Das große Meisterinterview mit Jens Klingmann
'Motorsport-Total.com'-Kolumnist Jens Klingmann steht jetzt in einer Reihe mit Nico Rosberg und Sebastian Vettel - hier das exklusive Titel-Interview
(Motorsport-Total.com) - Jens Klingmann darf sich seit dem vergangenen Wochenende als der letzte Titelträger der Formel BMW Deutschland bezeichnen, denn ab der kommenden Saison wird die Nachwuchsserie unter der Bezeichnung Formel BMW Europe an den Start gehen.

© xpb.cc
Jens Klingmann jubelt: Er ist der neue Meister der Formel BMW Deutschland
In einem ausführlichen Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erzählt der 17-Jährige Leimener über die Geschehnisse vom Hockenheim-Wochenende, wo er sich den Meisterschaftstitel sichern konnte, und er verrät auch einige Geheimnisse, welche hinter der Person Jens Klingmann stecken.#w1#
Frage: "Jens, erst einmal einen ganz Herzlichen Glückwunsch! Jetzt befindest du dich in einer sehr prominenten Reihe. Nico Rosberg, Sebastian Vettel, Nico Hülkenberg und jetzt Jens Klingmann - wie klingt das denn für dich?"
Jens Klingmann: "Fantastisch! Die ganzen Namen kennt man ja und sie sind ja auch alle weiter gekommen. Sich in diese Liste einzureihen ist natürlich phänomenal und sensationell. Die Formel BMW Deutschland ist zwar eine Nachwuchsserie, dafür aber die beste der Welt, und daher bin ich einfach überglücklich."
Müde auf der Abschlussgala

© xpb.cc
So ein Rennwochenende im Formel BMW kann manchmal sehr anstrengend sein Zoom
Frage: "Erzähle uns doch über die Partys. Was ging am Wochenende nach dem Titelgewinn alles ab?"
Klingmann: "Leider war das letzte Rennen sehr spät, ich hätte es lieber gehabt, wenn wir vor der DTM gefahren wären, denn so macht man sich den ganzen Tag über Gedanken um das Rennen. Wenn es morgens gewesen wäre, hätte ich noch viel mehr Zeit gehabt, um zu feiern."
"Bis wir uns dann alle wieder eingekriegt haben, hat es eine ganze Weile gedauert. Wir haben im Teamzelt mit allen möglichen Sektflaschen herumgespritzt, viele Fotos mit Bekannten, Verwandten - meine Freundin war auch da. Es war eine Riesenstimmung und es hat doch etwas länger gedauert, bis wir alle einigermaßen runterkamen."
"Eigentlich erst kurz vor der Siegerehrung im BMW Zelt, und danach musste ich noch schnell mein ganzes Zeug zusammenpacken, denn wir hatten Karten für die DTM-Gala am Abend. Leider hatte ich meinen Anzug nicht dabei, der lag noch zuhause, denn so voreilig wollte ich dann auch nicht sein."
"Wir kamen aber erst um 20:00 Uhr von der Rennstrecke los und der Einlass zur Gala war schon um 19:30 Uhr. Also erstmal nach Hause, kurz unter die Dusche und wir kamen dann endlich um 21:30 Uhr bei der DTM-Gala an, als gerade die Vorspeise abgeräumt wurde."
Frage: "Ganz ehrlich, wie spät ist es dann geworden?"
Klingmann: "Nicht ganz so spät, ich glaube es war zwei Uhr. Das Rennwochenende war schon recht hart - der ganze Druck, die ganze Anspannung. Das nimmt einen dann schon ein bisschen mit, es war ja kein normales Rennwochenende. Dazu waren meine Sponsoren und sehr viele Freunde da und um die musste ich mich ja auch ein bisschen kümmern. Deshalb war ich am Sonntagabend dann auch etwas K.O."
Ein sehr prominenter Vorgänger in Leimen

© xpb.cc
Was haben Jens Klingmann und Boris Becker gemeinsam? Die Becker-Faust? Zoom
Frage: "Und am Montag morgen warst du dann gleich wieder in der Schule?"
Klingmann: "Nein (lacht; Anm. d. Red.). Ausnahmsweise einmal nicht. Eigentlich wollte ich in der fünften und sechsten Stunde in Mathe gehen, aber das fiel dann Gott sei Dank aus."
Frage: "Du bist ja auch etwas erkältet, du hattest von daher ja auch eine gute Entschuldigung..."
Klingmann: "Ja, aber eher unabsichtlich. Ich hatte Mitte der vergangenen Woche schon ein wenig gekränkelt und war da schon einen Tag nicht in der Schule. Ich dachte mir nur: 'Oh Gott, bitte nicht ausgerechnet jetzt, das ist der ungünstigste Zeitpunkt, den man haben kann'. Aber ich habe mich einen Tag einfach nur ins Bett gelegt und jetzt geht es wieder."
Frage: "Wie waren die Reaktionen deiner Klassenkameraden?"
Klingmann: "Viele haben es im Fernsehen gesehen, in der Zeitung stand auch einiges. Viele - auch ein paar Lehrer - haben mir gratuliert, aber ein großer Ansturm, so nach dem Motto, jetzt kennt mich jeder, der kam eigentlich nicht. Es waren aber mehr als sonst, weil es ja der Titelgewinn war."
"Was aber ganz interessant war, ich habe von der Stadt Leimen gestern einen Brief bekommen, wo sie geschrieben haben, dass ich nun das neue sportliche Aushängeschild der Stadt Leimen wäre."
Frage: "Das ist natürlich eine tolle Sache, denn da gibt es ja einen ganz prominenten Vorgänger, oder?"
Klingmann: "Genau, da gibt einen ganz prominenten Vorgänger, der immer auf so einen kleinen gelben Ball eingedroschen hat."
Frage: "Was für ein Zufall, denn derjenige war ja auch 17 Jahre alt, als er damals in Wimbledon 1985 seinen ersten großen Titel geholt hat..."
Klingmann: "Genau, und daher hat mich das schon sehr gefreut. Von der Stadt Leimen war auch jemand in Hockenheim und hat mich auch in der Box besucht und das ist dann schon eine Ehre, von der Stadt als sportliches Aushängeschild bezeichnet zu werden. Übrigens wurde ich 2002 in Leimen nach dem Gewinn der Bundesmeisterschaft bei den Junioren zum ?Sportler des Jahres' gekürt. Da war ich erst 12."
Frage: "Aber Ehrenbürger bist du noch nicht geworden?"
Klingmann: "Nein, nein (lacht; Anm. d. Red.).
Das Abitur wäre schon wichtig

© Jens Klingmann
Hoffentlich hat er noch genügend Zeit für sein Abitur - Jens Klingmann Zoom
Frage: "Wie lange dauert denn deine Schulkarriere noch?"
Klingmann: "Ich bin jetzt in der zwölften Klasse, also müsste ich dieses Jahr noch komplett machen und dann das halbe nächste Jahr, dann hätte ich das Abitur. Das habe ich auch vor durchzuziehen, denn man weiß ja nie, was so alles noch kommt.
Frage: "Was hat denn der aktuelle Formel BMW Champion für Leistungskurse?"
Klingmann: "Naja, Mathe und Deutsch muss man ja nehmen. Als Fremdsprache habe ich natürlich Englisch, als Naturwissenschaft Bio und zusätzlich noch Gemeinschaftskunde. Und jetzt wird sich jeder wundern, warum ich keinen Sport belegt habe..."
"Sport habe ich deswegen nicht genommen, weil ich erstens die ganze Woche über genug Sport mache. Und zweitens gibt es da einen speziellen Kurs, der nennt sich Seminarkurs und wenn man diesen Kurs macht, dann muss man nicht ins mündliche Abitur. Das kann man aber nur dann nehmen, wenn man keinen Sport als vierstündiges Fach hat und ich möchte mir so wenig Arbeit, wie möglich machen."
Frage: "Aber abgesehen vom Schulsport treibst du ja viel Sport. Was machst du alles?"
Klingmann: "Erst einmal viel Ausdauer, das wird für die Formel 3 noch wichtiger, denn da sind die Rennen ja wesentlich länger, als in der Formel BMW. Dazu noch Krafttraining in einem Physio-Studio im Nachbarort. Die haben alle Geräte, die ich brauche und da werde ich speziell im Bereich der Halsmuskulatur noch einiges draufpacken."
"Was mir noch viel Spaß macht ist das Golf spielen, Skifahren gehe ich auch gerne, aber da werde ich mich diesen Winter etwas zurückhalten. Mit meiner Freundin spiele ich oft Tennis, aber da habe ich keine Chance, sie macht mich immer platt, was aber andererseits auch ein gewisser Ansporn ist."
Frage: "Wenn es nun immer professioneller wird, dann ist ein großes Thema natürlich auch die Ernährung. Wie sieht es da aus? Bist du schon voll in dieser Sportlerernährung drin, oder bist du auch ab und zu am Sündigen?"
Klingmann: "Natürlich sündige ich ab und zu. Aber ansonsten achtet meine Mutter sehr auf die Ernährung. Sie kauft nur gesunde Sachen, viel Gemüse und sie kocht auch immer frisch. Dafür bin ich ihr sehr dankbar."
Frage: "Und ich habe gehört, dass du ein großer Musik-Fan bist. Was hörst du denn so?"
Klingmann: "Oh ja, ich höre eigentlich den ganzen Tag Musik. Was höre ich denn? Gute Frage? Gerade eben habe ich mir wieder etwas geholt, natürlich ganz legal. Aber ich höre eigentlich alles querbeet, meistens alles, was so gerade in den Charts ist."
Gegen Bruno Spengler auf der Playstation

© xpb.cc
Neber der Strecke zockt Jens Klingmann gerne auf der Playstation Zoom
Frage: "Aber dein ganz großes Hobby ist über das Internet gegen Bruno Spengler auf der Playstation zu fahren, oder?"
Klingmann: "Ja klar. Wir haben heute Abend noch einen wichtigen Termin deswegen (lacht; Anm. d. Red.)."
Frage: "Und wer gewinnt da immer?"
Klingmann: "Wir sind eigentlich ziemlich gleich gut. Am Anfang war er besser, weil er die Playstation gleich gekauft hat, als sie raus kam. Aber inzwischen habe ich stark aufgeholt. Ich hab mir auch das Lenkrad gekauft, das er mir empfohlen hat."
Frage: "Und welcher von den Formel-1-Piloten auf der Playstation bist du für gewöhnlich?"
Klingmann: "Das wird mir meistens zugeordnet, aber ich bin meistens Kimi Räikkönen. Aber das ist noch nicht das neue Format, das ist noch die Ausgabe aus dem letzten Jahr und da fuhr er ja noch bei Mercedes."
Frage: "Und der Bruno? Wer ist er immer?"
Klingmann: "Er ist meistens Alonso, aber noch auf Renault."
Frage: "Welche andere Piloten spielen noch bei euch mit?"
Klingmann: "Meistens spielen noch ein paar Freunde von Bruno aus Kanada mit. Der Gary Paffett war mal dabei, Jamie Green, wer halt grade so Zeit hat."
Frage: "Hast du Kontakt zu deinen Vorgängern? Nico Hülkenberg oder Christian Vietoris?"
Klingmann: "Nico Hülkenberg seh ich ab und zu am Wochenende und wir reden dann schon miteinander. Zu Christian Vietoris habe ich noch engen Kontakt, weil wir uns über die 'Speed Academy' noch öfters sehen, und wir telefonieren auch oft miteinander. Er fährt ja gerade A1GP und da sprechen wir schon miteinander, wie es gerade so läuft."
Der Formel-1-Test wäre schon etwas

© Klingmann
Vielleicht ist es in Sachen Formel-1-Test ganz gut, wenn man den Chef kennt Zoom
Frage: "Wie steht es den generell mit dem Thema Konkurrenzkampf? Gibt es bei euch auch schon solche Affinitäten wie etwa Alonso versus Hamilton, oder läuft das alles noch auf einer eher kollegialen Ebene ab?"
Klingmann: "Teils teils muss man sagen. Ich habe da nach meiner Strafe in Barcelona schlechte Erfahrungen gemacht. Da hat man sich dann schon nicht mehr angeschaut und auch nicht mehr gegrüßt. Aber da lag natürlich auch eine Spannung in der Luft, weil es ja in Richtung Saisonfinale ging. Aber auf dem Podium war dann alles wieder okay."
"Bei uns im Team mit Daniel Campos-Hull war da gar nichts in der Art. Wir waren nie die besten Freunde, aber als Teamkollegen haben und hatten wir eigentlich immer ein gutes Verhältnis. Wir haben uns gegenseitig respektiert. Es war einfach eine Super-Atmosphäre zum Arbeiten."
Frage: "Nächstes Jahr gibt es nun die Formel BMW Europa, wo die ganzen britischen Piloten dazu kommen werden. Wie siehst du denn das Level, wer ist denn in einer Favoritenrolle zu sehen?"
Klingmann: "Also ich glaube, dass die richtig guten Piloten überwiegend in der Formel BMW Deutschland gefahren sind. Das hat man auch immer beim Weltfinale gesehen, da waren die Deutschen immer vorne. Aber ein Josef Kral etwa konnte bei seinem Gastspiel in Hockenheim auch vorne mitspielen."
"Wer sich im Saisonverlauf ungemein verbessert hat, war Adrien Tambay. Am Anfang war von ihm nicht so viel zu sehen, aber seit dem Nürburgring hat es bei ihm einen Schalter umgelegt und er war immer vorne mit dabei. Wenn der Adrien nächstes Jahr Formel BMW fährt, dann ist er ein ganz heißer Tipp."
Frage: "Was kannst du uns über deine Zukunft nächstes Jahr berichten?"
Klingmann: "Es laufen viele Gespräche mit Teams und Sponsoren, aber zur Zeit ist noch nichts fix. Ich hoffe mal, dass sich in den nächsten zwei Wochen viel entscheiden wird, aber wenn alles klappt, dann geht der Weg stark in Richtung Formel-3-Euroserie."
Frage: "Aber zunächst einmal steht das Formel BMW Weltfinale in Valencia an. Da wirst du Ende November noch einmal in dein altes Auto steigen, oder?"
Klingmann: "Ja, da werde ich auch dabei sein, denn den Formel-1-Test will ich mir nicht entgehen lassen."

