestattet ist, die dem Fahrer beim Start oder auch während des Rennens helfen. Das macht speziell beim Startprozedere einen großen Unterschied."
Ein kompliziertes Startprozedere

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Ein GP2-Start ist immer eine aufregende Angelegenheit Zoom
"Versuchen wir einmal zu analysieren, an was ein GP2-Fahrer in einer der ersten Reihen in den Sekunden vor dem Start alles denken muss. Es ist gar nicht so leicht, eine Formationsrunde mit einem vernünftigen Abstand zu den Vorderleuten zu absolvieren. Es wird beschleunigt, gebremst, jeder versucht seine Reifen und seine Bremsen aufzuheizen, während dir dein Renningenieur mit seinem ewigen 'Achte auf deine Temperaturen' auf die Nerven geht."
"Wenn du in Sichtweite der Startaufstellung bist, dann musst du einen Platz finden, wo du einen echten Burn-Out für deine Hinterreifen machen kannst, ohne zuviel Zeit auf dem Gaspedal zu verschwenden. Du musst dich auf der sauberen Seite der Strecke aufhalten und ganz exakt in der Mitte deiner Startbox zum Stillstand kommen, damit du den Erfordernissen des FIA-Fehlstartsystems entsprichst."
"Dann stehst du auf deinem Startplatz. Du checkst dreimal, ob du im ersten Gang bist und du überlegst dir, ob du das Auto vor dir besser links oder rechts herum überholst. Du versuchst dich zu konzentrieren, aber deine Augen sehen gleichzeitig auf der Anzeige, wie schnell die Wassertemperatur ansteigt."
"Du versuchst vorsichtig, den Griffpunkt der Kupplung zu finden, aber du musst sehr vorsichtig sein, denn die Kupplung sehr heiß und stickig, und du darfst dein Auto nicht abwürgen. Du stehst viel zu lange, du fragst dich: 'Was ist los?'"
"Jetzt würdest du gerne ein paar Informationen deines Ingenieurs haben, doch dieses Mal sagt er nichts, denn alles was er tun kann, ist genau wie du auf die anderen 25 Fahrer warten, bis die ihre Startposition eingenommen haben. Deine Wassertemperatur hat inzwischen 112 Grad und deine Anzeige blinkt."
"Die roten Lichter gehen an und das Rennen wird in ein paar Sekunden starten. Dein Adrenalinpegel steigt, du bist startbereit. Plötzlich überall Gelbe Flaggen und blinkende Lichter. Startabbruch, du musst in eine weitere Einführungsrunde."
"Das Auto vor dir bewegt sich nicht, du willst ihn links herum überholen. Aber ein anderer Fahrer hat die gleiche Idee, du bremst, um eine Kollision zu vermeiden und uups, du drückst die Kupplung zu spät und würgst deinen Motor ab."
"Die Zuschauer geniessen den GP2-Start mit rauchenden Hinterreifen, driftenden Autos und jeder Menge Aufregung. Es gibt große Unterschiede in der Geschwindigkeit, mit denen die Fahrer auf die erste Kurve zu steuern, weil die Effizienz des Starts nicht mit elektronischen Hilfsmitteln, sondern durch die Fahrkunst des Piloten entschieden wird. Der Preis, den wir alle dafür bezahlen, ist das Risiko eines Startabbruches."
"Ich bin der Meinung, dass die GP2-Serie eine sehr schwere Meisterschaft ist. Fragen sie Lewis Hamilton oder Nico Rosberg, welches Auto leichter zu fahren ist, GP2 oder Formel 1? Das ist der echte Grund, warum ein Fahrer, der in der GP2 gut unterwegs ist, für die Formel 1 bereit ist."

